Darum gehts
- Friedensplan für Ukraine: Wirtschaftsinteressen im Fokus der Verhandlungen
- Trump und Putin planen umfangreiche Wirtschaftskooperation nach Kriegsende
- 300 Milliarden Dollar eingefrorene russische Gelder für Investitionsprojekte geplant
Treffen Staaten eine Abmachung, interessiert vor allem eines: Was ist hinter den Kulissen wirklich abgelaufen? Eine neue Recherche des «Wall Street Journal» (WSJ) offenbart, wo der 28-Punkte-Friedensplan für die Ukraine ursprünglich zustande kam und worum es Russland und den USA in monatelanger Arbeit tatsächlich gegangen sein soll.
Der Titel des Stücks: «Make money not war». Heisst: Beim Schmieden des Friedensplans ging es offenbar nicht nur um Geopolitik, sondern auch um knallharte Wirtschaftsinteressen. Die zentralen Erkenntnisse der Recherche in fünf Punkten:
Die US-Metropole Miami wurde Ende Oktober zum Schauplatz eines brisanten Treffens. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff (68) und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner (44) trafen sich mit Kreml-Unterhändler Kirill Dimitrijew. Kurz darauf wurde der umstrittene 28-Punkte-Plan entwickelt, der inzwischen abgeschwächt wurde. Neben dem Deal zur Beendigung des Ukraine-Kriegs wurden offenbar auch detaillierte Pläne für eine russisch-amerikanische Wirtschaftskooperation besprochen. Der Friedensplan sei demnach primär als Türöffner für Investitionen konzipiert gewesen, schreibt das Magazin.
Die Pläne bauen laut dem Bericht auf Vereinbarungen auf, die bereits bei einem Treffen zwischen Trump und Putin im August in Alaska besprochen wurden. Im Zentrum stehen Projekte in der Arktis und Milliarden-Investitionen.
Trumps Ziel soll es sein, neue Profitmöglichkeiten in Russland zu erschliessen und Russland nach und nach wieder in den Weltmarkt zu integrieren. Der Kern des Projekts:
- 300 Milliarden Dollar an eingefrorenen russischen Geldern können für US‑russische Investitionsprojekte genutzt werden
- Erschliessung arktischer Rohstoffvorkommen
- Potenziell könnte Nord Stream 2 wieder aufgenommen werden
- Die Wirtschaft der Ukraine sollte unter Führung der USA wieder aufgebaut werden
Ein weiterer Hinweis für eine ausgedehnte Wirtschaftskooperation: Laut dem «WSJ» haben europäische Geheimdienste zudem Kenntnis von Gesprächen zwischen US-Firmen und russischen Oligarchen aus Putins Umfeld. Es soll dabei um Gas- und Bergbauprojekte gehen. Der Öl-Konzern Exxon Mobil soll bereits direkt mit dem russischen Energieriesen Rosneft verhandelt haben.
Steve Witkoff äusserte gegenüber dem «WSJ», dass ein umfassender Handel mit Russland seiner Meinung nach automatisch zu Frieden führen würde. Genauere Angaben zu geplanten Projekten mit den Russen machte er nicht. Er äusserte jedoch die Hoffnung, dass Russland, die Ukraine und die USA künftig als Geschäftspartner zusammenarbeiten könnten: «Wenn wir das erreichen und alle davon profitieren, entsteht ganz automatisch ein Bollwerk gegen künftige Konflikte. Denn alle haben einen Nutzen davon.»
Das Magazin fragte bei europäischen Regierungschefs nach ihrer Meinung zu dieser Aussage. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagte: «Das ist nicht Frieden. Das ist Geschäft.»
Vertreter der EU wiesen den 28-Punkte-Plan in seiner Rohfassung zurück und betonten, dass ein Friedensabkommen nur mit Beteiligung der Ukraine und der europäischen Staaten ausgehandelt werden dürfe. In Genf wurde der ursprüngliche Entwurf deswegen nachverhandelt. Er soll neu 19 Punkte umfassen und die Interessen der Ukrainer stärker berücksichtigen.
So geht es weiter
Auf Anfrage des «WSJ» erklärte das Weisse Haus, die Trump-Administration habe «sowohl die Ukrainer als auch die Russen einbezogen, um einen Friedensplan zu entwickeln, der das Töten stoppt und den Krieg beendet». «Wie der Präsident betonte, hat sein nationales Sicherheitsteam in der vergangenen Woche grosse Fortschritte erzielt, und die Vereinbarung wird nach weiteren Gesprächen mit Beamten beider Seiten noch verfeinert», erklärte Kommunikationschefin Anna Kelly.
Wie es in den Verhandlungen nun weitergeht, bleibt offen. Während die Amerikaner am Sonntag mit Kiew verhandeln, reist der US-Sondergesandte Witkoff wohl Anfang kommender Woche nach Moskau.
Der Kreml hatte stets betont, erneute Verhandlungen auf den ursprünglich 28 Punkte umfassenden Friedensplan stützen zu wollen.