Darum gehts
- Die Twint-Gebühren verärgern Kleinhändler in der Romandie
- Sie beklagen unfaire Konditionen und eine Bevorteilung von Grosshändlern wie Migros und Coop
- Die Standardgebühr bei Twint beträgt 1,3 Prozent
Eine Cafébetreiberin aus Lausanne VD ist hässig. Verständlich, gehen ihr doch jährlich mehrere Tausend Franken Gewinn durch die Lappen. «Mit den fehlenden Einnahmen aus dem letzten Jahr hätte ich gleich drei neue Kühlschränke kaufen können», klagt sie ihr Leid gegenüber der Zeitung «24 heures».
Der Grund ist ein Zahlungsdienstleister, den wohl jeder kennt: Twint. Ihre Kundschaft zahle mittlerweile auch ein Gipfeli für zwei Franken mit der Bezahl-App, so die Inhaberin. Das wird für sie zum Problem, denn die Gebühren, die bei den bargeldlosen Zahlungen anfallen, gehen so richtig ins Geld. «Für kleine Transaktionen haben wir praktisch keine Marge mehr», sagt sie. «Bezahlen mit Twint ist für uns die teuerste Option.»
Deshalb zog die Lausannerin schliesslich die Reissleine, wie «24 heures» berichtet. Und verbannte Twint aus ihrem Café.
Kleinhändler werfen Twint missbräuchliche Gebühren vor
Damit ist sie nicht allein. Dem Genfer Marc Bähni, der eine Boutique in Carouge GE führt, kommt Twint gar nicht erst in die Filiale. Zu hoch sei der Preis. Die Praxis wolle er nicht unterstützen. Und er beschwert sich auch über klassische Kreditkartenanbieter: «Das Schlimmste sind die Kosten für die Hardware», sagt er zur Zeitung. «Manche Lesegeräte kosten 19 Franken pro Monat oder bis zu 3000 Franken beim Kauf.»
Viele Händler empfinden die erhobenen Gebühren als missbräuchlich – insbesondere bei Twint. Denn das Unternehmen verrechnet – im Unterschied zu Kartenanbietern – seine Gebühren direkt. Eine Art Komplettlösung, «zu einfacheren Konditionen und ganz ohne technische Einbindung in ein System», wie es auf der Twint-Website heisst. Die Gebühren bewegen sich standardmässig um 1,3 Prozent. Hinzu kommt in manchen Fällen noch ein Mindestbetrag von bis zu 30 Rappen pro Transaktion.
Grosshändler können bessere Konditionen verhandeln
Kleine Händler monieren vielfach ein unfaires Konzept: Grosshändler könnten wegen ihrer Einkaufsmacht bessere Konditionen bei Twint erhalten und somit tiefere Preise verlangen, hört man immer wieder.
Der Verband Swiss Retail Federation machte deshalb im Juli 2025 Nägel mit Köpfen und zeigte Twint bei der Wettbewerbskommission (Weko) an. Diese soll prüfen, ob das Unternehmen seine Marktmacht missbraucht und unzulässige Wettbewerbsabreden tätigt, die gegen das Schweizer Kartellrecht verstossen.
«Die Reaktion der Händler aus der Romandie zeigt nur, dass unsere Anzeige bei der Weko wichtig und richtig war», sagt Swiss-Retail-Federation-Direktorin Dagmar Jenni (57) dazu auf Anfrage von Blick. Und findet für die Ladenbesitzer lobende Worte: «Der Schritt ist mutig», so Jenni. «Aber auch ein Zeichen der Verzweiflung. Sie müssen nun damit rechnen, dass die Kundschaft deshalb unfreundlich reagiert oder ihren Einkauf gar abbricht.»
Twint wehrt sich
Twint selbst ist derweil frustriert über den öffentlichen Diskurs über die Gebühren des Bezahldienstes. «Die Aussage, dass Twint generell teurer sei als andere Zahlungsmittel, stimmt faktisch einfach nicht», sagt Twint-Sprecher Ettore Trento zu Blick. «Wer selbst die Preise vergleicht, wird schnell feststellen, dass die Konditionen für Twint sehr wettbewerbsfähig sind.»
«Twint deklariert bei direkten Zahlungsverträgen die Gebühren transparent – diese belaufen sich auf 1,3 Prozent – und ist eine der günstigsten Lösungen für Händler», so Trento. Wenn ein Händler Zahlungen über einen dritten Zahlungsdienstleister akzeptiert, lege nicht Twint, sondern der entsprechende Zahlungsdienstleister die Preise fest.