Darum gehts
- Camille Rast erreicht Podestplatz trotz Hüftschmerzen. Schweizer Team überzeugt in Gurgl
- Rast fährt auf Rang drei im Slalom, ihr erster Podestplatz seit WM-Titel
- Vier Fahrerinnen belegen gleiche Plätze wie im Vorjahr, Shiffrin gewinnt
Es ist Freitag am Abend, als Camille Rast (26) nach vielen Stunden im Auto das Hotel «The Moss» in Obergurgl (Ö) erreicht. «Ich stand lange im Stau», sagt sie – ohne Spur von Ärger. Im Gegenteil: Rast lacht, macht Sprüche, wirkt gelöst.
Dabei hätte sie Gründe, anders aufzutreten. Ihr Sommer war hart. Ihre linke Hüfte schmerzte – und tut es noch. Wann sie wieder beschwerdefrei fährt, ist ungewiss. Es kann bis zu einem Jahr dauern. «Wer nur das Negative sieht, kommt nicht weit. Man braucht auch ein Lachen. Ich bin glücklich, meine Leidenschaft als Beruf zu leben. Viele Menschen helfen mir, das gibt Energie. Ich will die beste Show zeigen.»
40 Stunden später liefert Rast diese Show. Im Slalom fährt sie auf Rang drei – ihr erster Podestplatz seit dem WM-Titel und dem Sturz in Sestriere (It), der sie noch immer beschäftigt. «Der Weg hierher war schwer. Aber ich habe immer gearbeitet. Jetzt freue ich mich sehr über dieses Podest.»
Die Schmerzen vergisst sie nicht, doch sie plagen sie weniger als beim Slalom in Levi (Fi) vor einer Woche, wo sie nur 15. wurde. Dazu kommt der Hang: bis zu 62 Prozent steil, ganz nach ihrem Geschmack. «Er ist sehr schwierig, aber das liegt mir», sagt Rast. «Leider habe ich im ersten Lauf im Flachen einen Fehler, da war ich richtig langsam.»
Mit ihrem Exploit erfreut sie nicht nur das Team vor Ort, sondern auch ihren Coach Denis Wicki. Er ist krank daheim im Wallis geblieben. «Heute hat Denis seinen 64. Geburtstag. Dieses Resultat ist ein kleines Geschenk. Ich hoffe, er hatte vor dem TV Freude.»
Holdener: «Hatte keine Angst vor Fehlern»
Der Schweizer Auftritt überzeugt diesmal breiter als in Levi. Dort setzte es eine Ohrfeige ab, Wendy Holdener (32) als Achte war die Beste. In Gurgl ist man weit von einer Watschn entfernt. Anuk Brändli (22) holt als 21. ihre ersten Weltcuppunkte, Eliane Christen (26) wird 25.
Holdener rundet als Vierte das verbesserte helvetische Bild ab. Die Schwyzerin hat im Zielraum gemischte Gefühle: «Im Moment überwiegt die Enttäuschung. Ich wäre gern auf dem Podest. Aber ich nehme viel Gutes mit», sagt sie. Erleichterung schwingt mit. Was gefiel am besten? «Dass ich riskiert und bis ins Ziel gekämpft habe. Ich hatte keine Angst vor Fehlern, auch wenn ich wohl ein, zwei zu viel gemacht habe.»
Rast freut sich auf den Schlaf im Flugzeug
Eine Seltenheit gibt es obendrein: Die gleichen vier Fahrerinnen wie im Vorjahr belegen die ersten vier Plätze. Mit Mikaela Shiffrin (30, USA) als überragende Siegerin.
Nun geht es nach Nordamerika, wo die nächsten Technik-Rennen anstehen. Rast: «Ich bin müde. Im Flugzeug in die USA werde ich wohl gut schlafen.»