Turnier-Boss Brennwald vor Swiss Indoors
Alcaraz kommt nicht nach Basel – aber es gibt einen Deal

Roger Brennwald, Gründer und Präsident der Swiss Indoors Basel, spricht eine Woche vor Turnierstart über Spieler, die seine Söhne sein könnten, Saudi-Millionen und den Mitstreiter aus Wien, der mit Jannik Sinner auftrumpft.
Publiziert: 00:53 Uhr
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Roger Brennwald strahlt vor Turnierstart viel Positivität aus – und verteidigt das Basler Teilnehmerfeld.
Foto: Swiss Indoors / Markus Peter

Darum gehts

  • Swiss Indoors Basel: Umbruch nach Federers Rücktritt – starke Wiener Konkurrenz
  • Brennwald setzt auf NextGen-Strategie für zukünftige Champions
  • Turnier verteilt Gagen auf zehn Spieler statt wie früher auf fünf
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marco PescioReporter Sport

Roger Brennwald (79) lebt nach dem Leitsatz: «Alles ist schwierig, bevor es einfach wird.» In den letzten Jahren musste der Präsident der Swiss Indoors Basel den Umbruch nach dem Rücktritt des zehnfachen Heimsiegers Roger Federer (44) moderieren. Gleichzeitig schlägt er sich Jahr für Jahr mit der Konkurrenz des gleichzeitig stattfindenden Turniers in Wien herum. Die Österreicher haben heuer mit Jannik Sinner (24) im Gegensatz zu Basel einen der beiden Superstars verpflichten können. Carlos Alcaraz (22) spielt in der Woche vom 20. bis 26. Oktober nirgends. Dafür tritt er (wie Sinner) direkt davor beim Six-Kings-Slam-Showturnier in Saudi-Arabien an, wo die Antrittsgage dreimal so hoch ist wie der Siegercheck in Basel. Satte 1,5 Millionen US-Dollar.

Doch den Mann, der 1970 das Turnier gründete, bringt nichts so schnell aus der Fassung. Zu viel hat Brennwald in all den Jahren gesehen. Und zu viel Erfahrung und positives Denken steckt im Basler, der einst allen Zweiflern trotzte – und mit seinem Turnier, das anfänglich in einer Muttenzer Traglufthalle durchgeführt wurde, zum drittgrössten Hallenturnier der Welt avancierte.

Brennwald verteidigt Basler Feld

Dass Wien mit Sinner und anderen Namen wie Zverev (28), Medwedew (29) oder de Minaur (26) wirbt, habe ihm keine schlaflosen Nächte bereitet: «Ganz im Gegenteil.» Er findet: «Insgesamt gesehen haben wir das bessere, vor allen Dingen das attraktivere Teilnehmerfeld als Wien. Und apropos Sinner: Er fühlt sich Wien näher, weil er dort schon einmal im Jahr 2023 gewonnen hat. Ausserdem sind wir es uns gewohnt, mit der Konkurrenz zu leben.»

Natürlich: Ein Alcaraz wäre in Basel mit Handkuss empfangen worden, zumal er hier vor drei Jahren schon einmal aufschlug. In diesem Jahr setzt der sechsfache Grand-Slam-Champion seine Prioritäten jedoch anders. Erst die Saudi-Sause, danach Pause, dann das letzte Masters der Saison in Paris und zuletzt die ATP-Finals in Turin. Brennwald lässt allerdings durchblicken, dass zwischen ihm und Alcaraz ein «Gentleman’s Agreement» bestünde, das beinhalte: Sollte der Spanier jemals wieder in der entsprechenden Turnierwoche spielen, dann in Basel.

Dass Saudi-Arabien mit dem Six-Kings-Slam den Swiss Indoors einen Millionen-Event vor die Nase gestellt hat, will er nicht gross kommentieren: «Darauf, ob dies nun direkt oder indirekt auf uns Einfluss hat, möchte ich gar nicht erst eingehen. Sinner spielt ja auch erst dort – und dann in Wien. Es wäre also eine billige Entschuldigung.»

Saudi-Turnier? «Macht wenig Sinn, sich in regulären Wettbewerb einzumischen»

Wer Brennwald kennt, weiss aber: Ein Freund von Exhibitions wird er in diesem Leben nicht mehr. Seine Grundsatzmeinung: «Praktisch in jeder Sportart gibt es geordnete Meisterschaften und keine freie Wildbahn. Demzufolge macht es sportlich gesehen wenig Sinn, sich in den regulären Wettbewerb einzumischen, umso mehr die Spieler heute schon mit einem viel zu vollen Turnierkalender konfrontiert sind.»

Brennwald verfolgt mit den Swiss Indoors eine eigene Strategie. Er setzt seit Jahren auf die NextGen. Also auf Spieler, die einst gross (oder noch grösser) herauskommen könnten. Oder wie es Brennwald ausdrückt: «Die Jungstars von heute sind die Champions von morgen.» Nebst den gestandenen Topspielern wie Taylor Fritz (27), Casper Ruud (26), Félix Auger-Aliassime (25) und auch Wildcard-Inhaber Stan Wawrinka (40) hat das Turnier enormes Youngster-Potenzial versammelt: Neben Holger Rune (22), Ben Shelton (22) und Arthur Fils (21) wäre da etwa auch Jakub Mensik (20), der im Frühjahr nach einem Finalsieg über Novak Djokovic (38) das Masters in Miami gewann. Oder der nicht nur wegen seines jesusähnlichen Aussehens als nächster Tennis-Messias gepriesene João Fonseca (19), den sich auch die Schweizer Laufschuh- und Bekleidungsmarke On nicht als Botschafter entgehen lassen wollte. Eine weitere Schweizer Wildcard geht überdies an den Junioren-Australian-Open-Sieger Henry Bernet (18).

Swiss-Indoors-Chef Brennwald über den perfekten Spieler
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Mit Federer, Borg und Nadal:Swiss-Indoors-Chef Brennwald über den perfekten Spieler

Borg fragte: «Wo ist Basel?»

Brennwald erachtet seinen Weg als «Investition für die Zukunft». Heisst: Reift einer in den nächsten Jahren zum Topstar und schliesst womöglich gar zu Sinner und Alcaraz auf, weiss er schon einmal, wo Basel liegt. Nicht so wie die frühere Weltnummer 1 Björn Borg (69), von dem Brennwald gerne die Anekdote einer Begegnung in den Katakomben von Roland Garros erzählt: «Ich fragte ihn, was ich tun müsse, damit er in Basel spiele. Und er meinte nur: ‹Wo ist Basel?›»

Nun, das war in den 70er Jahren, und die Swiss Indoors steckten noch in den Kinderschuhen. Borg kam daraufhin tatsächlich ans Rheinknie, wie alle ehemaligen Weltranglistenersten seit Turnierbeginn, ausser John Newcombe (81) und … Sinner. Wobei Brennwald beim Südtiroler die Hoffnung noch lange nicht aufgegeben hat, zumal dieser ja auch erst 24 ist.

Geld auf mehr Spieler verteilt

Nach Jahren, in denen Federer das grosse Aushängeschild war, geht Brennwald in der neuen Nachwuchs-Strategie regelrecht auf. Statt wie früher auf fünf, verteilte er die Gagen in diesem Jahr auf zehn Spieler, um ein möglichst breites, schlagkräftiges Feld zu haben. Und er betont: «Mir ist es wichtig, Spielerverpflichtungen vorzunehmen, bei denen es nicht allein um den Namen und das Ranking geht, sondern auch um die Persönlichkeit und das Gesamtpaket.» Scherzend ergänzt er: «Arthur Fils ist ein super Typ. Er könnte wie viele andere aus dieser Generation mein «Fils» (zu deutsch: Sohn, d. Red.) sein.» 

Brennwald ist überzeugt davon, dass sich der Basler Weg bezahlt macht. Denn er weiss nach all den Jahren nur zu gut: Bevor es einfach wird, ist alles schwierig.

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