Einziger Überlebender spricht über den Flugzeugabsturz
1:34
Air-India-Drama:Einziger Überlebender spricht über den Flugzeugabsturz

Einziger Überlebender des Air-India-Absturzes
«Ich leide körperlich und seelisch. Jede Nacht denke ich an das Unglück»

Ein Mann überlebte als Einziger den Absturz einer Boeing 787 der Air India im Juni. Viswashkumar Ramesh spricht erstmals über die Katastrophe, bei der 241 Menschen starben, darunter sein Bruder. Er kämpft mit körperlichen und seelischen Folgen.
Publiziert: 10:30 Uhr
|
Aktualisiert: 11:22 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/4
Viswashkumar Ramesh ist der einzige Überlebende des Air-India-Absturzes.
Foto: BBC

Darum gehts

  • Einziger Überlebender eines Flugzeugabsturzes in Indien spricht über die Katastrophe
  • Viswashkumar Ramesh leidet unter PTBS und kann kaum schlafen
  • Air India bot eine vorläufige Entschädigung von rund 21’500 Pfund an
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Daniel_Macher_Journalist Newsteam_Blick.ch_2-Bearbeitet.jpg
Daniel MacherRedaktor News

Es ist ein Wunder, das um die Welt ging: Der 39-jährige Viswashkumar Ramesh aus Leicester überlebte als einziger das Flugzeugunglück in Ahmedabad. Am 10. Juni stürzte eine Boeing 787 der Air India kurz nach dem Start ab und ging in Flammen auf. Dabei kamen 241 Menschen ums Leben.

In einem emotionalen BBC-Interview spricht er erstmals seit seiner Rückkehr über die Katastrophe – und darüber, wie sehr sie sein Leben verändert hat.

«Ich bin der einzige Überlebende. Ich kann es bis heute nicht glauben. Es ist ein Wunder», sagt Ramesh leise. Auf den Aufnahmen wirkt er gefasst, aber sichtlich erschüttert über sein Glück – und sein Leid. Sein jüngerer Bruder Ajay, nur wenige Sitze entfernt, starb im Flugzeug. «Mein Bruder war mein Rückgrat», sagt Ramesh, bevor er in Tränen ausbricht.

«Jede Nacht denke ich an das Unglück»

Seit dem Absturz lebt er zurückgezogen in seinem Haus in Leicester. Frau und Sohn versuchen, für ihn da zu sein – doch der Kontakt fällt schwer. «Ich rede mit niemandem. Ich sitze einfach allein in meinem Zimmer», sagt er. Ärzte in Indien diagnostizierten eine posttraumatische Belastungsstörung. In Grossbritannien erhält er keine Behandlung. «Ich leide körperlich und seelisch. Jede Nacht denke ich an das Unglück. Ich kann kaum schlafen.»

Auch körperlich ist er gezeichnet: Bein, Schulter, Rücken schmerzen, Arbeiten oder Autofahren sind unmöglich. «Wenn ich gehe, gehe ich langsam. Meine Frau muss mir helfen.»

Das Familienunternehmen – eine kleine Fischerei auf der indischen Insel Diu, die er mit seinem Bruder führte – existiert nicht mehr. «Ohne Ajay läuft nichts mehr», sagen seine Berater. Die Familie steht vor dem Nichts – finanziell, seelisch, körperlich.

Noch keine Einigung mit Fluggesellschaft

Air India bot Ramesh eine vorläufige Entschädigung von rund 21’500 Pfund (24’000 Franken) an. Unterstützer nennen das unzureichend. «Diese Familie ist zerstört», sagt Gemeindevorsteher Sanjiv Patel, der Ramesh betreut. «Wer Verantwortung trägt, sollte persönlich kommen und zuhören.»

Mehrfach baten Patel und Familienanwalt Radd Seiger die Fluggesellschaft um ein Treffen – vergeblich. «Eigentlich sollten heute die Verantwortlichen von Air India hier sitzen, nicht wir», sagt Seiger. «Sie sollten helfen, diesen Schmerz zu lindern.»

Air India, inzwischen Teil der Tata Group, erklärte, man habe Ramesh und den Familien wiederholt Unterstützung angeboten. «Wir hoffen sehr, dass unsere Gesprächsangebote angenommen werden.»

Flugzeug stürzt kurz nach Start in Ahmedabad ab
1:21
Pilot setzte Notruf noch ab:Flugzeug stürzt kurz nach Start in Ahmedabad ab

Der Überlebende von Platz 11A

Doch für Ramesh bleibt das Vertrauen zerstört. «Nach dem Unfall ist alles sehr schwer – für mich, für meine Mutter. Sie sitzt jeden Tag vor der Tür, redet mit niemandem. Ich auch nicht. Wir leben, aber wir sind verloren.»

Als das Flugzeug nach London abhob, sass Ramesh auf Platz 11 A. Sekunden später fiel der Treibstoffdruck ab, die Maschine verlor an Höhe, stürzte ab und ging in Flammen auf. Videos zeigen, wie Ramesh – wie durch ein Wunder – aus den Trümmern taumelt. Heute sagt er: «Ich weiss nicht, warum ich überlebt habe. Ich fühle mich wie der glücklichste Mensch – und gleichzeitig wie der unglücklichste.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen