Darum gehts
Der Angriff kam überraschend: Am 9. September hat Israel über zehn Raketen nach Katar abgefeuert und in Doha sechs Angehörige von Hamas-Chefs getötet. Die Überraschung und die Empörung waren besonders gross, weil Katar als Verbündeter der USA gilt, die wiederum bedingungslos hinter Israel stehen. Für US-Präsident Donald Trump (79) war der israelische Premier Benjamin Netanyahu (75) definitiv zu weit gegangen.
Als Reaktion hat Trump Katar nun mit militärischen Sicherheitsgarantien unter US-Schutz gestellt. Damit bringt er sich aber selber in die Zwickmühle. Denn wie soll er reagieren, wenn Israel auf der Jagd nach Hamas-Terroristen erneut das Emirat angreift?
Katar nimmt im Nahostkonflikt eine zwiespältige Rolle ein. Das kleine Land bot Hamas-Terroristen Zuflucht, nachdem diese aus Syrien geflohen waren. Seit 2012 betreiben die Islamisten in Doha ein politisches Büro. Katar soll die Terrororganisation auch aktiv unterstützt haben. So gibt es Berichte, wonach Katar insgesamt über 2,1 Milliarden Dollar an die Hamas im Gazastreifen überwiesen haben soll.
Auf der anderen Seite ist Katar ein enger Verbündeter der USA. Im Scheichtum befindet sich mit der Al Udeid Air Base der grösste US-Militärstützpunkt im Nahen Osten. Schon Trumps Vorgänger Joe Biden (82) hatte das Emirat zu einem wichtigen Nicht-Nato-Verbündeten erklärt – unter anderem wegen der Hilfe beim chaotischen Abzug der Amerikaner aus Afghanistan im Jahre 2021.
Trump sucht Prestige
Unter Trump wurden diese Bande noch enger geknüpft. Katar ist für die USA nicht nur von strategischer Bedeutung, die beiden Staaten betreiben auch mit Rüstung und Energie grossen Handel. Die Trump Organization plant grosse Immobilienprojekte, darunter einen Golfclub. Die Freundschaft ist so eng geworden, dass die Katarer Trump sogar einen Jumbojet als neue Air Force One geschenkt haben. Wert: 400 Millionen Dollar.
Doha spielt zudem eine zentrale Rolle in Trumps Friedensplan für Gaza. Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn, sagt gegenüber Blick: «Trump versteht die Sicherheitsgarantie als Teil eines politischen Geschäfts.» Er gibt Katar Rückendeckung, dafür soll sich das Emirat für die Friedenspläne einsetzen und Trump zu einem Prestigeerfolg und vielleicht sogar zum Friedensnobelpreis verhelfen.
Weitere Angriffe in Katar?
Doch Israel ist im Kampf gegen die Hamas zu allem entschlossen, wie es mit den jüngsten Vorstössen zeigt. Zahlreiche Gebäude in Gaza werden zerstört. Dabei verwenden die Israelis ferngesteuerte Fahrzeuge, mit denen sie nachts Sprengsätze anbringen, die am Morgen gezündet werden. «Das fordert zahlreiche Opfer», berichtet «Al Jazeera».
Noch steht eine Antwort der Hamas auf Trumps Friedensplan aus. Solange keine Zustimmung erfolgt – und eine Zustimmung ist eher unwahrscheinlich – könnte Israel auf der Jagd nach den Terroristen durchaus wieder in Versuchung geraten, Operationen in Katar durchzuführen.
Eher für Katar
Dann wäre Trump in der Zwickmühle, allerdings eher mit einem Hang zu Katar. Dieser Katar-Drall hängt damit zusammen, dass das Verhältnis zwischen Trump und Netanyahu in den vergangenen Monaten spürbar belastet wurde. «Der israelische Premier hat wiederholt ohne Rücksprache mit dem Weissen Haus gehandelt und so Misstrauen ausgelöst und den Präsidenten als machtlos erscheinen lassen», sagt Adorf. Selbst innerhalb der traditionell uneingeschränkt pro-israelisch eingestellten Republikaner ist Kritik am Vorgehen Israels laut geworden.
Wie würde Trump also reagieren, wenn US-Freund Israel, US-Freund Katar angreifen würde? Adorf: «Ungeachtet enger Beziehungen zu Israel scheint Trump bereit, für Katar notfalls die Konfrontation mit Jerusalem zu riskieren.» Im Vordergrund stünden laut Adorf Drohungen mit einem Lieferstopp von Waffen oder sicherheitsrelevanter Hilfe.
Zu einem offenen Bruch oder gar Waffengewalt gegenüber Israel würde es aber kaum kommen. Denn dafür stehen sich die USA und Israel definitiv zu nahe.