Darum gehts
- Ungleichgewicht bei French Open Night Sessions: Frauen-Matches stark unterrepräsentiert
- Kritik von Ons Jabeur, Verbandspräsident rechtfertigt Spielplan
- Seit 2021: 45 Night-Session-Partien, nur vier davon Frauen-Duelle
Die Zahlen sind unmissverständlich und weisen auf ein klares Ungleichgewicht hin. Seit Einführung der Night Session an den French Open im Jahr 2021 gingen 45 Partien am Abend über die Bühne. Nur vier davon waren Frauen-Duelle. 2024 gab es kein einziges zu sehen. Und heuer sieht es auch nicht gerade nach einer Besserung aus. Seit Turnierbeginn am Sonntag spielten nur Männer zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr. Und für heute Freitag ist mit Damir Dzumhur (33) – Carlos Alcaraz (22) ebenfalls eine männliche Affiche angesetzt.
Diese Einseitigkeit bringt den Veranstaltern auch in diesem Jahr Kritik ein. Die tunesische Top-Spielerin Ons Jabeur (30) findet: «Es ist traurig, dass wir das immer noch erleben. Ich glaube, dass diejenigen, die diese Entscheidung treffen, keine Töchter haben.» Denn wäre dem so, würden diejenigen ihre Töchter «nicht so behandeln», so die dreifache Grand-Slam-Finalistin: «Es ist ein bisschen ironisch. Sie zeigen kein Damentennis und sagen dann: ‹Ja, aber die Zuschauer schauen hauptsächlich Herren-Matches.› Natürlich schauen sie mehr Herren-Matches, weil man mehr Männer-Tennis zeigt.»
Verbandsboss rechtfertigt sich
Gilles Moretton (67), der Präsident des französischen Tennisverbandes, schliesst nicht aus, in diesem Jahr mal eine Frauen-Partie am Abend anzusetzen. Er rechtfertigt den Spielplan aber wie folgt: «Manchmal müssen wir überlegen, was besser für die Zuschauer ist. Manchmal müssen wir das bessere Match in die Night-Session nehmen.»
Was die Sache zudem erschwert: Nicht alle Frauen – und überdies auch Männer – sind besonders erpicht darauf, in der Night Session zu spielen. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Bio-Rhythmus über simple Tagesplanung, Essgewohnheiten bis hin zur Regeneration. Die frühere Weltranglistenerste und vierfache Roland-Garros-Siegerin Iga Swiatek (23) hatte sich immer dafür ausgesprochen, tagsüber zu spielen. US-Star Coco Gauff (21) ebenfalls. Sie stellen aus Sportlerinnen-Sicht ihre eigenen körperlichen Bedürfnisse über alles andere, was gerade an einem Grand-Slam-Turnier verständlich ist. Dem Gleichgewicht in der TV-Abdeckung des Turniers ist dies allerdings nicht förderlich.
Chance verpasst
Und dann gäbe es noch das Problem seitens der Fans: Als 2023 die Partie zwischen Aryna Sabalenka (27) und Sloane Stephens (32), damals immerhin das Duell zwischen der Weltnummer zwei und 30, am Abend angesetzt wurde, kam von den Zuschauern prompt die Retourkutsche. Nach Veröffentlichung des Spielplans gerieten Hunderte der teuren Tickets wieder in den freien Verkauf. Viele wollten plötzlich doch verzichten.
Kritiker monieren zudem, Männer-Matches würden wenigstens im Minimum über drei Sätze gehen. Frauen-Partien könnten nach einer guten Stunde und zwei Sätzen auch schon wieder vorbei sein, wenn etwa Swiatek wieder mal kurzen Prozess mit ihren Widersacherinnen mache.
Die Kontroverse spaltet das Tennis auch zwei Jahre später noch immer. Klar ist aber auch: In diesem Jahr haben es die Veranstalter bislang nicht einmal versucht, dem Frauentennis eine faire Chance zu geben. Der Erstrundenkracher zwischen Naomi Osaka und Paula Badosa (7:6, 1:6, 4:6) etwa wäre eine Gelegenheit dazu gewesen.