Darum gehts
- Bauern sitzen auf einer zu hohen Kartoffelernte und müssen diese teilweise vernichten
- Auch Schweizer Landwirte ernten dieses deutlich mehr als im Durchschnitt
- Überangebot führt zu Preis-Crash und platzenden Lagern
Der deutsche Landwirt Christian Schridde (42) ist frustriert. Der Grund: Er hat zu viele Kartoffeln. 400 Tonnen der goldenen Knollen musste der Bauer aus Niedersachsen dieses Jahr in die Biogasanlage geben, wie er gegenüber der «Bild» beklagt.
Sein Ärger scheint auf den ersten Blick verwunderlich, sind exorbitant hohe Ernten doch eigentlich der Traum eines jeden Bauernhofbetriebs. Für Schridde wurde die diesjährige Kartoffelernte aber zum Alptraum: «Mir blutet das Herz», sagt er der Zeitung. «Wir bauen Lebensmittel an – und am Ende vernichten wir sie.»
Gleich tönt es von Landwirt Hagen Meyer (28) aus Eddesse. Dieser musste bereits rund zehn Prozent seiner Härdöpfelernte vernichten, weitere fünf Prozent liegen noch im Boden und können wohl nicht mehr verkauft werden.
Biogasanlage ist wirtschaftliche Notmassnahme
Die diesjährige Rekordernte führte bei unseren Nachbarn im Norden zu einem massiven Überangebot: Rund 13,4 Millionen Tonnen wurden laut dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat geerntet – zwei Millionen Tonnen mehr als im Durchschnitt. Schridde allein erntete dieses Jahr über 2000 Tonnen Kartoffeln.
Auch der Deutsche Bauernverband spricht von einer «massiven Marktüberversorgung». «Die Verwertung in Biogasanlagen ist nicht unser Wunsch», so der Verband zur «Bild». In Einzelfällen sei dies aber eine Notmassnahme, wenn hochwertige Lebensmittel keinen Markt finden und sonst auf dem Feld verrotten würden.
Schweizer Bio-Bauern ernten dieses Jahr 35 Prozent mehr
Auch bei Schweizer Bauern gibts dieses Jahr wohl eine Härdöpfel-Rekordernte: Der Schweizer Bauernverband rechnet in einer Schätzung vom August mit Erträgen von 450'000 Tonnen. Wie hoch die Ernte 2025 tatsächlich ausfallen wird, ist noch nicht bekannt. Aber im Vergleich zu den Durchschnittswerten von 2019 bis 2024 würde dieser Gewinn im regulären Anbau 17 Prozent und im Bioanbau sogar 35 Prozent höher liegen.
«Grundsätzlich werden die überschüssigen Kartoffeln eingelagert», sagt eine Sprecherin vom Bauernverband zu Blick. Und wenn nicht alle Kartoffeln an den Mann oder die Frau gebracht werden können, komme der Rest in die Tierfütterung. «Schlussendlich entsteht daraus dann vor allem Fleisch», so die Sprecherin. Und fügt an: «Das ist zwar unbestritten weniger effizient, als wenn man sie direkt verzehren würde, aber sie werden immerhin nicht weggeschmissen.»
Schweizer essen weniger Härdöpfel
In Deutschland wurden laut einem Bericht der «Welt» dieses Jahr etwa drei Millionen Tonnen mehr Kartoffeln produziert, als eigentlich benötigt. Viele Landwirte sind demnach in den letzten Jahren wegen günstigen Marktbedingungen auf den Kartoffelanbau umgestiegen. Jetzt stehen sie vor überfüllten Lagern und leiden unter dem Preiszerfall.
Hinzu kommt, dass der Kartoffelkonsum in Deutschland rückläufig ist. Auch die Schweizer essen gemäss Bauernverband stets weniger Kartoffeln. Die Sprecherin findet gegenüber Blick darum klare Worte: «Die Devise lautet jetzt: Kartoffeln essen! Das ist ja gar nicht so schwierig, gibt es doch zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten – von Pommes bis Suppe.»