Noè Ponti, der als doppelter Vize-Weltmeister von der Schwimm-WM in Singapur zurückkehrt, hat vor seinem Abflug Richtung Europa via Videocall eine Runde Schweizer Medienschaffenden empfangen. Etwas müde wirkte er, aber offensichtlich sehr zufrieden. Er sagt: «Hätte mir einer einen Zettel hingelegt vor der WM, dass ich da zweimal Silber gewinnen würde, ich hätte sofort unterschrieben.»
Wie haben Sie die Zeit seit dem packenden 100-Meter-Final am Samstag verbracht? Können Sie uns da einen Einblick geben?
Noè Ponti: Ich habe Zeit mit meinen Eltern verbracht, war mit ihnen Essen. Ich habe mir die Stadt angeschaut, und am Sonntag war ich noch im Hallenbad, um die Finals zu schauen. Es gab auch noch eine offizielle Abschlussparty vom Weltverband, da war ich natürlich auch.
Welche Reaktionen aus der Schweiz haben Sie bekommen?
Sehr gute Reaktionen, viele Bekannte und Freunde haben mir geschrieben. Alle sind happy. Ich denke, ich bin sehr gut geschwommen. Ich habe noch keine Artikel gelesen, aber ich glaube nicht, dass es negative Kommentare gegeben hat.
Von aussen hat es beim Hunderter Delfin nach Dreivierteln des Rennens so ausgesehen, als könnten Sie Grousset neben Ihnen packen. Wie hat das in diesem Moment aus Ihrer Perspektive ausgesehen?
Anders als beim Crawl-Schwimmen sieht man beim Delfin kaum, was auf den Nebenbahnen läuft. Ich habe gesehen, dass Grousset sehr schnell angegangen ist, doch ich wusste nicht, wo er sich befindet und ob es einen Abstand zu mir gibt. Ich glaube, dass ich keinen Fehler gemacht habe. Ich kann mir nichts vorwerfen.
Und wie war das nach dem Fünfziger – welches Gefühl hatten Sie da unmittelbar nach dem Anschlag?
Ich hatte keine Ahnung, wie das Rennen ausgegangen sein könnte. Beim Fünfziger sieht man gar nichts, ich bin einfach voll durchgeschwommen, habe nur auf mich geschaut und erst auf der Tafel gesehen, wie es ausgegangen ist.
Was hat Grousset besser gemacht?
Er hat einen sehr guten Anschlag. Ich habe zwei Rennen beim Anschlag verloren, obwohl mein Timing gut war. Ich muss schauen, wie Maxime das macht.
Ärgern Sie sich über die drei Hundertstel Rückstand im Fünfziger?
Wenn das so knapp ist, dann ist das schon bitter. Ich hätte diese Goldmedaille gerne gewonnen. Aber Grousset hat es verdient, er war zweimal schneller als ich.
Welche Erkenntnisse nehmen Sie mit aus Singapur – wo werden Sie im Training ansetzen, um noch schneller zu werden?
Das werde ich mit meinen Trainern Massimo Meloni und Andrea Mercuri noch genau analysieren. Dafür war noch keine Zeit. Wir werden uns Ende August, also vor der nächsten Saison, zusammensetzen und alles zusammen anschauen.
Geht es denn überhaupt noch schneller?
Es ist nicht so, dass ich jetzt zufrieden bin. Man kann es immer noch besser machen. Ich bin immer noch hungrig. Aber ich bin jetzt auf dem Niveau, wo es immer schwieriger wird, sich zu verbessern. Das geht nur über hartes Training. Ich denke, dass ich meine Limite noch nicht erreicht habe.
Werden Sie auch in Zukunft auf die 200 Meter Delfin verzichten – gerade im Hinblick auf die Spiele 2028 in Los Angeles?
Wenn ich mich physisch und psychisch bereit fühle, werde ich sicher mal wieder die 200 auf der Langbahn schwimmen. Wie das bei Olympia sein wird, ist noch nicht entschieden. Lieber weniger Starts, dafür kompetitiv sein.
Was ist Ihr Programm für die nächsten Tage und Wochen?
Ich werde mich ein paar Tage erholen, in Frankreich und in Italien etwas Ruhe finden. Und ganz sicher werde ich in Locarno auch das Filmfestival besuchen.
Welches ist Ihr Lieblingsfilm ever?
Interstellar von Christopher Nolan.
Und welches sind Ihre nächsten sportlichen Ziele?
2026 sind die Europameisterschaften in Frankreich. Wir werden neue Dinge ausprobieren, Reize setzen. Beispielsweise neue Orte suchen, wo man trainieren kann. Das wird alles bereits eine Probe im Hinblick auf Los Angeles 2028. Bis dahin will ich versuchen, so viele Rennen wie möglich zu gewinnen und so viele positive Erfahrungen wie möglich zu machen. Damit ich bereit bin, wenn die Spiele in Los Angeles dann losgehen.