Der letzte Schuss muss sitzen
Reicht diese Revolution, um die Tour de Suisse zu retten?

Die Tour de Suisse plant eine drastische Neuausrichtung. Ab 2026 sollen Frauen und Männer auf verkürzten, identischen Etappen fahren. Diese Revolution ist möglicherweise der letzte Versuch, die finanziell angeschlagene Rundfahrt zu retten.
Publiziert: 17:16 Uhr
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Aktualisiert: vor 31 Minuten
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Wohin steuert die Tour de Suisse? Fakt ist: 2026 gibts eine Revolution. An neu fünf Renntagen fahren zuerst die Frauen, dann die Männer – auf der gleichen Strecke.
Foto: keystone-sda.ch

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Mathias GermannReporter Sport

Erinnerst du dich an die letzte Tour de Suisse? Sie war ein «Vollerfolg», wie die Organisatoren bilanzierten. Und tatsächlich: Marlen Reusser (34) krönte sich zur Königin der Rad-Schweiz, es gab herrliches Wetter, mehr Fans als sonst am Strassenrand und auch die SRF-Einschaltquoten waren höher als in den letzten Jahren. Dass die Schweizer Männer keinen Etappensieg holten und auch niemand nur annähernd um den Gesamtsieg kämpfte, schien egal.

Doch letztlich nützte alles nichts. Rad-Romantik hin, sportliche Attraktivität her – am Ende entscheidet das Portemonnaie. Und da blieb nichts übrig. Im Gegenteil. Der Verlust lag im sechsstelligen Bereich. Das ist nur etwas: alarmierend. Genau darum planen Tour-Direktor Olivier Senn und Co. eine Revolution. Sie erfinden die Rundfahrt neu.

2026 gibt es fünf Renntage – die Frauen starten zuerst, danach folgen die Männer. Beide fahren auf dem gleichen Rundkurs, die Starts und das Ziel befinden sich am gleichen Ort. Damit werden die beiden Geschlechter gleichgestellt – die Frauen hatten bislang vier Renntage, die Männer acht. Geplant sind je ein Zeitfahren, eine Sprint- und mindestens eine Klassiker-Etappe und ein Berg-Circuit.

Der Patient Tour de Suisse blieb dauerkrank

Der neue Slogan lautet: «Die neue Tour de Suisse. Gemacht für heute – gedacht für morgen.» Tönt gut. Fakt ist jedoch: Die Zukunft der Tour de Suisse ist mehr denn je gefährdet. Droht nach 88 Austragungen – die Rundfahrt war 1933 erstmals im Kalender – bald das Ende? Möglich ist es. Man betont zwar, dass man sich neuen Gegebenheiten laufend anpasse, doch diese Revolution ist so einschneidend, dass der Schluss naheliegt: Dieser letzte Schuss muss sitzen.

Schon in den letzten Jahren lag die Tour de Suisse auf der Intensivstation. Man versuchte, sie mit Neuerungen in den Aufwachsaal zu führen. Die Wiederbelebung der Frauen-Rundfahrt war richtig und zeitgemäss, auch wenn sie bislang mehr kostete, als sie einnahm. Die Rennen wurden kürzer und attraktiver. Start- und Ziel-Hubs sorgten für mehr Stimmung als früher und brachten viele, die sonst daheimgeblieben waren, an den Strassenrand.

Der Patient Tour de Suisse blieb trotz der guten Massnahmen dauerkrank. Auch, weil sich nicht alles beeinflussen oder steuern lässt. Dass die Strassen stets voller werden und immer mehr Autofahrer in Schnappatmung verfallen, wenn sie nur zehn Minuten auf die Durchfahrt der Velo-Profis warten müssen, ist leider Tatsache. Auch die wachsenden Auflagen durch Behörden und Polizei sind ein Problem.

Fünf statt neun Millionen Budget: Klappt es so?

Dennoch muss festgestellt werden: Die Tour-de-Suisse-Veranstalterin, Cycling Unlimited AG, hat es nicht geschafft, die Vorwärtsstrategie der letzten Jahre so zu gestalten, dass signifikant mehr Sponsorengelder geflossen wären. Dazu muss man wissen, dass 80 Prozent der Einnahmen durch Sponsoren generiert werden. Auch Swiss Cycling, eine der Minderheitsgesellschaften, war offenbar zu schwach, um das Ruder herumzureissen. 

Die naheliegende Idee, die Tour de Romandie und die Tour de Suisse zu fusionieren und so an Kraft zu gewinnen, ist derweil utopisch. Warum? Weil die Tour de Romandie durch die Kantone finanziert wird und nicht durch eine AG. Und sowieso: Die Egos und der Röstigraben sind dafür zu gross – auf beiden Seiten.

So kommt es, dass die Tour de Suisse ab sofort abspeckt. Man will gesundschrumpfen. Die Idee: Weniger Etappen, weniger Hotelübernachtungen und weniger TV-Produktionskosten – aber gleichbleibende oder noch grössere Attraktivität. Das Budget dürfte von knapp neun auf sechs Millionen gekürzt werden.

Das ist womöglich eine Verzweiflungstat. Ein Versuch ist die Strategie aber wert, denn es wäre jammerschade, würde die Tour de Suisse sterben. Und etwas kann man den Organisatoren definitiv nicht vorwerfen: Dass sie sich nicht bemühen würden, das grösste jährliche Sportereignis der Schweiz, zu retten. Ob es klappen wird, steht in den Sternen.

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