Sind 220'000 Franken pro Jahr nicht genug?
Die Swiss findet keine Piloten

Flugzeugkapitäne fühlen sich schlecht behandelt und werfen der Airline Wortbruch vor. Nun will die Gewerkschaft Aeropers den GAV kündigen.
Publiziert: 10:57 Uhr
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Aktualisiert: 10:59 Uhr
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Swiss-CEO Jens Fehlinger hat Probleme, Piloten einzustellen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Swiss hat Probleme, Piloten zu finden. Flüge mussten gestrichen werden
  • Pilotenmangel aufgrund von Corona, Ausbildungsengpässen und Senioritätsprinzip
  • Von 32 ausgeschriebenen Stellen konnte Swiss nur 6 besetzen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Traumhafte Reiseziele, exklusive Hotels, Abenteuer während der Arbeitszeit: Pilot zu sein, ist ein Traumjob – und gut bezahlt noch dazu: Wer bei der Swiss anfängt, verdient als Copilot 89'000 Franken. Swiss-Kapitäne, die lang genug dabei sind, kassieren sogar 220'000 Franken. 

Und doch hat die Swiss Probleme, Piloten zu finden. Die Airline musste deswegen sogar Flüge streichen. Um attraktiver zu werden, bietet die Airline nun einen Direkteinstieg auf Langstreckenflüge an. Bislang mussten Co-Piloten sich erst einmal auf der Kurzstrecke bewähren, bevor sie die grossen Passagierjets steuern durften.

Doch auch mit dieser Strategie kommt die Swiss nicht weiter. Von 32 ausgeschriebenen Stellen konnten in letzter Zeit nur 6 besetzt werden – und das auch nur mit Ach und Krach: Swiss-Schwester Austrian Airlines leiht vier Piloten in die Schweiz aus. Zwei externe Piloten kommen hinzu. «Wir rekrutieren bereits am Maximum der möglichen Kapazitäten», teilt die Swiss mit. Den Pilotenmangel begründet sie wie folgt:

  • Corona: Während der Pandemie wurden Schulungen ausgesetzt, erfahrene Kapitäne liessen sich pensionieren. Die Ausbildung neuer Piloten wurde erst 2023 wieder hochgefahren.
  • Ausbildungsengpässe: Die Zahl der verfügbaren Simulatoren ist begrenzt.
  • A350-Umschulungen: Die Swiss hat im Herbst einen neuen Flugzeugtyp erhalten. Dafür muss Personal geschult werden, was zusätzliche Kapazitäten bindet.
  • Senioritätsprinzip: In keinem Job ist die Betriebszugehörigkeit so wichtig. Wer die Fluggesellschaft wechselt, fängt wieder von vorne an – unter Verzicht auf Privilegien. Das hält viele Piloten anderer Airlines davon ab, zu wechseln.

Laut der Pilotengewerkschaft Aeropers ist der Pilotenmangel zum Teil hausgemacht. Wenn weniger Piloten Teilzeit flögen, könne die Swiss mehr Verbindungen anbieten. «Teilzeitpensen sind oft die einzige Möglichkeit, das Familienleben zu organisieren. Würde die Swiss besser auf unsere Wünsche eingehen, würden mehr Piloten 100 Prozent arbeiten», sagt Kapitän Thomas Steffen (50) von Aeropers. «Andere Airlines schaffen das viel besser als die Swiss.» Die Airline widerspricht: «Wir sind stets bemüht, eine möglichst gute Balance zwischen den Interessen aller Beteiligten zu finden.»

Gewerkschaft wirft Swiss Wortbruch vor

Die Gewerkschaft wirft der Swiss zudem vor, Versprechen gebrochen zu haben. «Das Privatleben sollte planbarer werden. Doch die Swiss ist dem nicht mit den nötigen Ressourcen und dem nötigen Willen nachgegangen», kritisiert Steffen. «Auch ein berechtigter Teuerungsausgleich wurde zweimal mit fragwürdigen Begründungen verweigert.»

Der aktuelle Gesamtarbeitsvertrag (GAV) läuft noch bis Ende 2026. Die Gewerkschaft Aeropers will ihn kündigen. Bis zum 19. November stimmen die Piloten darüber ab. Weil Piloten gesucht sind, sieht Steffen seine Gewerkschaft in einer guten Verhandlungsposition: Nebst höheren Löhnen fordert er «mehr Einfluss auf den monatlichen Einsatzplan».

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