Darum gehts
- Trumps Zölle bedrohen Schweizer Wirtschaft und erschüttern Selbstverständnis
- The Guardian sieht Schweiz in Identitätskrise und näher an EU rücken
- Über 750 Kommentare zum Guardian-Artikel, meist kritisch gegenüber der Schweiz
Swatch-Chef Nick Hayek (70) ist dieser Tage in grosser Sorge. Er sieht wegen Donald Trumps (79) Zollhammer gegen die Schweiz unsere Wirtschaft in Gefahr. Und fordert den Bundesrat im Blick auf, in die Offensive zu gehen. Konkret: «Die Schweiz soll eine Exportsteuer auf Goldbarren von 39 Prozent für die USA erlassen.» Das würde den US-Präsidenten richtig schmerzen, weil er auf die Goldlieferungen aus der Schweiz angewiesen ist.
Hayek ist nicht alleine. Sogar die Briten sehen unseren Wohlstand in Gefahr! Die angesehene Zeitung «The Guardian» publizierte einen Artikel mit dem Titel: «Die Schweizer lebten jahrelang in vornehmer Isolation. Trumps Zölle haben diese Selbstzufriedenheit abrupt zerstört.»
Müssen wir uns wirklich der EU annähern?
Die britische Zeitung zeichnet ein Bild der Schweiz als wohlhabendes, abgeschottetes Land, das sich jahrzehntelang in sicherer Distanz zu globalen Krisen wähnte – geschützt durch Neutralität, wirtschaftliche Stärke und politische Stabilität. Diese «vornehme Isolation» habe der Schweiz ermöglicht, vom freien Welthandel zu profitieren – ohne die geopolitischen Lasten zu tragen. Trumps Zollhammer habe dieses Selbstverständnis abrupt erschüttert und ein Land in eine «Identitätskrise» gestürzt, das es gewohnt war, immer seinen Willen zu bekommen.
Die wirtschaftliche Bedrohung ist real, bilanziert «The Guardian», weil die USA die wichtigste Exportnation der Schweiz ist. Doch noch grösser sei der psychologische Schock: Bern habe kaum Druckmittel, um Washington entgegenzutreten, und stehe im Vergleich zur EU sogar schlechter da. Dabei kommt «The Guardian» zum Schluss: «Die vom US-Präsidenten ausgelösten Schockwellen könnten die Schweiz näher an die EU heranführen.» Der «Mythos der Schweizer Sonderstellung» sei durch Trump infrage gestellt worden.
Guardian-Leser rechnen mit der Schweiz ab
Bemerkenswert: Der Autor Joseph de Weck ist auch Schweizer Staatsbürger und arbeitet als Politikwissenschaftler in Paris. Er schrieb schon in der Vergangenheit wiederholt in internationalen Medien über die Schweiz.
Der Artikel in der britischen Tageszeitung löste viele Reaktionen aus. Bis am Donnerstagnachmittag sind online bereits über 750 Kommentare eingegangen. Die meisten sind der Schweiz nicht sonderlich positiv gesinnt. «Ich glaube, ganz Europa beginnt zu begreifen, dass man nicht mehr alles haben kann. Die Schweizer sind leider Opfer ihres eigenen Erfolgs», heisst es. Und: «Wer hätte das gedacht? Offenbar alle ausser den Schweizern.» Oder: «Die Schweizer machen viel Lärm um ihre Neutralität. Aber nachdem ich oft dort war, ist mir klar geworden, dass sie überhaupt nicht neutral sind. Sie sind fest mit dem Geld verbündet.»