Darum gehts
- Preiskampf im Schweizer Detailhandel nun auch an den Bahnhöfen
- Coop pusht Prix-Garantie-Linie, Migros setzt auf gelbe Tiefpreis-Schilder
- Migros senkte Preise für tausend Alltagsprodukte, Nachfrage stieg um 10 Prozent
Das Duell ums Brot war erst der Anfang: Vor wenigen Wochen kämpften die Discounter in der Schweiz darum, wer das günstigste Brot verkauft. Aldi und Lidl senkten die Latte auf rekordtiefe 99 Rappen für ein halbes Kilo Halbweiss- oder Ruchbrot. Bei Denner zahlt die Kundschaft einen Franken. Doch an der Preisfront geht es um deutlich mehr als um Brotkrumen. «Wir erleben im Detailhandel derzeit einen klassischen Preiskampf», sagt Detailhandelsexperte Jörg Staudacher (49).
Das jüngste Beispiel: Coop pusht seit mehreren Wochen seine Prix-Garantie-Linie an zentralen Lagen wie Bahnhöfen, wie eine Ortsschau in mehreren Filialen zeigt. Vor wenigen Monaten suchte man die auffälligen pinkweissen Verpackungen der Coop-Billiglinie hier noch mehrheitlich vergebens. Nun die Kehrtwende: «Das liegt daran, dass Lidl und Aldi immer stärker in die Zentren vorrücken», so Staudacher.
Kundschaft schaut vermehrt auf Preis
Bei den Kundinnen und Kunden rückt der Preis immer stärker in den Fokus, wie eine repräsentative Umfrage des Beratungsunternehmens AlixPartners jüngst ergeben hat. Grosse Budgetposten in den Haushalten wie Krankenkassen oder Mieten kennen seit Jahren nur einen Weg: nach oben. «Die Mieten steigen teilweise exorbitant und deutlich stärker als die Einkommen», sagt Staudacher. «Da braucht es wenig, dass ein Haushalt gezwungen ist, sein Einkaufsverhalten anzupassen.» Auch die vielen Pendlerinnen und Pendler an den Bahnhöfen schauen stärker auf den Preis, wie die Prix-Garantie-Offensive von Coop zeigt.
Die Detailhändler ringen um Kunden und Marktanteile: Wer durch eine Migros-Filiale läuft, sieht inzwischen überall gelbe Tiefpreis-Schilder. Vor gut einem Jahr hat die Migros angekündigt, die Preise für tausend Alltagsprodukte auf Discount-Niveau zu senken. Diese Zahl habe man im Mai erreicht, sagt der orange Riese auf Anfrage. «Die Nachfrage nach Tiefpreis-Linien, beispielsweise bei Gemüse und Früchten, ist bereits um knapp 10 Prozent gestiegen», so eine Mediensprecherin.
Experte sieht Gefahr für Detailhändler
Auch Lidl setzt auf eine Preisoffensive: «Die Nachfrage nach besonders preisgünstigen Produkten hat deutlich zugenommen», schreibt eine Sprecherin. Seit Jahresbeginn hat der Discounter nach eigenen Angaben die Preise von über tausend Produkten dauerhaft gesenkt. Bei Migros-Tochter Denner spürt man ebenfalls, dass die günstigen Eigenmarkenprodukte «noch stärker nachgefragt werden».
Discounter Aldi zeigt sich auf Anfrage selbstbewusst: «Eine Tiefpreis-Linie führen wir nicht, denn wir bieten über das ganze Sortiment hinweg die günstigsten Preise der Schweiz.»
Coop äussert sich zur Prix-Garantie-Offensive nur allgemein: Man richtet sich grundsätzlich nach dem Einkaufsverhalten und den Bedürfnissen der Kundschaft. Prix-Garantie-Produkte seien «sehr beliebt und verzeichnen eine entsprechende Nachfrage». Deshalb habe man das Angebot in den letzten Jahren kontinuierlich auf 1500 Produkte ausgebaut.
Auch in den Werbungen sind die Tiefstpreise inzwischen omnipräsent. Staudacher sieht das kritisch: «Stellt man den Preis zu sehr in den Fokus, erzieht man die Kundschaft, noch stärker darauf zu achten. Und davon profitieren am Ende die Discounter.»