Man hört Schüsse und Zivilisten rennen in Deckung
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Konflikt eskaliert:Man hört Schüsse und Zivilisten rennen in Deckung

Konflikt mit Kambodscha
Mehrere Tote und Verletzte bei Angriffen in Thailand

Im Grenzgebiet zwischen Kambodscha und Thailand gab es bei schweren Kämpfen Tote und Verletzte. Tausende Zivilisten wurden evakuiert. Was bisher bekannt ist.
Publiziert: 24.07.2025 um 06:19 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2025 um 16:54 Uhr
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Kambodschanische Streitkräfte feuern am Donnerstagmorgen Ortszeit einen Raketenwerfer ab.
Foto: Facebook

Darum gehts

  • Kambodschanische Soldaten griffen thailändischen Militärstützpunkt in Surin an
  • Thailand beschuldigt Kambodscha, Zivilisten als Schutzschilde genutzt zu haben
  • Zuvor: Fünf thailändische Soldaten bei Landminenexplosion verletzt
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Marian NadlerRedaktor News

Nach Angaben der thailändischen Armee haben kambodschanische Soldaten am Donnerstagmorgen (Ortszeit) das Feuer auf einen thailändischen Militärstützpunkt in der nordöstlichen Provinz Surin eröffnet. Raketen sollen zudem in Richtung der Provinz Sisaket abgefeuert worden sein. 

Demnach bemerkten thailändische Soldaten um 7.35 Uhr eine kambodschanische Drohne vor den Ruinen eines Tempels im Bezirk Phanom Dong Rak in Surin. Anschliessend sollen sich sechs bewaffnete kambodschanische Soldaten einem Zaun der Militärbasis genähert haben. Die thailändischen Soldaten auf dem Stützpunkt sollen ihre kambodschanischen Kollegen anschliessend mit Rufen dazu aufgefordert haben, die Eskalation eines Konflikts zu vermeiden.

Zivilisten aus Grenzgebiet evakuiert

Um 8.20 Uhr soll dann von kambodschanischer Seite das Feuer eröffnet worden sein, wie die Armee auf Facebook schreibt. Die thailändische Armee wirft den Kambodschanern zudem vor, in den umliegenden Gemeinden Artillerie eingesetzt und Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht zu haben. Ein thailändischer Soldat soll verletzt worden sein. Auf im Internet verbreiteten Videos waren Explosionen zu sehen und laute Schussgeräusche zu hören. Gegen 10.30 Uhr Ortszeit gab es Berichte über Zusammenstösse zwischen thailändischen und kambodschanischen Streitkräften in sechs Gebieten.

Da auch ein Wohngebiet beschossen worden sein soll, begannen die thailändischen Behörden nach eigenen Angaben mit der vorsorglichen Evakuierung von Zivilisten im Grenzgebiet. Gegen 14 Uhr waren einem hochrangigen Beamten zufolge im Bezirk Kab Choeng, der sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters äusserte, bereits 30'000 bis 40'000 Menschen aus 86 Dörfern evakuiert.

Die Polizei in Kantharalak im Nordosten von Thailand gab bekannt, es habe acht Tote und 13 Verletzte beim Angriff durch Artilleriefeuer und Raketen an fünf verschiedenen Orten gegeben. Unter anderem soll eine Tankstelle beschossen worden sein. Kurz darauf erklärte Thailands Gesundheitsminister Somsak Thepsuthin es habe insgesamt 12 Todesopfer gegeben, elf Zivilisten, darunter ein Kind (†12) und ein Militärangehöriger. 23 weitere Personen seien verletzt wurden, darunter ein Kind (5), das schwer verletzt wurde.

Auf von der Polizei in sozialen Medien geteilten Bildern war zu sehen, wie von einer Tankstelle dichte schwarze Rauchwolken aufstiegen. Auch ein kleiner Supermarkt und ein Spital sollen angegriffen worden sein. Thailand hatte kambodschanische Truppen zuvor beschuldigt, Raketen des Typs BM-21 eingesetzt zu haben.

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Landminenexplosion heizte Konflikt an

In der Provinz Surin wurden die Schulen geschlossen. Auch Tankstellen in der umkämpften Region stellten den Betrieb ein. Die thailändische Armee verurteilte den «gezielten Angriff kambodschanischer Streitkräfte auf Zivilisten» und teilte mit, sie habe sechs F-16-Kampfjets in die umkämpfte Region entsendet. Diese hätten zwei kambodschanische Militärziele mit Bomben angegriffen und seien anschliessend zurückgekehrt.

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Thailands Innenminister Phumtham Vejchai berief laut dem TV-Sender PPTV eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats für den Nachmittag ein. Gleichzeitig wurden alle Grenzübergänge zu Kambodscha geschlossen, wie ein Militärbeamter laut BBC in einer Medienkonferenz erklärte. 

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Die Angriffe erfolgten einen Tag, nachdem bei einer Landminenexplosion in der Nähe des Grenzübergangs Chong An Ma in der Provinz Ubon Ratchathani fünf thailändische Soldaten verletzt worden waren. Einer von ihnen hatte dabei ein Bein verloren. Bei den Kampfhandlungen am Donnerstag wurden Stand 7.45 Uhr Schweizer Zeit sieben thailändische Soldaten verletzt. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Konflikt schwelt schon länger

Kambodschanische Medien berichteten ihrerseits, dass thailändische Truppen Militärpositionen in Kambodscha attackiert hatten, woraufhin eine Offensive gestartet worden sei. Auch diese Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

«Kambodscha hat stets an seinem Grundsatz festgehalten, Konflikte friedlich zu lösen», erklärte Kambodschas Premierminister Hun Manet (47). «Aber in dieser Situation haben wir keine andere Wahl, als mit militärischer Gewalt auf die bewaffnete Aggression zu reagieren.» Das thailändische Aussenministerium forderte Kambodscha auf, seine Handlungen einzustellen und warf dem Nachbarland schwere Verstösse gegen das Völkerrecht vor. Am Nachmittag übernahm der Oberbefehlshaber der thailändischen Streitkräfte, General Charoenchai Hinthao, die Koordination der Soldaten im umkämpften Gebiet. Das berichtete die Thai News Agency. Als Einsatzleiter kann dieser nun weitere Landstreitkräfte in den Osten des Landes verlegen und auch Luft- und Seestreitkräfte zur Unterstützung der Mission anfordern. 

Leserreporter meldet sich aus Grenzgebiet

Ein Leserreporter meldete sich am Donnerstagmorgen Schweizer Zeit bei Blick. «Der Grenzbeschuss hat begonnen. Es werden ganze Dörfer evakuiert.» Er habe Schüsse gehört, sei jetzt auf der Flucht. Unterdessen forderte die Botschaft in Phnom Penh, thailändische Staatsbürger angesichts der Grenzkonflikte auf, Kambodscha «so schnell wie möglich» zu verlassen. 

Gegen 7 Uhr Schweizer Zeit meldete sich der Mann erneut bei Blick. Er sei mit seiner Familie in Sicherheit. Sein Stiefsohn sei nach einem Einschlag hinter dem Haus der Familie am Auge verletzt worden. «Mittlerweile glaube ich, dass es sehr ernst ist», sagt er mit Blick auf die Eskalation. Die Thailänder seien sehr panisch und aufgebracht.

Am Mittwoch hatte die thailändische Regierung den kambodschanischen Botschafter ausgewiesen und ihren Gesandten aus der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh zurückgerufen. Obwohl es zwischen Thailand und Kambodscha seit der Kolonialzeit zu Grenzkonflikten kommt, sind die Beziehungen seit dem Konflikt von 2011, der Dutzende Todesopfer forderte, weitgehend stabil geblieben. Dennoch stellt der Angriff vom Donnerstag die schwerste Eskalation der Spannungen an der kambodschanisch-thailändischen Grenze seit über einem Jahrzehnt dar.

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