Darum gehts
- EU-Länder diskutieren Drohnenabwehr nach wiederholten russischen Luftraumverletzungen
- Dänemarks Regierungschefin warnt vor Zunahme hybrider Angriffe durch Russland
- Schweizer Experte erläutert Drohneneinsatz
Polen, Estland, Schweden und Dänemark. Immer wieder verletzten Drohnen und Kampfflugzeuge den Luftraum von EU-Ländern. Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen (47) warnte am Donnerstag vor einer Zunahme solcher Vorfälle. Ihr Land sei «Opfer hybrider Angriffe». Und weiter: «Es gibt hauptsächlich ein Land, das eine Bedrohung für die Sicherheit Europas darstellt, und das ist Russland.»
Die Lage ist ernst. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) hatte Mitte des Monats schon einen europäischen «Drohnenwall» gefordert. Und mitten im Drohnen-Chaos hielt sich das russische Landungsschiff Aleksandr Shabalin in den vergangenen Tagen in der Nähe dänischer Gewässer versteckt. Das Schiff ist Teil der russischen Baltischen Flotte mit Sitz in Kaliningrad und liegt gemäss «Ekstra Bladet» seit mehreren Tagen untätig in der Gegend.
Militärexperte über Drohneneinsätze
Der Schweizer Militärexperte Marcel Berni (37) von der Militärakademie an der ETH Zürich erläutert den aktuellen Einsatz von Drohnen und die mögliche Strategie Russlands.
Auf die Frage, was hinter dem Manöver mit den Drohnen und dem Kriegsschiff stecken könnte und weshalb aktuell so viele Drohnensichtungen gemeldet werden, sagt Berni, dass dies auf ein «koordiniertes Vorgehen» hindeuten könne. «Die Drohnen könnten verschiedene Zwecke erfüllen: Aufklärung, psychologische Kriegsführung oder schlicht Ablenkung.»
Ausserdem seien Drohnen kostengünstig – und sie könnten ungeschützte Infrastrukturen angreifen. «Es gilt aber festzuhalten, dass auch Trittbrettfahrer auf die gegenwärtige Bedrohungslage aufgesprungen sein könnten. Vieles zu den Drohnen-Sichtungen wissen wir noch nicht.»
Putins Strategie bleibt offen
Und wie passt das mit der Sichtung eines russischen Kriegsschiffes vor einer dänischen Insel zusammen? «Das wissen wir noch nicht», so Berni weiter. Und auf die Frage, welche Strategie Putin wohl verfolgen könnte, sagt er: «Am wahrscheinlichsten handelt es sich um eine Mischung aus Eskalationskontrolle und Machtdemonstration.»
Putin wolle damit zeigen, dass Russland auch jenseits der Ukraine handlungsfähig sei und so implizit Druck auf Nato-Staaten ausüben könne. «Dies dürfte auch der innenpolitischen Mobilisierung dienen.» Allerdings sei vieles noch unklar, da die Ermittlungen und Auswertungen noch laufen.
Diese Einschätzungen geben Einblick in die Komplexität der aktuellen russischen Taktiken und die ungewissen Auswirkungen der jüngsten Aktionen mit Drohnen und Kriegsschiffen.
Moskau weist Verwicklung zurück
Die Nato ihrerseits arbeitet noch immer an der Analyse der Drohnenvorfälle. Man prüfe weiter, ob es Absicht war, sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Rande von Gesprächen mit der EU-Kommission unter der Leitung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Eindeutige Beweise, dass in jedem Fall Russland dahintersteckt, gibt es bislang nicht. Moskau wies jede Verwicklung in die Drohnen-Vorfälle als «absurde Spekulationen» zurück.