Darum gehts
Während der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) in den vergangenen Tagen in Frankreich und Schweden 250 neue Kampfjets bestellte, brüteten Donald Trumps (79) und Wladimir Putins (73) Gesandte über die Köpfe der Ukrainer hinweg weiter an ihrem totgeglaubten Friedensplan.
Damit kommt zwar neue Hoffnung auf ein Ende des Krieges auf. Doch Experten schlagen Alarm: Das Abkommen ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Ukrainer. Es wäre ihr kollektiver Selbstmord, sollten sie den Plänen zustimmen.
Der 28-Punkte-Plan stützt sich auf die Verhandlungen zwischen dem russischen und dem amerikanischen Präsidenten am 15. August in Alaska. Nach diesem hoffnungsvollen Treffen war es zwischen Washington und Moskau zu gegenseitigen Anfeindungen gekommen, weil Putin überhaupt keine Anstalten machte, die Offensive zurückzufahren.
Das ist der Plan
Nun sind hinter den Kulissen wieder Verhandlungen aufgenommen worden. Ende Oktober trafen sich der US-Sondergesandte Steve Witkoff (68) und Putins Vertreter Kirill Dmitriew (50) drei Tage lang in Miami.
Laut Medienberichten geht es unter anderem um folgende Punkte:
- vollständiger Rückzug der Ukrainer aus den Regionen Donezk und Luhansk, auch aus den von den Russen nicht eroberten Gebieten
- Einfrierung der Frontlinie in der Südukraine
- Halbierung der ukrainischen Armee
- Aufwertung von Russisch zur offiziellen Landessprache
- offizieller Status für die russisch-orthodoxe Kirche, die Putin für Propaganda einsetzt
- Aufgabe von «wichtigen Waffenkategorien», unter anderem Langstreckenwaffen
- keine ausländischen Truppen in der Ukraine
- kein Nato-Beitritt
- noch zu definierende Sicherheitsgarantien der USA
- US-Investitionen in ukrainische Mineralien
Festungsgürtel in Gefahr
Von aussen gesehen erscheint es vielleicht einfach und logisch, zerstörte Gebiete an die Invasoren abzutreten. Doch mit der Aufgabe des Donbass würde Russland auch für die Ukraine lebenswichtige Gebiete und Infrastrukturen übernehmen.
Dazu zählt vor allem der seit 2014 aufgebaute ukrainische Festungsgürtel. Er verläuft von den Städten Slowjansk und Kramatorsk im Norden bis nach Kostjantyniwka und Druschkiwka im Süden und besteht aus Festungsstädten sowie Hunderten von Kilometern Gräben und Minenfeldern.
Diese Verteidigungslinie ist sozusagen die Lebensversicherung für die Ukraine. Bisher haben sich die Russen die Zähne daran ausgebissen. Das Institute for the Study of War (ISW) schätzt, dass die Angreifer beim aktuellen Kriegsverlauf mehrere Jahre bräuchten, um ihn zu überwinden.
Eine Einladung für Putin
Die Aufgabe dieses lebenswichtigen Schutzschilds kommt daher für die Ukrainer nicht infrage. Denn auch wenn Putin in einen Waffenstillstand einwilligen sollte, ist der Frieden nicht garantiert. Westliche Regierungsvertreter und Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass die Russen zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sie sich vom Ukraine-Krieg erholt und weiter aufgerüstet haben, wieder zuschlagen werden. Ohne den Sicherheitsgürtel wäre es viel leichter, in einem neuen Versuch Richtung Kiew vorzustossen.
Natürlich will Selenski Frieden, aber nicht zu diesem Preis – der klar zum Vorteil der Russen ist. So kommen für ihn territoriale Zugeständnisse über das, was bereits besetzt ist, nicht infrage. Ebenso schliesst er eine Entwaffnung aus.
Während Washington und Moskau heimlich am Abkommen arbeiteten, plante Selenski eine massive Aufrüstung. Ende Oktober besuchte Selenski Schweden, wo er eine Absichtserklärung für den Kauf von 150 Gripen-Kampfjets unterzeichnete. Vor wenigen Tagen das Gleiche in Paris: Beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron (47) unterschrieb er eine Erklärung für den Kauf von 100 Kampfjets des Typs Rafale.
Kein Friede in Sicht
Eines ist klar: Der Plan bringt Selenski in Bedrängnis. Erst recht, weil er in einer heiklen Phase kommt, in der die Russen an der Front im Aufwind sind und Selenski mit einem Korruptionsskandal in der Regierung zu kämpfen hat.
Am Donnerstag tauschen sich Selenski und eine amerikanische Militärdelegation über den Plan aus. Von einer Einigung ist man noch weit entfernt. Denn Selenski weiss: Unterschreibt er diese Punkte, hilft er nicht nur Putin. Er beglückt auch Trump mit Bodenschätzen und dem Ruhm als Friedensstifter. Doch er ebnet damit nicht den Weg zum Frieden, sondern zur Kapitulation der Ukraine.