Darum gehts
- Selenskis Besuch erfolgreich: Dialog und Vorschläge für Frieden präsentiert
- Sicherheitsgarantien für Ukraine nach Nato-Vorbild werden diskutiert
- 1994 verzichtete Ukraine auf Atomwaffenarsenal im Budapester Memorandum
Keine Demütigung, keine Konfrontation, kein Eklat. Stattdessen Höflichkeiten, Scherze und vor allem eines: Dialog. Der Besuch von Wolodimir Selenski (47) bei Donald Trump (79) im Weissen Haus war zweifellos ein Erfolg. Dass der ukrainische Präsident nicht allein reiste, prägte die Gespräche entscheidend.
Sieben hochrangige Politiker legten Vorschläge für einen Weg zum Frieden vor. Die Europäer drängen auf einen schnellen Waffenstillstand und fordern zugleich Sicherheitsgarantien für die Ukraine – Massnahmen, die Russland nach einem Friedensschluss von neuen Angriffen abhalten sollen. Zwei Ansätze standen am Montag im Fokus.
Sicherheitszusagen nach Nato-Vorbild
Nach dem Muster von Artikel 5 des Nordatlantikvertrags diskutierte man Garantien für die Ukraine. Dieser Artikel verpflichtet die Nato-Mitglieder, einen Angriff auf einen von ihnen als Angriff auf alle zu werten. Ein Nato-Beitritt der Ukraine ist laut Generalsekretär Mark Rutte (58) zwar kein Thema, doch prüft man Zusagen, die sich an dieser Solidaritätsklausel orientieren. Wie diese Garantien konkret aussehen könnten, bleibt Verhandlungssache. Präsident Selenski kündigte an, innerhalb von zehn Tagen einen Vorschlag vorzulegen.
Wie die «Financial Times» schreibt, könnte die Sicherheitsgarantie allerdings einen neuen Deal von Trump beinhalten: Die Ukraine will sich dem Bericht zufolge die Sicherheitsgarantie mit dem Kauf von US-Waffen im Wert von 100 Milliarden Dollar sichern. Finanziert werden soll der Kauf von Europa, heisst es unter Berufung auf ein der Zeitung vorliegendes Dokument. Laut dem Vorschlag wollen die Ukraine und die USA zudem gemeinsam Drohnen im Wert von über 50 Milliarden Dollar in der Ukraine produzieren.
Debatte um internationale Truppen
Unklar bleibt, ob und wie internationale Truppen in der Ukraine stationiert werden könnten. Rutte, CDU-Chef Friedrich Merz (69) und Donald Trump äusserten sich dazu nicht abschliessend. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) brachte die Idee sogenannter Rückversicherungstruppen ins Spiel – zu Wasser, zu Land und in der Luft. Er betonte, dass eine starke ukrainische Armee Teil dieses Konzepts sein müsse, um künftige Angriffe abzuwehren. Selenski unterstützte diesen Ansatz.
Rutte erklärte dem US-Sender Fox News, Russland dürfe nach einem Friedensschluss nie wieder auch nur kleine Teile ukrainischen Territoriums beanspruchen. Ein Einsatz amerikanischer Soldaten in der Ukraine sei jedoch nicht vorgesehen.
Wie effektiv sind Sicherheitsgarantien?
Sicherheitsgarantien erfordern lange und schwierige Entscheidungen. Wer beteiligt sich? Wie werden die Massnahmen finanziert? Sicherheitstruppen und Waffenlieferungen sind nur ein Teil der Antwort. Entscheidend ist, dass die Massnahmen den Aggressor von einem Angriff abhalten, ohne ihn zu provozieren. Doch selbst das garantiert keinen dauerhaften Frieden.
Ein warnendes Beispiel liefert das Oslo-Abkommen von 1993 zwischen Israel und den Palästinensern. Die internationale Gemeinschaft versprach Unterstützung und vermittelte gegenseitige Anerkennung. Doch fehlende Sicherheitsmechanismen liessen den Friedensprozess scheitern. Gewalt, Siedlungspolitik und Misstrauen erstickten die Hoffnung auf eine Lösung.
Ukraine braucht verbindliche Zusagen
Für Selenski haben Sicherheitsgarantien höchste Priorität – aus gutem Grund. 1994 verzichtete die Ukraine im Budapester Memorandum auf ihr gesamtes Atomwaffenarsenal. Im Gegenzug versprachen Russland, die USA und Grossbritannien, die Unabhängigkeit und die Grenzen des Landes zu achten. Doch diese Zusagen erwiesen sich als wertlos: Mit der Annexion der Krim 2014 und dem grossflächigen Angriff Russlands 2022 brach Moskau sie eklatant.
Für Kiew steht fest: Ein künftiger Frieden muss auf belastbaren, einklagbaren Garantien beruhen – nicht auf leeren Versprechen. Zusagen müssen verbindlich und durchsetzbar sein, sonst bleiben sie wirkungslos.