«Unglaublich dankbar, noch auf dieser Welt zu sein»
Darum wurde es um Kosovo-Schwinger Fejzaj zuletzt ganz still

Vom einen auf den anderen Moment konnte Schwinger Naim Fejzaj nicht mehr sprechen, lesen und schreiben. Er erzählt von seinem harten Weg zurück in den Sägemehlring.
Publiziert: 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 14:09 Uhr
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Zurück im Sägemehl: Naim Fejzaj trainiert wieder leicht mit.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Schwinger Naim Fejzaj erlitt im März 2025 einen Hirnschlag
  • Fejzaj konnte nicht sprechen, lesen und schreiben nach dem Vorfall
  • Nun ist er bereits wieder im Sägemehl – und spricht vom ESAF
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Schwinger Naim Fejzaj (30) steht vor seiner Mutter, als diese plötzlich in Tränen ausbricht. Ohne zu wissen, weshalb, zeigt er immer wieder auf seinen rechten Arm. «Ich spürte ihn nicht mehr. Er war wie abgestorben», erklärt Fejzaj. Doch die Reaktion seiner Mutter hatte einen anderen Grund.

Erst einige Sekunden später begreift er, was sie so erschütterte: «Ich konnte nicht mehr sprechen. In meinem Kopf klang alles normal, aber aus meinem Mund kam nur wirres Zeug.»

Dass er auch nicht mehr schreiben und lesen konnte, realisierte Fejzaj erst im Spital.

Einer wie Shaqiri im Fussball?

Fünf Monate sind seit diesem schockierenden Erlebnis vergangen. Fejzaj sitzt in der Schwinghalle in Wolfhalden AR. Hier hatte er über den Winter so hart trainiert wie selten zuvor. Der elffache Kranzgewinner mit kosovarischen und kroatischen Wurzeln wollte unbedingt am ESAF teilnehmen.

Dass er das Zeug zu einem ganz Bösen hat, bewies er bereits 2016. Damals legte er an einem Wochenende den neunfachen Kranzfestsieger Beat Clopath und Schwingerkönig Nöldi Forrer aufs Kreuz. Danach sprach der Blick von ihm als «Zwilchhosen-Shaqiri».

Eine derart steile Karriere wie sein Landsmann im Fussball legte Fejzaj nicht hin. Drei Knieoperationen bremsten ihn aus. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was er am 17. März 2025 erlebte. «Ich hätte sterben können», sagt er nachdenklich.

Weinend alleine im Spitalzimmer

Wie schlimm es um ihn stand, realisierte er zu Beginn nicht. Den tauben Arm führte er auf einen Bandscheibenvorfall zurück. Ähnliches hatte einer seiner Kollegen erlebt. Erst als ihn der Hausarzt mit Verdacht auf einen Hirnschlag ins Kantonsspital St. Gallen schickte, dämmerte es Fejzaj.

Kurz darauf bestätigten Experten die Diagnose. «Das ist mir brutal eingefahren. Es war ein riesiger Schock.» Vor seiner Mutter liess er sich aber nichts anmerken. «Ich spielte den starken Mann, weil ich ihr nicht noch mehr Sorgen machen wollte.»

Doch als Fejzaj alleine im Zimmer lag, konnte er seine Emotionen nicht länger verstecken. «Ich habe geweint, weil ich Angst hatte, mein ganzes Leben lang ein Pflegefall zu sein.» Besonders eingefahren ist ihm der Moment, als er beim Lesen nur noch Buchstaben sah und keine Wörter mehr. «Ich fühlte mich wie ein Kleinkind.»

Viel Geduld beim Essen und Trinken

Die Tatsache, dass er am nächsten Tag wieder langsam sprechen konnte, gab ihm Hoffnung. Nachdem die 48-stündige Phase, in der ein zweiter Hirnschlag folgen könnte, vorüber war, kam in Fejzaj der Kämpfer zum Vorschein. «Ich wollte unbedingt wieder zurück in mein altes Leben.»

Dafür brauchte er Geduld – auch beim Essen und Trinken. «Ich bin fast durchgedreht. Normalerweise gehöre ich da zu den Schnellsten.» Doch weil der Hirnschlag auch die Schluckmuskeln beeinträchtigte, funktionierten diese zu Beginn noch nicht gleich gut.

Herzoperation, um Hirnschlagrisiko zu senken

Neben seiner Familie und seinen Freunden gab ihm auch der Glaube in dieser schwierigen Zeit Halt und Energie. «Es sind Dinge passiert, bei denen ich gemerkt habe, dass es noch jemanden gibt», erklärt der Moslem. Dank grosser Unterstützung machte Fejzaj während der Reha schnell Fortschritte. Nach drei Monaten teilten ihm die Ärzte mit, dass es nicht normal sei, wie weit er bereits wieder sei.

Um das Risiko eines weiteren Hirnschlags zu reduzieren, unterzog sich Fejzaj einer Herzoperation. Die Ärzte vermuteten, dass ein Loch in seiner Herztrennwand den Hirnschlag verursacht hatte. Dieses wurde nun geschlossen. Noch nicht ganz abgeschlossen ist seine Reha.

Das ESAF ist bereits in seinen Gedanken

Fejzaj ist zwar zurück im Sägemehl, aber noch nicht wieder ganz der Alte. «Ich habe immer noch einen leichten Sprachfehler. Zudem fehlt mir das Gefühl in den Fingerkuppen.» Seine Arbeit als Polymechaniker konnte er deshalb noch nicht wieder aufnehmen. Auch weil er sich nur knapp zwei Stunden am Stück konzentrieren kann.

Für ihn ist das mittlerweile ein Luxusproblem: «Ich bin einfach unglaublich dankbar, noch auf dieser Welt zu sein.» Wann er wieder wettkampfmässig in die Zwilchhosen steigt, lässt Fejzaj offen. «In drei Jahren ist wieder ein ESAF. Mehr sage ich nicht», meint er mit einem Augenzwinkern.

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