Video aus dem Grenzgebiet zeigt kambodschanische Raketen
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Eskalation des Konflikts:Video aus dem Grenzgebiet zeigt kambodschanische Raketen

Grenzkonflikt mit Kambodscha eskaliert
Mindestens 60 Tote in Thailand

An der thailändisch-kambodschanischen Grenze sind erneut Kämpfe ausgebrochen. Die Sorge vor einer Ausweitung des Konflikts wächst.
Publiziert: 25.07.2025 um 06:10 Uhr
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Aktualisiert: 25.07.2025 um 19:11 Uhr
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Am Freitagmorgen Schweizer Zeit sind erneut Kämpfe zwischen kambodschanischen und thailändischen Soldaten ausgebrochen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Erneute Feuergefechte an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha ausgebrochen
  • Konflikt eskaliert, Thailand setzt Kampfjets ein, Kambodscha reagiert mit Artilleriefeuer
  • 14 Todesopfer in Thailand, 100'000 Anwohner aus vier Provinzen evakuiert
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An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha sind am Freitagmorgen Berichten zufolge erneut Feuergefechte entbrannt. «Warnung: Derzeit kommt es in mehreren Grenzgebieten zu Zusammenstössen», teilte die thailändische Armee auf Facebook mit. Die Zeitung «Khaosod» zitierte einen Militärsprecher mit den Worten, Kambodscha beschiesse Thailand an verschiedenen Grenzorten seit 4 Uhr morgens mit Feldartillerie und BM-21-Raketen. Thailand reagiere «entsprechend», hiess es. Menschen in der Region im Nordosten Thailands wurden aufgefordert, das Gebiet unbedingt zu meiden.

Unterdessen meldete die kambodschanische Behörde für Minenräumung und Opferhilfe (CMAA) den Einsatz von Streumunition durch thailändische Streitkräfte auf kambodschanischem Gebiet, wie die «Khmer Times» berichtete. Der Einsatz von Streumunition ist international geächtet. Der Behörde nach soll die Streumunition beim Beschuss von zwei Dörfern in der Provinz Preah Vihear im Norden Kambodschas zum Einsatz gekommen sein. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren. Die CMAA verurteilte den rücksichtslosen Akt und fordert die sofortige Einstellung jeglicher weiterer Einsätze solcher Waffen.

Übergangsregierungschef warnt vor Krieg

Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn war am Donnerstag gefährlich eskaliert. Nach Schusswechseln an der Grenze hatte das thailändische Militär eigenen Angaben zufolge Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen eingesetzt. Kambodscha reagierte mit Artilleriefeuer, auch auf Wohngebiete.

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Der thailändische Übergangsregierungschef Phumtham Wechayachai (71) warnte vor der Gefahr einer Ausweitung der Kämpfe mit Kambodscha zu einem Krieg gewarnt. «Falls die Situation eskaliert, könnte sie sich zu einem Krieg entwickeln, auch wenn es bislang bei Zusammenstössen bleibt», sagte er am Freitag vor Journalisten in Bangkok. Gleichzeitig berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, Thailand habe Vermittlungsbemühungen von Drittstaaten zur Beendigung des anhaltenden Konflikts abgelehnt. Die Thais bestehen demnach darauf, dass Kambodscha seine Angriffe einstelle und die Situation durch bilaterale Gespräche beigelegt werde. Vermittlungsangebote seien demnach von den USA, China und Malaysia eingegangen. «Ich glaube nicht, dass wir schon jetzt die Vermittlung eines Drittlandes brauchen», zitierte Reuters den Sprecher des thailändischen Aussenministeriums, Nikorndej Balankura. 

Am Freitagmorgen Schweizer Zeit ordnete die kambodschanische Luftfahrtbehörde an, dass alle Flüge unterhalb einer Höhe von 11 Kilometern aufgrund der Spannungen im Grenzgebiet ihre Routen im kambodschanischen Luftraum umleiten müssten. Das sagte ein Sprecher der Luftfahrtbehörde «Cambodianess».

100'000 Anwohner auf der Flucht

Der Regierung in Bangkok zufolge ist die Zahl der Todesopfer in Thailand mittlerweile auf mindestens 60 gestiegen – darunter viele Kinder und Frauen. Es gab mehr als 130 Verletzte, viele davon schwer. 100'000 Anwohner aus vier Provinzen (Ubon Ratchathani, Si Sa Ket, Surin und Buriram) wurden laut Innenministerium in etwa 300 Evakuierungszentren in Sicherheit gebracht.

In sieben Bezirken der an das Nachbarland angrenzenden Provinz Chanthaburi und einem Bezirk der benachbarten Provinz Trat sei «das Kriegsrecht nun in Kraft», erklärte der örtliche Grenzschutzkommandeur Apichart Sapprasert am Freitag.

Des Weiteren werden Entschädigungszahlungen eingeführt. So erhalten Familien 500'000 Baht (12'300 Schweizer Franken) für eine verstorbene Person, 300'000 Baht (knapp 7400 Franken) für eine schwer verletzte Person und leicht verletzte Personen erhalten eine Entschädigung von 100'000 Baht (knapp 2500 Franken).

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Nach Berichten des thailändischen Militärs sollen mindestens 100 kambodschanische Soldaten getötet worden sein. Die Zeitung «Phnom Penh Post» schrieb, dass zudem ein 70-jähriger Geistlicher bei der Bombardierung einer Pagode ums Leben gekommen sei.

Beide Länder trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich. Im Zentrum des Streits steht der Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört und von beiden Ländern beansprucht wird.

Wer die Kämpfe gestartet hat, ist derweil weiter unklar. Beide Seiten werfen sich vor, das Feuer eröffnet zu haben. Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Manet (47) hatte noch am Donnerstag den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, dringend eine Sitzung zu dem «unprovozierten, vorsätzlichen und gezielten Angriff auf Kambodscha» einzuberufen. Das UN-Gremium will am Freitagabend (MESZ) zu dem Thema zusammenkommen.

USA und Uno besorgt

Die USA zeigten sich derweil «zutiefst besorgt» über die Situation an der Grenze. «Besonders beunruhigt sind wir über Berichte über den Tod unschuldiger Zivilisten», hiess es in einer Mitteilung, die von der US-Botschaft in Bangkok veröffentlicht wurde. «Wir fordern dringend die sofortige Einstellung der Angriffe, den Schutz der Zivilbevölkerung und eine friedliche Beilegung der Streitigkeiten.»

Man hört Schüsse und Zivilisten rennen in Deckung
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Konflikt eskaliert:Man hört Schüsse und Zivilisten rennen in Deckung

Uno-Generalsekretär António Guterres (76) forderte grösstmögliche Zurückhaltung beider Seiten. Die Probleme müssten im Dialog und im Geiste guter Nachbarschaft gelöst werden. Auch der Ministerpräsident von Malaysia, dessen Land in diesem Jahr der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean vorsteht, forderte umgehende Verhandlungen. Beide Länder seien wichtige Mitglieder des Bundes. «Frieden ist die einzige Option», sagte er.

Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelenheiten (EDA) rät von Reisen in das Grenzgebiet zwischen Thailand und Kambodscha ab. «Von touristischen und anderen nicht dringenden Reisen in die Provinzen Buriram, Si Saket, Surin und Ubon Ratchathani wird abgeraten», liest man auf der EDA-Webseite.

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