Darum gehts
- Mit der Planung 10 bis 15 Jahre vor dem gewünschten Rentenalter beginnen
- Es sind 70 bis 80 Prozent des letzten Nettolohns erforderlich, um den Lebensstandard zu halten
- Die AHV-Kürzung entspricht 6,8 Prozent pro Jahr
Die Frühpensionierung tönt verlockend. Wer würde schon nicht gerne ein paar zusätzliche Jahre ohne Arbeit geniessen? Wer davon träumt, die Arbeitshosen früher an den Nagel zu hängen, sollte aber nicht nur ans Reisen, Gärtnern oder Ausschlafen denken – sondern vor allem ans Portemonnaie.
Das wirft viele Fragen auf. Blick beantwortet die wichtigsten mit Andreas Habegger (54), Leiter Finanzplanung und Vorsorge bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), und mit Pro Senectute.
Wann sollte ich mit der Planung beginnen?
Eines ist klar: Eine frühzeitige Pensionierung ist teuer. «Daher muss sie mit dem nötigen Vorlauf geplant werden», erklärt Vorsorgeexperte Habegger.
Pro Senectute empfiehlt, idealerweise 10 bis 15 Jahre vor dem gewünschten Rentenalter zu beginnen. «Spätestens fünf Jahre vor dem Austritt empfiehlt es sich, konkrete Szenarien durchzuspielen», teilt Sprecher Peter Burri mit. Je früher die Auseinandersetzung erfolgt, desto grösser ist der Gestaltungsspielraum.
Ein wie grosses Budget brauche ich noch?
Wohl am zentralsten für die Planung ist das Budget. Der Lebensstil ändert sich in der Pension um 180 Grad. Wie viel Geld brauche ich dann noch? «Allgemein ist das Ausgabenbudget sehr individuell», meint Habegger. «Wer seine Aufwände bereits in der Erwerbszeit kennt, kann besser abschätzen, was sich nach dem Berufsleben verändern könnte.»
«Kosten für die Fahrt zum Arbeitsplatz oder Auslagen für die auswärtige Mittagsverpflegung fallen weg», so der ZKB-Experte. «Dafür könnten sich die finanziellen Aufwände für Reisen oder allgemein für die Freizeit erhöhen.» Hinzu kommen Gesundheitskosten, welche im Alter tendenziell nicht kleiner werden.
Pro-Senectute-Sprecher Burri liefert dazu eine Faustregel. So sind grundsätzlich 70 bis 80 Prozent des letzten Nettolohns erforderlich, um den gewohnten Lebensstandard zu halten.
Wie viel kostet mich eine Frühpensionierung?
«Aus finanzieller Sicht gilt es Entscheidungen zu treffen, die sich auf den Rest des Lebens auswirken», erklärt Andreas Habegger von der ZKB. Darum wenig überraschend: «Dafür gibt es kein Patentrezept.» Die Kosten sowie die Vor- und Nachteile ergeben sich aus der individuellen Situation.
Die Finanzberatung VZ Vermögenszentrum liefert in einem Ratgeber eine Beispielrechnung. Im Fokus steht ein alleinstehender Mann mit einem Nettolohn von 90’000 Franken. Die Kosten bei einer frühzeitigen Pensionierung mit 64 Jahren betragen 92’000 Franken, mit 62 Jahren 274’000 und mit 60 Jahren 447’800 Franken.
Innerhalb der ersten drei Jahre ist der Aufwand also etwa so gross wie der Wegfall des Lohnes. Aber wie gesagt: Veränderte persönliche Faktoren beeinflussen diese Rechnung.
Wie viel kleiner wird meine Rente?
Wer die Gelder aus der AHV vorbeziehen will, nimmt eine Kürzung der Rente in Kauf. «Die AHV-Altersrente kann maximal zwei Jahre vor Erreichen des Referenzalters ganz oder teilweise vorbezogen werden», sagt Habegger. Die Kürzung entspricht gemäss dem ZKB-Experten 6,8 Prozent pro Jahr.
Achtung: Der Vorbezug der AHV-Rente hebt die Beitragspflicht in der ersten Säule nicht auf. Heisst, wer sich frühzeitig pensionieren lässt, muss die AHV-Beiträge trotzdem bezahlen, bis er das Referenzalter erreicht hat. Die Abgaben berechnen sich auf Basis des Renteneinkommens und des Vermögens.
Auch die Rente aus der Pensionskasse wird bei einer Frühpensionierung kleiner. «Als Richtwert kann man sich hier an einem Betrag von 6,5 bis 7 Prozent pro Vorbezugsjahr orientieren», so der Experte.
Was muss ich beim PK- und Säule-3a-Bezug beachten?
Viele Schweizerinnen und Schweizer sparen mit der dritten Säule. Viele denken aber nicht daran, dass beim Bezug der privaten Vorsorge und der Pensionskasse Steuern fällig werden – nämlich die Kapitalleistungssteuer. Diese ist in der Regel tiefer als die Einkommenssteuer. «Sie ist aber je nach Kanton und Gemeinde sehr unterschiedlich», so Habegger. «Bei einer Auszahlung von 500’000 Franken liegt sie zwischen 4,6 Prozent in der günstigsten und gut 10 Prozent in der teuersten Gemeinde.»
Zudem unterliegt die Steuer in den meisten Kantonen einer Progression. Das heisst: Je mehr Geld angehende Rentner in einem Jahr aus der dritten Säule und der Pensionskasse beziehen, desto höher ist der Steuersatz. Baldige Pensionäre können ihre Vorsorgegelder aber über mehrere Jahre verteilt auflösen, sofern sie mehrere Säule-3a-Konti besitzen. Dafür hat Blick für dich hier eine Übersicht zusammengestellt.
Ist eine Teilpensionierung eine Lösung?
Die Teilpensionierung ist eine Zwischenlösung. Hier wird das Arbeitspensum nicht ganz aufgegeben, sondern reduziert. «Der Bezug der Altersleistungen aus der Pensionskasse erfolgt entsprechend dieser Reduktion», erklärt Andreas Habegger. «Im Gegensatz zur Frühpensionierung in einem Schritt ist sie deutlich günstiger.»
Der Rückzug aus dem Büezerleben erfolgt nicht ganz so abrupt. Das kann auch neben den Finanzen Vorteile haben, wie Pro Senectute unterstreicht. «Es bleibt die Möglichkeit, soziale Kontakte im Berufsumfeld zu pflegen und gleichzeitig mehr Freizeit zu gewinnen.» Auch hier ist eine gute Planung der Schlüssel zum Erfolg.