Darum gehts
- Ditaji Kambundji wird mit 23 Jahren Weltmeisterin im Hürdenlauf
- Kambundji-Schwestern sind eng verbunden und unterstützen sich gegenseitig
- Vier Kambundji-Schwestern, Eltern aus Kongo und Schweiz, 14-köpfiger Familien-Fanklub
Es gibt dieses grandiose Bild aus Rio de Janeiro. Es zeigt den beeindruckend grossen, 14-köpfigen Kambundji-Clan, der als familiärer Fanklub für die damals schon etablierte Sprinterin Mujinga (heute 33) an die Olympischen Spiele gereist ist. Mittendrin im Bild des Blick-Fotografen von der berühmten Escaradia-Selaron-Treppe: Ditaji, «Didi», die jüngste der vier Kambundji-Schwestern. Damals ist sie 14-jährig. Wahnsinn: Neun Jahre später ist das Kambundji-Nesthäkchen Weltmeisterin.
Vor Ort in Tokio ist kein 14-köpfiger Clan mehr, sondern ihre Eltern Ruth und Safuka sowie Tante Edith Nafzer – wir dürfen aber davon ausgehen, dass auch die Jubelschreie der Schwestern Muswama (29) und Kaluanda (35) und allen weiteren Familienmitgliedern in der Schweiz ebenso laut waren wie die im Stadion.
Die Eltern sind an praktisch jedem Rennen im Stadion dabei
Die Eltern sind sowieso die grössten Fans ihrer schnellen Töchter. Praktisch immer, wenn eine Kambundji irgendwo am Start steht, sind Ruth und Safuka vor Ort. So haben die Eltern schon Mujingas WM-Bronze 2019 in Doha miterlebt. Und nun auch noch einen WM-Titel. Wie krass!
Wer hätte sich solches ausdenken können, als Safuka vor über 40 Jahren im Kongo aufbrach, um in der Westschweiz zu studieren? In der Romandie lernt er die Bernerin Ruth kennen. Das Paar wird in der Bundesstadt heimisch. Die vier Töchter verbringen in ihrer Kindheit viel Zeit auf dem Bauernhof von Grosi Hanni Nafzer im Berner Oberland. Und auch sonst schleppen die drei älteren Schwestern Nachzüglerin Ditaji überall hin mit.
Natürlich auch zum Sport. «Meine Schwestern haben mich an jeden Wettkampf mitgenommen», sagte die Bernerin einst mit 17, «und schon bald war mir klar, dass ich mehr wollte als nur zuschauen.» Das Quartett ist bis heute eng verbunden. «Meine Schwestern und ich sind ständig in Kontakt, ich frage sie bei allen wichtigen Entscheidungen um Rat», sagte Ditaji Kambundji einst.
Jetzt ist die sowieso schon einmalige Familiengeschichte der Kambundjis um ein unfassbares Kapitel reicher geworden. Die Jüngste ist jetzt die Grösste. Dass Ditaji unter den vier Schwestern die womöglich Allerschnellste ist, dämmerte Beobachtern früh. Schon 2016 sagte der Berner Trainer Jacques Cordey, der alle Schwestern zeitweise trainiert hat: «Ditaji ist vielleicht das grösste Talent von allen vieren.»
Senkrechtstart nach der Spezialisierung auf die Hürden
Als Ditaji 16-jährig ist, lässt sich in Basel sogar eine Familien-Staffel aufgleisen. «Didi», Muswama und Mujinga sprinten mit STB-Kollegin Florence Nri zu einem neuen Schweizer Rekord für Vereinsstaffeln. Eine Hürdenspezialistin ist Ditaji Kambundji aber noch längst nicht. Als Teenager ist sie Mehrkämpferin, sie wirft, springt, sprintet und läuft auch Mitteldistanzen. «In der Saison 2019 habe ich mir überlegt, ob ich mich langsam auf eine Disziplin konzentrieren soll», sagte Kambundji im Frühling vor der Hallen-EM zu Blick. Das Ergebnis in ihrem letzten Mehrkampf? U18-Schweizermeisterin!
Doch dann gehts erst richtig los. Unter Trainer Adrian Rothenbühler, der damals auch Mujinga coacht, hechtet «Didi» 2020 erstmals über die höheren Hürden. 2021 startet sie schon an Olympia – was für ein Senkrechtstart. «Eigentlich wäre Olympia ja 2020 gewesen, ich hatte schon ein Ticket, um Mujinga zu sehen», schilderte Ditaji einst, «wegen Corona wurde alles ein Jahr verschoben. Und ich konnte selber starten, unglaublich.»
Die Hürdenspezialistin ist deutlich früher an der Weltspitze angekommen als Mujinga, die als Vorreiterin der ganzen enormen Entwicklung in der Schweizer Leichtathletik sich vieles zuerst selber erkämpfen musste. Natürlich auch, weil Ditaji von ganz nahe und schon als Kind hautnah miterlebte, was es alles für eine Spitzensportkarriere braucht.
Die beiden Weltklasse-Athletinnen stehen sich trotz Altersunterschied von zehn Jahren sehr nahe. Auch, weil sie in derselben Trainingsgruppe unter Mujingas Lebenspartner Florian Clivaz trainieren.
Und was macht eigentlich die Liebe bei der Weltmeisterin? Ditaji Kambundji hält das Thema privat. Doch soviel sei verraten: Auch sie ist an jemanden aus der Leichtathletik-Szene vergeben.