Darum gehts
- Situation an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha eskaliert weiter
- Uno-Sicherheitsrat eingeschaltet, beide Seiten fordern Ende der Gewalt
- 27 Tote, über 130 Verletzte, Zehntausende Menschen auf der Flucht
Die Grenzregion zwischen Thailand und Kambodscha kommt nicht zur Ruhe. Am Samstagmorgen sind erneut Kämpfe entbrannt. Das geht jetzt schon drei Tage in Folge so. Die Situation hat sich offenbar weiter verschlechtert: Mittlerweile gebe es eine neue Front weiter südlich in der thailändischen Provinz Trat, berichtet die Zeitung «Khaosod» unter Berufung auf das Militär. Beide Seiten werfen sich erneut gegenseitig vor, das Feuer eröffnet zu haben. Mittlerweile ist auch die thailändische Marine in den Konflikt involviert.
Wie das thailändische Militär auf X mitteilt, haben Streitkräfte bei nächtlichen Zusammenstössen die Kontrolle über den Hügel Phu Makhuea an der thailändisch-kambodschanischen Grenze übernommen. Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn war am Donnerstag gefährlich eskaliert. Nach Schusswechseln an der Grenze setzte das thailändische Militär eigenen Angaben zufolge Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen ein. Kambodscha reagierte mit Artilleriefeuer, auch auf Wohngebiete. Wer das Feuer eröffnet hatte, blieb unklar.
Kriegsrecht verhängt
Bereits am Freitagabend verhängten Thailands Streitkräfte in acht Distrikten der Provinzen Trat und Chanthaburi das Kriegsrecht. Begründet wurde dies mit den «anhaltenden Bedrohungen der nationalen Sicherheit» durch das Nachbarland. Das Kriegsrecht erleichtere es dem Militär, alle notwendigen Operationen durchzuführen, um Frieden und Ordnung zu bewahren, teilte das Aussenministerium mit.
In Kambodscha seien bislang 13 Menschen ums Leben gekommen, darunter acht Zivilisten, berichtet die Zeitung «Phnom Penh Post» unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Mehr als 70 Menschen wurden demnach verletzt, davon 50 Zivilisten. In Thailand werden jüngsten Regierungsangaben zufolge 14 Tote verzeichnet, darunter 13 Zivilisten. Mehr als 60 Menschen wurden teils schwer verletzt. Rund 130'000 Menschen sind laut der Regierung in Thailand auf der Flucht.
Forderung einer Waffenruhe
Kambodscha fordert ein sofortiges Ende der Feuergefechte. Der kambodschanische Uno-Botschafter Chhea Keo sagte nach einer Sitzung des Uno-Sicherheitsrates in New York: «Kambodscha forderte eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe, und wir fordern auch eine friedliche Lösung des Konflikts.» Thailand könne Kambodscha nicht glaubwürdig vorwerfen, das Land angegriffen zu haben, da dessen Armee nur ein Drittel so gross sei wie die Thailands.
Umgekehrt forderte der thailändische Uno-Botschafter Cherdchai Chaivaivid bei der Uno-Sitzung ein umgehendes Ende der Feindseligkeiten durch Kambodscha, um einen Dialog zu starten. Er sprach von einem «rechtswidrigen und willkürlichen Akt der Aggression». Die beiden Länder seien enge Nachbarn – die Gewalt müsse ein Ende finden.
Thailand und Kambodscha trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung unterschiedlich. Vor allem geht es bei dem Streit um den Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört und von beiden Ländern beansprucht wird.