Darum gehts
- Verteidigungsminister Pete Hegseth hat alle Generäle nach Virginia beordert
- Es dürfte um eine Neuausrichtung der Armee gehen
- Auch das Feindbild dürfte angepasst werden
Das gab es in den Vereinigten Staaten noch nie: Aus aller Welt werden die höchsten US-Militärkader zu einem Treffen mit Verteidigungsminister Pete Hegseth (42) in den Bundesstaat Virginia gerufen. Der Inhalt des Treffens ist geheim, nicht mal die rund 1000 Armeeangehörigen, die anreisen, wissen über das geplante Thema Bescheid.
Einiges ist allerdings durchgesickert. Hegseth will in Anwesenheit von Präsident Donald Trump (79) das amerikanische «Krieger-Ethos» stärken, wie die «Washington Post» berichtet. Trump nennt es «ein sehr schönes Treffen, bei dem wir über unsere militärische Stärke sprechen».
Weg mit Inklusion
Wie Trump angetönt hat, soll die Armee neu ausgerichtet werden. Der Präsident hat immer kritisiert, dass zu viel Gleichstellung, Diversität und Inklusion die Armee schwächten. Mit dem «Krieger-Ethos» dürfte eine Abkehr von einer diversen Truppe zu einer Armee gemeint sein, in der wieder stark männliche Härte, Disziplin und Loyalität im Vordergrund stehen.
In diesem Zusammenhang dürfte Hegseth auch frühere Entscheidungen, die aus politischer Korrektheit getroffen worden sind, rückgängig machen. Beispiel: Er will den 20 Soldaten, die im Jahre 1890 Lakota-Sioux-Indianer niedergemetzelt haben, die Ehrenmedaille nicht entziehen, wie es die Vorgängerregierung beschlossen hatte.
Angst unter den Generälen
Dass im Pentagon Umbruch herrscht, erkennt man nur schon an der Namensänderung: Das Verteidigungsministerium soll neu Kriegsministerium heissen. Hegseth will die Anzahl der Generäle um 20 Prozent reduzieren. Bei den Kaderleuten befürchtet man, dass am Dienstag die Umstrukturierung bekanntgegeben wird und es zu Entlassungen kommen könnte.
Auch sonst ist die Nervosität in Virginia gross. Denn bereits am Mittwoch droht ein Regierungsstillstand, wenn sich die Republikaner und Demokraten nicht auf ein Budget einigen können. Es gibt Bedenken darüber, dass das Treffen zu wenig gesichert ist und die Generäle nach der Versammlung nicht zurückreisen können.
Trumps Feind lauert im eigenen Land
Bei einer Neuausrichtung der Armee dürfte zudem das Feindbild angepasst werden. Trumps Rhetorik zielt immer mehr darauf ab, die grösste Gefahr für die USA nicht mehr in äusseren Gegnern, sondern in inneren Feinden zu verorten. Dazu zählen vor allem linksextreme Gruppen und politische Protestbewegungen, die er als Bedrohung für Sicherheit und Ordnung betrachtet.
Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn, sagt gegenüber Blick: «Trump dürfte die Gelegenheit nutzen, um den Generälen klarzumachen, dass die Verteidigung der Nation nicht nur an den Grenzen oder im Ausland, sondern auch im Inneren stattfinden soll.» Dabei könnte er entweder testen, wie weit die führenden Offiziere diesem Kurs folgen wollen, oder ihnen klarmachen, dass er in künftigen Krisenszenarien Loyalität erwartet.
Trump hatte vor kurzem angekündigt, wegen angeblicher Bedrohungen durch «inländische Terroristen» das Militär nach Portland im Bundesstaat Oregon zu beordern. Die Demokraten sprachen von Machtmissbrauch.
Nähere Anbindung
Offen ist die Frage, wie stark Trump die Armee an sich binden will. Ben Hodges (67), der bis 2017 als General die US-Truppen in Europa befehligt hat, zieht hier sogar einen Vergleich zu Hitler. Hodges schrieb auf X: «Im Juli 1935 wurden deutsche Generäle zu einer überraschenden Versammlung nach Berlin einberufen und darüber informiert, dass ihr bisheriger Eid auf die Weimarer Verfassung ungültig sei und sie einen persönlichen Eid auf den Führer leisten müssten.» Weil sie keine Konsequenzen tragen wollten, leisteten die meisten Generäle einen neuen Eid auf Hitler.
Dass es so weit kommen wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Adorf: «Trump hat führende Positionen bereits mit aus seiner Sicht loyalen Personen besetzt, die seine Standpunkte mit Blick auf eine Neuausrichtung der Armee teilen.»
Was immer das mysteriöse Treffen in Virginia bringen wird, eines steht für Adorf fest: «Trump verschiebt die Grenzlinie von dem, was man als legitimen Auftrag der Armee bezeichnen kann, immer mehr.»