Pharmabranche will an unser Portemonnaie
Warum Medikamentenpreise in der Schweiz explodieren könnten

Es ist der Wunschtraum der Pharmabranche: Reiche Länder zahlen mehr für Medikamente. Für die Schweiz hätte das gravierende Folgen. Doch ist die Forderung gerechtfertigt? Und wie wären kommende Prämienrunden davon betroffen?
Publiziert: 00:00 Uhr
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Die Pharmabranche hofft auf höhere Medikamentenpreise in reichen Ländern.
Foto: Keystone

Darum gehts

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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

US-Präsident Donald Trump (79) will die Medikamentenpreise drastisch senken. Heute zahlt die US-Bevölkerung im Schnitt fast das Dreifache für verschreibungspflichtige Medikamente im Vergleich zum Durchschnitt anderer Industrieländer. Die Pharmaindustrie finanziert damit einen massgeblichen Teil ihrer Forschung und Entwicklung. Sinken die Preise in den USA, sollen sie deshalb in anderen Industrieländern steigen – also auch in der Schweiz. 

In den Basler Chefetagen der Pharmariesen Roche und Novartis ist man sich einig: Für die Schweizer Bevölkerung sind Medikamente viel zu günstig. Zum Beleg verweist man auf die Fabrikabgabepreise für innovative Medikamente im Verhältnis zur Wirtschaftskraft eines Landes. Die USA zahlen für diese Produkte gemäss Interpharma, dem Schweizer Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen, 1,87 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). In Frankreich, Japan oder Italien ist es rund die Hälfte. In der Schweiz nicht einmal ein Viertel, also 0,43 Prozent.

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Gemäss Novartis CEO Vas Narasimhan (49) sind die Medikamentenpreise in der Schweiz viel zu tief.
Foto: keystone-sda.ch

Gute Grundidee, aber …

Die 3,52 Milliarden Franken für patentgeschützte Medikamente hierzulande werden über die obligatorische Grundversicherung abgerechnet. Würde die Schweiz neu 1 Prozent des BIP dafür zahlen, stiegen die Gesamtkosten für Medikamente in der Grundversicherung von 9,2 Milliarden Franken auf 13,9 Milliarden Franken. Das allein würde die mittlere Krankenkassenprämie pro Person um 11 Prozent von derzeit 391 auf 434 Franken erhöhen.

«Die Grundidee, dass reiche Länder mehr bezahlen als arme, ergibt Sinn», sagt Gesundheitsökonom Simon Wieser (62) von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Ein gutes Beispiel dafür sei die Entwicklung von HIV-Medikamenten.

Zweifel hegt Wieser hingegen an der Aussage, dass die Medikamentenpreise in der Schweiz viel zu niedrig sind. «Die Schweizer Bevölkerung gibt im Verhältnis zum BIP gut ein Prozent für alle Medikamente aus», sagt er. Zudem müsse man das BIP kaufkraftbereinigt anschauen. Dann sei die Schweiz im Vergleich zu anderen Industrienationen plötzlich nicht mehr ganz so reich.

Kein Wettbewerb bei Generika?

Die Pharmabranche fährt üppige Gewinne ein. Kann sie Preissenkungen in den USA nicht einfach schlucken? Gute Gewinnaussichten brauche es, damit die Branche Innovation vorantreibe, sagt Stefan Felder (65), Leiter der Forschungsgruppe Gesundheitsökonomie an der Universität Basel. «Die Entwicklung eines Medikaments kostet rund 3 Milliarden US-Dollar. Das muss jemand bezahlen», sagt er.

Will man die Medikamentenpreise an das Volkseinkommen knüpfen, «wären dafür internationale Vereinbarungen wie beim CO₂-Ausstoss hilfreich, bei dem reiche Länder ebenfalls mehr machen müssen». Felder stellt jedoch infrage, dass die Preise in der Schweiz generell zu tief sind. «Generika beispielsweise sind in der Schweiz viel teurer als im Ausland. Hier spielt der Wettbewerb überhaupt nicht.»

Kritik an Transparenz der Preise

Die Pharmabranche macht zudem ein grosses Geheimnis um die Medikamentenpreise. Die Schweizer Behörden einigen sich mit den Firmen in der Hoffnung auf einen guten Deal auf hohe Schaufensterpreise, mit denen die Unternehmen in anderen Ländern hohe Preise durchsetzen wollen. «Ohne globale Preistransparenz ergibt eine solche Diskussion über eine höhere Beteiligung von reicheren Ländern keinen Sinn», sagt Mathias Früh (47). Er leitet bei der Helsana die Abteilung Gesundheitspolitik.

Die Medikamentenkosten in der Schweiz sind in den letzten zehn Jahren um mehr als 50 Prozent gestiegen. «Bei neuen Produkten haben sich die Preise innert weniger Jahre fast verdoppelt», weiss Früh.

Die Krankenkasse Helsana erstellt gemeinsam mit der Universität Basel jährlich einen Arzneimittelreport: Gemäss diesem basierten 2022 von 45 neu zugelassenen Wirkstoffen bloss vier auf einem neuen Wirkmechanismus. Die Forderungen nach Anpassungen bei der Vergütung werden lauter: «Pseudoinnovationen dürfen nicht zu höheren Kosten führen», sagt Früh.

Der grosse US-Konzern Pfizer hat mit Trump einen Deal für tiefere Medikamentenpreise eingefädelt. Dieser sieht vor allem Vergünstigungen für einkommensschwache Personen vor – und ist damit deutlich weniger schlimm, als in der Branche befürchtet wurde. In der Schweiz darf man hoffen, dass dieser Deal die Pharmakonzerne milde stimmt.

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