Die Geschichte des alpinen Skisports ist um ein rabenschwarzes Kapitel reicher – Italiens Speed-Hoffnung Matteo Franzoso (†25) ist in Santiago an den Folgen eines fürchterlichen Trainings-Crashs verstorben. Dieses Drama hat am letzten Samstagmorgen im chilenischen Ski-Resort seinen Lauf genommen. Und zwar auf der Piste, wo in den Tagen und Wochen zuvor auch Marco Odermatt und Justin Murisier trainiert haben.
Was ist genau passiert? Augenzeugen berichten, dass Franzoso mit hohem Tempo durch ein B-Netz hindurchgeflogen ist und danach Kopf voran mit einem holzigen Schneefangzaun kollidierte. Eine Ärztin des Schweizer Männer-Teams leistete Erste Hilfe. «Sie hat einen grossartigen Job gemacht. Ohne sie wäre Matteo mit ziemlicher Sicherheit bereits auf der Unfallstelle verstorben», sagt ein Streckenposten zu Blick.
Der letzte Atemzug erfolgt am Tag vor dem Geburtstag
Franzoso wurde danach mit einem schweren Schädel-Hirntrauma mit dem Hubschrauber in eine Klinik nach Santiago transportiert, wo er ins künstliche Koma versetzt wurde. Aus Insider-Kreisen ist früh durchgesickert, dass es einem Wunder gleichkomme, wenn der Athlet aus der Region Genua noch einmal erwachen sollte. Leider Gottes haben sich diese Prognosen als richtig erwiesen.
Im Beisein von seinen Eltern und dem Bruder hat Franzoso den Kampf gegen den Tod einen Tag vor seinem 26. Geburtstag verloren. Die schönsten Momente seines Sportler-Lebens hat Franzoso, der das Skifahren in Sestriere erlernt hat, im Wallis erlebt. Im November 2021 triumphierte er bei einem Europacup-Super-G in Zinal. Im letzten Winter klassierte sich Matteo beim Super-G in Crans-Montana als Dreissigster zum zweiten Mal in den Weltcuppunkten. Zwei Jahre zuvor belegte er beim Super-G in Cortina den 28. Rang.
Vater von Franzosos Teamkollege klagt an
Einer, der Franzoso besonders gut gekannt hat, ist Alan Perathoner (49). Der Südtiroler hat 2002 in Salt Lake City den Olympia-Slalom bestritten und ist der Vater von Junioren-Weltmeister Max Perathoner (22). «Matteo war regelmässig in unserem Haus in Wolkenstein, er war ein wunderbarer, lebensfroher junger Mann», sagt Alan Perathoner. Er kritisiert nach der Tragödie in Chile die Sicherheitsvorkehrungen: «Es darf einfach nicht passieren, dass eine Streckenabsperrung derart wenig Widerstand leistet, dass ein Rennfahrer wie im Fall von Matteo in einer Holzvorrichtung landet.»
Perathoner legt nach: «In der Formel 1 und in der MotoGP hat man aus tödlichen Unfällen offensichtlich die richtigen Schlüsse gezogen, aber im Skisport scheint man nichts daraus zu lernen. Wir haben deutlich mehr Todesfälle als im Motorsport. Mit dem 18-jährigen Marco Degli Uomini und Matilde Lorenzi (†19) hat der italienische Ski-Verband in den letzten zehn Monaten zwei weitere Nachwuchshoffnungen verloren.»
Sicher ist, dass in dieser traurigen Angelegenheit das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist. Die italienischen Trainer haben es übrigens ihren Athleten überlassen, ob sie das Trainingslager fortsetzen oder die Heimreise antreten wollen. Zwei Rennfahrer haben sich für einen Verbleib in Chile entschieden.