Lidl-Chef Nicholas Pennanen über Tiefpreise, Konkurrenz und Ladenklau
«Wir haben nur eine einzige Schwäche»

Der Discounter Lidl liefert sich einen harten Preiskampf mit den Konkurrenten. Am Schluss soll der Konsument davon profitieren, ohne Minderqualität kaufen zu müssen, sagt Länderchef Nicholas Pennanen. Wie das gehen soll, und wo im Land weiter expandiert wird.
Publiziert: 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: vor 40 Minuten
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/12
Das erste Mal zu Besuch im Blick-Newsroom: Lidl-Schweiz-Chef Nicholas Pennanen (l.) und Wirtschaftschef Ulrich Rotzinger.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

  • Lidl-Schweiz-Chef Nicholas Pennanen will Kunden den günstigsten Warenkorb bieten
  • Discounter plant Expansionsoffensive, nächstes Jahr eröffnen bis zu 15 Filialen
  • 300 Filialen bis in zehn Jahren, 2000 neue Stellen in der Schweiz
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Mit seinen Discount-Filialen will Lidl «noch näher» an die Bevölkerung heran. Da kennt Nicholas Pennanen (40), Chef von Lidl Schweiz, auch bei sich keine Berührungsängste. Statt mit dem eigenen Auto gehts mit Blick im Tram 2 zur Lidl-Filiale im Zürcher Kreis 4. Während Pennanen erklärt, wie er Schweizer Herzen erobern will, strömen Pendler mit vollen Einkaufstaschen ein und aus. Es ruckelt während der Fahrt, was den Fotografen fordert. Pennanen, der sich am Vortag beim Firmenfussball einen Bänderriss am Knöchel zugezogen hatte, scheint das Gedränge dagegen nichts auszumachen.

BLICK: Sie werben mit den billigsten Bananen in der Schweiz. Fällt Ihnen nichts Besseres mehr ein, um das Volk in Ihre Läden zu locken?
Nicholas Pennanen:(Lacht.) Was ist daran so abwegig? Bananen gehören zu den täglich meistverkauften Lebensmitteln im Detailhandel. Wir haben in den letzten Wochen auch bei anderen Produkten wie Pasta die Preise gesenkt. Damit entlasten wir die Haushaltskasse unserer Kundinnen und Kunden, die aufgrund steigender Krankenkassenprämien und Mieten stark auf den Preis schauen müssen. 

Auch bei Fleisch und zuletzt Brot soll niemand günstiger sein als Lidl. Tiefstpreise um jeden Preis?
Die Preissenkungen bei Fleisch und Brot sind unsere Reaktion auf das, was auf dem Markt gerade passiert. Da wir unseren Kunden versprochen haben, stets den günstigsten Warenkorb anzubieten, müssen wir da mitzuziehen.

Kundinnen könnten das Gefühl bekommen, die Preissenkungen seien nur durch minderwertige Ware möglich ...
... Was aber nicht der Fall ist. Wir gehen beim Preis runter, halten aber die Qualität hoch.

Wie finanzieren Sie diese Preissenkungen?
Wir sparen dafür nicht in den Läden oder bei der Produktqualität, sondern prüfen vorgelagerte Prozesse wie etwa die Verwaltung und Logistik auf Effizienz. Und bevor Sie mit den Lieferanten kommen: Die Bauern bekommen deswegen nicht weniger Geld von uns. Wie beim Fleisch nehmen wir kleinere Margen in Kauf und federn die Preissenkungen über das Gesamtsortiment ab.

Wie fair geht Lidl mit seinen Lieferanten um?
Uns wurde eben von einer neutralen Lieferantenbefragung bestätigt, dass wir sehr fair mit Lieferanten umgehen und diese besonders unsere langfristigen Beziehungen und Einhaltung von Absprachen schätzen. Auch im Austausch mit den Lieferanten erfahren wir nichts Gegenteiliges. 

Billigbrot, Billigbananen, Billigfleisch und das ganze Non-Food-Geschäft mit der Aktionsware – das ist doch nicht ökologisch!
Mir ist wichtig, dass wir als Discounter schonend mit Ressourcen umgehen. So bekämpfen wir Foodwaste – unter anderem mit unseren «Rettersäckli» in den Filialen und Lebensmittelabgaben an soziale Einrichtungen. Mir ist aber bewusst, dass durch solche Preissenkungen in sensiblen Warengruppen die Preise auf lange Sicht unter Druck geraten.

Was auffällt: Sie haben derzeit rund 60 Filialen weniger als Aldi, machen laut Marktforschern von Nielsen aber mehr Umsatz als Ihr Konkurrent. Wie ist das möglich?
Unsere Filialen performen offenbar deutlich besser. Wir machen einen guten Job bei der Auswahl der Filial-Standorte, die leicht erreichbar sind und genügend Parkplätze haben. 60 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer kaufen bereits bei uns ein. Da geht aber noch mehr!

Warum veröffentlichen Sie keine Geschäftszahlen?
Wir sind dazu nicht verpflichtet. Was ich sagen kann: Über 60 unserer Filialen haben in diesem Geschäftsjahr einen Rekordumsatz erzielt, insgesamt wächst Lidl Schweiz beim Umsatz prozentual zweistellig. Im laufenden Jahr ist das nicht anders. 

Müssen Sie den ganzen Gewinn an die Lidl-Eigentümer nach Deutschland abliefern?
Wir haben seit Markteintritt über zwei Milliarden Franken in der Schweiz investiert. Der Grossteil des Gewinns bleibt in der Schweiz und wird reinvestiert. Wie bei anderen Unternehmen auch, erhält der Eigentümer eine Ausschüttung für seine Investitionen. 

Philippe Rossier
Persönlich: Nicholas Pennanen

Sein ganzes Berufsleben verbrachte er beim Discounter Lidl, der zur deutschen Schwarz-Gruppe gehört. Seit September 2023 ist Nicholas Pennanen (40) offiziell Länderchef in der Schweiz. Der Discounter hat rund 5000 Angestellte in der Schweiz und betreibt 190 Filialen im ganzen Land. Der Deutsch-Finne lebt in Weinfelden TG, wo das Unternehmen auch den Hauptsitz und ein Verteilzentrum hat. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, eine Tochter (3) und einen Sohn (6). In seiner Freizeit spielt Pennanen leidenschaftlich Fussball in einem Firmenteam und Padel.

Philippe Rossier

Sein ganzes Berufsleben verbrachte er beim Discounter Lidl, der zur deutschen Schwarz-Gruppe gehört. Seit September 2023 ist Nicholas Pennanen (40) offiziell Länderchef in der Schweiz. Der Discounter hat rund 5000 Angestellte in der Schweiz und betreibt 190 Filialen im ganzen Land. Der Deutsch-Finne lebt in Weinfelden TG, wo das Unternehmen auch den Hauptsitz und ein Verteilzentrum hat. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, eine Tochter (3) und einen Sohn (6). In seiner Freizeit spielt Pennanen leidenschaftlich Fussball in einem Firmenteam und Padel.

Sie waren finnischer Länderchef. Welches Bild haben Sie von den Schweizer Konsumenten?
Der Schweizer Konsument ist preissensibler geworden. Aktionen sind gefragter denn je. Die Kunden greifen auch vermehrt zu XXL- oder Familienpackungen, wo sie einen Preisvorteil haben. Gleichzeitig wird in der Schweiz im Gegensatz zu Finnland, wo ich herkomme, nochmals viel mehr Wert auf Qualität und Regionalität der Produkte und auf das Erlebnis beim Einkaufen gelegt. Darum läuft die im Frühjahr lancierte «Qualité Suisse»-Linie bereits besser als der Rest des Sortiments.

Gehören die Automatenkassen auch zum Erlebnis beim Einkaufen?
Die Kunden nehmen das Angebot gerne an. Ende Februar 2026 wird es in jedem Lidl in der Schweiz Self-Check-out-Kassen haben. Damit sie in die Filialen passen, müssen wir einen Teil der bedienten, klassischen Kassen abbauen. Es gibt aber weiterhin auch die Möglichkeit, den Einkauf an der konventionellen Kasse zu erledigen, und Mitarbeitende übernehmen andere Aufgaben.

Was ist mit Selfscanning während des Einkaufs?
Aktuell sind wir dabei, weitere Bedürfnisse zu testen. Zum Beispiel Selfscanning während des Einkaufs, was bei Grossverteilern schon möglich ist. Was der Kunde auch verlangt, wir werden es anbieten. 

Haben Sie keine Angst, dass dann mehr gestohlen wird?
Diebstahl in Läden gab es schon immer, ob mit oder ohne Automatenkassen. Wir bringen uns auch bei den Self-Check-outs gerade mit KI-Kameras und sonstiger Technik auf den neusten Stand. Wir versuchen natürlich, so günstige Preise anzubieten, dass Diebstahl gar nicht notwendig ist. (Lacht.)

Apropos stehlen: Haben Sie keine Sorge, dass die China-Händler Temu und Alibaba Ihnen Umsätze wegschnappen?
Diese Händler spüren wir bei unserem Non-Food-Geschäft nicht. Wir hatten eben Skibekleidung für Kinder in Aktion. Die lief hervorragend und sprengte alle Rekorde. Auch die Heimwerkerartikel verkaufen sich gut.

Der Billiganbieter Action eröffnet Filiale um Filiale und hat auch Getränke und Snacks in den Regalen. Eine wachsende Konkurrenz?
Im Gegenteil. Dort, wo der niederländische Anbieter Läden eröffnet, legen die nahe gelegenen Lidl-Filialen beim Umsatz zu. Die Konkurrenz bringt uns folglich neue Kundschaft in die Filialen und gibt uns weiteren Schub. Auch der Schweiz tut dieser Anbieter gut, weil er den Wettbewerb fördert. 

Eröffnen Sie ebenfalls neue Standorte?
Wir haben soeben die 190. Filiale eröffnet. Bis Ende Jahr kommen drei weitere dazu. Eine überdurchschnittlich grosse Filiale geht Anfang 2026 in der Freihofstrasse in Zürich auf. Wir planen mittelfristig mit zehn bis 15 Eröffnungen pro Jahr. Der Fokus liegt auf Städten wie Zürich, Bern und der Romandie. 

Bei welcher Anzahl von Filialen sagen Sie: Jetzt ist es genug?
Unsere einzige Schwäche ist, dass wir noch nicht nahe genug bei den Kunden sind. Darum halten wir das Expansionstempo hoch. Wir bekommen auch sehr viele Angebote. Sogar Gemeinden melden sich bei uns und verlangen, dass wir zu ihnen kommen. Unsere Zielgrösse ist ein Netz von rund 300 Filialen schweizweit, das wir in den nächsten sieben bis zehn Jahren erreichen dürften. Dadurch wächst die Zahl der Mitarbeitenden von aktuell 5000 auf gut 7000 Beschäftigte. Wir planen auch noch ein weiteres Verteilzentrum, wofür wir Personal einstellen.

Doch ohne drittes Verteilzentrum schaffen Sie die 300 Filialen nicht!
Wir brauchen für die Expansion tatsächlich das dritte Verteilzentrum in Roggwil BE nach Sévaz FR und Weinfelden TG. Wegen Einsprachen in der Region läuft ein Verfahren vor dem Bundesgericht, zu dem ich deswegen nichts sagen kann. Wir sind guten Mutes, aber bis wir in Roggwil dann bauen können, wird es noch ein paar Jahre dauern. Darum planen wir am Standort Derendingen/Subingen SO zusätzlich mit einem kleineren regionalen Verteilzentrum.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Externe Inhalte
      Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
      Meistgelesen