Bublik emotional nach Standing Ovation
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«Bester Moment meines Lebens»:Bublik emotional nach Standing Ovation

Chaot, Rüpel, Lebenskünstler
Bei Paris-Überraschung Bublik ist Wahnsinn Programm

Er schläft lieber aus, macht mal einen drauf in Las Vegas, greift Rafael Nadal verbal an und sagte einst, er spiele eigentlich nur wegen des Geldes. Alexander Bublik sticht an den French Open nicht nur wegen seines sensationellen Viertelfinaleinzugs heraus.
Publiziert: 03.06.2025 um 12:55 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2025 um 20:07 Uhr
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Alexander Bublik lässt sich an den French Open feiern.
Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire

Darum gehts

  • Alexander Bublik erreicht überraschend den Viertelfinal der French Open
  • Bublik sieht sich als Gegenentwurf zum Musterprofi und betont Work-Life-Balance
  • Mit 27 Jahren steht er auf Platz 82 der ATP-Rangliste
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marco PescioReporter Sport

Alexander Bublik (27) glaubt nicht daran, ein Grand-Slam-Turnier gewinnen zu können. «Unmöglich», also ganz im Ernst, da seien zu viele Zufälle im Spiel. Okay, theoretisch könnte mal ein Gegner verletzt aufgeben, dann müsste ein Top-3-Spieler im Halbfinal zurückziehen und im Final gleich noch einmal. Wann würde es das schon geben, bitte schön? Und eine lange Partie «über fünfeinhalb Stunden» würde er ohnehin nicht aushalten. Das sei bei seinem Lebensstil einfach nicht logisch, und ausserdem würde er sich dann Sorgen um seine Gesundheit machen, folgert der Kasache.

Nun, alledem zum Trotz: Zumindest theoretisch kommt Bublik der grossen Major-Trophäe gerade ziemlich nahe. An den French Open hat er sensationell das Viertelfinalticket gelöst, steht damit auf Grand-Slam-Stufe so gut wie noch nie da und darf sich nun am Mittwoch mit dem Weltranglistenersten Jannik Sinner (23) messen.

Die Liebe des Pariser Publikums wird ihm dann sicher sein. Die Fans rührten den 1,96-m-Hünen nach dem Coup gegen den britischen Shootingstar Jack Draper (23) mit tosendem Applaus zu Tränen. Ausgerechnet ihn, den Mann mit dem Rüpel- und Bad-Boy-Image, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Selbst ihm verschlug es für einmal die Sprache.

Der Künstler gegen die «Roboter»

Bublik spielt gerade richtig stark, weil er Lust dazu hat. Und weil er nach dem Absturz auf Platz 82 im ATP-Ranking merkte, dass allzu viel Nonchalance eben doch nicht gut einhergeht mit dem schönen Leben an der Tennis-Weltspitze. Bublik ist der Gegenentwurf des heutzutage propagierten Musterprofis. Er mag es nicht, früh aufzustehen. Er lässt auch mal ein Training sausen, wenn ihm nicht danach ist. Im Frühjahr machte er in Las Vegas ordentlich Party und reiste gerade noch rechtzeitig an das Challenger-Turnier in Phoenix (USA), wo er dennoch in den Final vorstiess. Professionell ist das nicht, doch Bublik ist eben auch ein begnadeter Spieler mit einem riesigen Arsenal an Schlägen und Tricks.

Passt es ihm in den Kram, dann kracht und knistert es. Der gebürtige Russe ist ein Künstler, der sich auf einem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn bewegt. Die «Frankfurter Allgemeine» bezeichnete ihn kürzlich als den «vielleicht grössten Chaoten im Tenniszirkus».

Bublik betont mit Nachdruck, wie wichtig ihm die Work-Life-Balance sei. Tennis könne einfach nicht alles sein. Vor ein paar Jahren machte er international Schlagzeilen, weil er sagte, er spiele «nur wegen des Geldes». Für diesen Sport alles zu opfern und «mit vierzig nicht mehr laufen zu können»? Nein, das sei es ihm nicht wert. Ausserdem wolle er würdiger abtreten als Rafael Nadal (39), wie er in einem Interview mit dem russischen Sender Match TV durchblicken liess, als er Nadals hinausgezögerten Abschied als «Zirkus» und «Schande» bezeichnete.

Es war nicht das erste Mal, dass Bublik den feinen Stil vermissen liess. Wüste Schimpftiraden, zerhackte Schläger, lustlose Auftritte, provokante Unterarmaufschläge. Er hat alles schon geboten und zeigt sich gleichzeitig neben dem Platz als netter, eloquenter Kerl, der sich um seinen Sohn kümmert und von sich behauptet, «eigentlich ein völlig normaler Junge» zu sein. Das Ding sei nur, dass er nebst all den anderen «Robotern» ganz anders dastehe.

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«Nicht der professionellste Spieler auf dem Planeten»

Das einen Tennisball in der Hand haltende Skelett, das er sich auf seinen Unterarm tätowieren liess, ist eine Erinnerung daran, dass er «diesen Sport jeden Tag aushalten muss». In Paris meint er, er arbeite durchaus hart, «aber ich bewege mich irgendwo zwischen Minimum und meinem persönlichen Maximum».

Wie Bublik tickt, zeigt auch eine weitere Anekdote, die er Match TV verriet und mit der er den Unterschied zu Weltnummer drei, Alexander Zverev (28), veranschaulichen wollte: «Ich bin an einem Mittwochabend vom Turnier in Schanghai nach Monaco geflogen, Zverev kam am Donnerstag um sechs Uhr morgens an. Es war ein schlimmer Flug, fast 16 Stunden. Am Donnerstag und Freitag habe ich mich erholt. Ich bin erst am Samstag auf den Platz gegangen. Da sah ich Zverev trainieren und fragte ihn: ‹Trainierst du heute auch zum ersten Mal?› Und er meinte: ‹Nein, das ist schon meine sechste Einheit.› Das heisst, er trainierte am Donnerstag, Freitag und Samstag je zweimal. Stellen Sie sich nun vor: Über einen Zeitraum von zehn Jahren übertrifft mich ein Profi wie Zverev, sagen wir mal, um zwei bis drei Jahre an Arbeitsstunden.»

Er sei halt «nicht der professionellste Spieler auf dem Planeten», so Bublik. Dafür gehe es ihm darum, sowohl privat als auch sportlich schöne Momente zu sammeln. Und dieser Viertelfinaleinzug in Paris, «das ist bislang der schönste in meinem Leben». Immerhin.

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