Darum gehts
Was ist denn da los? Auf einmal beginnen First Ladies, sich untereinander und anderen Präsidenten Briefe zu schreiben. Zuerst war es Melania Trump (55), die an Wladimir Putin (72) einen Appell richtete, dann war es Olena Selenska (47), die Melania Trump schrieb. Und jetzt haut auch Emine Erdogan (70) in die Tasten, um das Herz der US-First-Lady für die Gaza-Kinder zu erweichen.
Mit emotionalen Worten versuchen Präsidenten-Gattinnen, in die Geschäfte ihrer Männer einzugreifen und verhärtete Fronten aufzuweichen. Die Briefe zeigen vor allem eines: Wie verzweifelt die Ehemänner sind.
Das sind die Briefe der First Ladies:
Melania Trump an Wladimir Putin: Als der russische Präsident am 15. August US-Präsident Donald Trump (79) in Alaska für Friedensverhandlungen besuchte, übergab ihm der Gastgeber einen Brief von seiner Frau Melania. Die US-First-Lady appellierte an Putin, die Unschuld von Kindern in Kriegsgebieten zu schützen. Die Ukraine, von wo die Russen Tausende Kinder verschleppt haben, erwähnte sie nicht namentlich.
Olena Selenska an Melania Trump: Beim Besuch von Wolodimir Selenski (47) in Washington am 18. August übergab der ukrainische Präsident an Donald Trump einen Brief seiner Frau mit der Bitte, ihn der US-First-Lady weiterzuleiten. Im Schreiben bedankt sich die First Lady der Ukraine für das Engagement von Melania Trump zugunsten der Kinder.
Emine Erdogan an Melania Trump: Nun hat sich auch die Frau des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (71) an Melania Trump gewandt. In einem Brief schreibt sie, sie vertraue darauf, dass die First Lady der USA ihr Mitgefühl für leidende Kinder ausweite und sich auch für das Wohl der Kinder im Gazastreifen einsetze.
Alle gewinnen
Klemens Fischer, Professor für Internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität Köln sowie 30 Jahre als Diplomat tätig, spricht beim Briefwechsel von einer «neuen Dimension» – vor allem beim Schreiben von Melania Trump an Putin.
Der Druck auf Trump, die prekäre Lage der ukrainischen Kinder und der Zivilbevölkerung anzusprechen, sei enorm hoch gewesen. Gleichzeitig habe der US-Präsident aber mit einer kritischen Erwähnung seinen Friedensgipfel nicht gefährden wollen. Fischer: «Also wird über die Bande gespielt: Der Appell einer Mutter an den russischen Präsidenten kommt auf allen Seiten gut an, bringt Trump Prestige, setzt Putin in kein schlechtes Licht und bedient die europäischen und ukrainischen Forderungen.»
Den Brief von Emine Erdogan bezeichnet Fischer sogar als «nahezu revolutionär», da sie in einer konservativ-muslimischen politischen Umgebung aus dem Schatten trete und eine prominente Rolle erhalte.
Ganz anders allerdings der Brief von Olena Selenska. Der wird laut Fischer kaum in die Geschichte eingehen. «Einerseits glitt die Übergabe an Trump ins Peinliche ab, andererseits war der Brief eine Art billige Kopie von Melanias Brief an Putin.»
Putin unter Zugzwang
Für Fischer ist die Rückkehr zum analogen Brief ein Phänomen, das zeigt, dass andere diplomatische Kanäle nahezu verstopft sind. Er glaubt allerdings nicht, dass die Initiative von den Präsidentengattinnen selber ausgeht. Vielmehr dürften ihre Ehemänner dahinter stehen: «Solche Briefe sind kalkulierte Emotion und eine Instrumentalisierung der First Ladies», sagt Fischer. Denn welcher Präsident könne schon flehende Bitten einer Mutter in den Wind schlagen? Fischer: «Putin und Trump werden dadurch unter Zugzwang gesetzt.»
Ob solche Briefe zur Aufweichung der Fronten beitragen? Schaden würden sie sicher nicht und wären – bei einem Erfolg – ein höchst effizientes Mittel, meint Fischer. Fischer: «Es ist aber ein Mittel, das sehr sparsam eingesetzt werden muss, da es ansonsten rasch seine Wirkung verfehlt.»