Darum gehts
- Anton Mirantschuk sieht Sion als Sprungbrett für seine Karriere
- Er schätzt die entspannende Natur und die ruhige Umgebung
- Sportlich verlief seine Zeit im Wallis bislang aber durchzogen
Im Wallis hat sich Anton Mirantschuk (29) bislang gescheut, Interviews zu geben. Wohl auch, weil sein erstes Sion-Jahr bislang von Verletzungen und Enttäuschungen geprägt war. In 24 Spielen gelangen ihm zwei Tore und drei Assists. 7-mal war er Reservist. Eine bescheidene Bilanz für einen, der 31-mal für seine Nationalmannschaft auflief, dabei sieben Tore machte und im März dieses Jahr sogar die Captainbinde tragen durfte.
Gesprächiger war er im Kreis der Sbornaja, die Anfang Juni in Moskau gegen Nigeria testete. Schon im März-Zusammenzug hatte der französische Agent Jérôme Salbert die Idee geboren, Sion und Mirantschuk zu einem Testspiel nach St. Petersburg einzuladen. Eine Idee, die bei Zenit St. Petersburg, bei Besitzer Gazprom und bei Sion-Präsident Christian Constantin auf offene Ohren stiess.
Und nun steht dieses Spiel, das bei uns riesige Wellen aufwirft, in Russland indes überhaupt keine. Nicht deshalb sagte Mirantschuk im Gespräch mit RB Sports (hier findest Du das Originalinterview) nichts über dieses Spiel, sondern weil es Anfang Juni noch nicht nach aussen gedrungen war. Damals kam der Mann aus Krasnodar erstmals wieder nach drei Monaten zurück nach Russland. «Die Emotionen übermannten mich», erinnert er sich. «Ich war einfach glücklich. Nur positive Gefühle.»
Anton aus Krasnodar erzählt von Kühen und Ziegen
Seinen Kollegen von der Sbornaja erzählte er viel von dem schrägen Ort, an dem er gelandet war. «Ich erzählte ihnen von wunderschönen Plätzen. Von Bergen. Von einer einzigartigen Natur. Von Kühen, Ziegen und Schafen, die frei grasen. Aber keiner hat danach gefragt, auch nach Sion zu wechseln», sagt der Russe schmunzelnd. «Dabei wäre es gerade für einen jungen russischen Spieler eine positive Erfahrung. Denn die Schweizer Klubs sind top als Sprungbrett. Die Liga hat ein gutes Level. Die Topteams spielen alle in Europa. Sion läge in der russischen Liga um Platz sechs, sieben herum.»
Wenn Mirantschuk in die Sbornaja einrückt, trifft er auf einen Mann, der ihm bei seinem Einstieg in Sion massiv geholfen hat: Anton Mitrjuschkin (29), der Goalie aus Sibirien, der von 2016 bis 2020 bei CC unter Vertrag war und nun drauf und dran ist, die Nummer eins bei Lokomotive Moskau zu werden. «Anton hat eine grosse Rolle bei meinem Transfer gespielt. Er hat mir und meiner Frau viele praktische Tipps mitgegeben.»
Von Anton zu Anton
Bei diesem Zusammenzug spielte Russland gegen Nigeria. Andere Gegner hiessen zuletzt Weissrussland, Grenada, Syrien, Iran, Vietnam, Serbien, Kuba, Irak, Tasdschikistan, etc. Alles Tests, die kaum jemanden interessieren. «Aber meine Mitspieler fragen mich danach und wie es ist, nur Freundschaftsspiele bestreiten zu dürfen. Na ja, die Stadien sind immer voll. Die Atmosphäre ist grossartig, weshalb ich sie immer wieder nach Russland einlade.» Allein, bislang hat noch niemand angebissen …
Mirantschuk hat einen signifikanten Unterschied zu Russland ausgemacht: «In der Schweiz haben die Spieler schon mit 25 eine Idee, was sie als Nächstes machen wollen. Sie machen früh erste Trainerscheine, um dereinst Coach zu sein. Sie schauen voraus. Bei uns hingegen lebt man einzig in der Gegenwart, in den Tag hinein. Aber das ist auch gut.»
Die Schweiz als Top-Sprungbrett
Und im Alltag? «Die Schweiz ist viel teurer! Selbst doppelt so teuer wie Moskau. Viele Menschen gehen ins benachbarte Frankreich, um die Wocheneinkäufe zu tätigen. Oder man tankt und zahlt erst danach. Bei uns ist das umgekehrt.» Insgesamt sei das Land gesetzt und ruhig, was besser für erwachsene Menschen ist, die wissen, wo sie sein wollen. «Es ist entspannend, man kann den Kopf lüften, zum Beispiel beim Wandern.»
Auf die Frage, ob er sein zweites Jahr in Sion auch durchziehen werde, geht der Russe nicht ein. «Ich habe einen Vertrag und fokussiere mich auf den Klub. Ich glaube aber fest daran, dass Sion ein Sprungbrett sein kann. Sonst wäre ich nicht hierhergekommen. Der Präsident sprach von Marseille, von französischen und italienischen Klubs. Da ist sicher eine gewisse Logik dahinter. Es wäre super, wenn das aufgeht.»
Aber eben. Er schaue nicht zu weit voraus. Sondern lebe im Moment. Wie man das in Russland eben so macht.