Mit seinen unerfüllbaren Bedingungen trifft er drei Fliegen auf einen Streich
Wie Trump Europa in die Falle lockt und spaltet

Die Bedingungen, die Trump den Nato-Staaten für Russland-Sanktionen stellt, sind nicht erfüllbar. Dennoch hält er an ihnen fest. Denn er hat damit bestimmte Absichten.
Publiziert: 12:57 Uhr
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Aktualisiert: 13:06 Uhr
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Die Flaggen vor dem EU-Parlament in Strassburg: Trump treibt einen Keil zwischen die europäischen Länder.
Foto: Keystone

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Guido FelderAusland-Redaktor

Russland verschärft gerade die Kriegsrhetorik massiv. Sowohl Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew (60) wie auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (57) drohen der Nato, nachdem Russland letzte Woche unter anderem den polnischen Luftraum mit Drohnen verletzt hatte. «Die Nato befindet sich de facto im Krieg mit Russland», behauptete Peskow. Und gerade in dieser Situation, in der die Nato unter grossem Druck steht, stellt US-Präsident Donald Trump (79) den Zusammenhalt des westlichen Militärbündnisses erneut infrage. 

Trump zeigt sich dabei einmal mehr als gerissener Taktiker. Zwar will er Druck auf Wladimir Putin (72) ausüben, damit der in der Ukraine endlich die Waffen zum Schweigen bringt. Aber er stellt Bedingungen: Damit er gegen den Kreml endlich schärfere Sanktionen ergreift, fordert er von den Nato-Staaten, dass sie kein russisches Öl mehr beziehen und China mit hohen Strafzöllen belegen. Trump weiss genau, dass es den Nato-Staaten unmöglich ist, diese Forderungen geschlossen umzusetzen. Warum stellt er sie denn überhaupt auf? Weil es ihm in Wirklichkeit um etwas ganz anderes geht als um Sanktionen gegen Putin.

Trump hatte diese Bedingungen für Sanktionen am Samstagmittag auf seiner Nachrichtenplattform Truth Social in einem Brief «an alle Nato-Staaten der Welt» öffentlich gemacht. Im Raum stehen hohe Strafzölle gegen Moskaus Handelspartner.

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Mit den unerfüllbaren Bedingungen an die Nato-Staaten verfolgt Donald Trump drei Ziele.
Foto: AFP

Nato-Staaten kaufen russisches Öl

Der amerikanische Präsident droht Russland mit Sanktionen, weil seine Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg nicht gefruchtet haben. Weder am ersten Tag seiner Amtszeit, wie er im Wahlkampf versprochen hatte, noch acht Monate danach konnte er den Krieg beenden. Trump brauchte lange, bis er merkte, dass Putin gar keinen Frieden will, sondern die Verhandlungen als Verzögerungstaktik und Zeichen des guten Willens einsetzt.

Trumps Bedingungen sind allerdings kaum umsetzbar. Noch immer sind Nato-Staaten von russischem Öl abhängig. Es sind Ungarn, die Slowakei sowie die Türkei, die so jährlich Milliarden in die russische Kriegsmaschinerie pumpen. Zwar hat die EU ein Importverbot für russische Rohstoffe erlassen, für die beiden Mitgliedsländer Ungarn und Slowakei gilt allerdings eine Ausnahme, da sie das Öl aus der Pipeline beziehen.

Mit einem Brief wendet sich Trump «an alle Nato-Staaten der Welt».

Trump weiss: Die drei Länder, die zum Kreml einen guten Draht haben, werden kaum auf russisches Öl verzichten wollen oder können.

Auch bei Zöllen gegen Peking wird es nie eine Einigung geben. Europa ist stark vom Handel mit China abhängig – noch mehr, seit Trump europäische Produkte mit Strafzöllen belegt hat. Ein Handelskrieg würde die europäische Industrie und den Export massiv treffen.

Trump hat drei verstörende Ziele

Was ist denn Trumps Ziel mit den kaum umsetzbaren Bedingungen? Es sind drei Fliegen, die er mit einem Streich schlagen will.

Sanktionen abwenden: Das Weisse Haus spricht schon lange von Sanktionen, die der russischen Wirtschaft «den totalen Zusammenbruch» bescheren sollen. Doch auch wenn er sich über Putins Sturheit ärgert, bewundert Trump den russischen Präsidenten. Schalten und walten, wie man grad will: Das möchte Trump auch. Bisher hat Trump schärfere US-Sanktionen gegen Russland immer hinausgeschoben. Jetzt kann er einen Grund vorschieben, warum er keine ergreifen wird.

Schuld abwälzen: Wenn seine Bedingungen nicht erfüllt werden, kann Trump die Schuld wegen missratener Friedensverhandlungen auf Europa abwälzen. Er wird sagen, dass er sich ja um Frieden bemüht, aber keine Unterstützung gefunden habe.

Europa und Nato spalten: Unter Trumps Präsidentschaft ist Europa zum Feind Amerikas geworden, auch der Nato steht er kritisch gegenüber. Er weiss, dass seine Bedingungen die EU- und Nato-Staaten noch weiter spalten werden. Ungarn und die Slowakei blockieren von jeher verschärfte Sanktionen gegen Russland. Deutschland und Frankreich wollen keinen Handelskrieg mit China. Das führt zu Streit unter den Verbündeten.

Trumps Taktik wird aufgehen, weil sich die Nato-Staaten nie gemeinsam zu einem Ölstopp aus Russland und zu China-Strafzöllen durchringen werden können. Das Vorgehen des US-Präsidenten zeigt klar: Nicht Russland ist sein grosser Feind, sondern China. Es zeigt auch, dass er für seine eigenen Prioritäten bereit ist, die Einheit der Nato aufs Spiel zu setzen. 

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