Darum gehts
Mattia Croci-Torti, wären Sie bei einem anderen Klub Trainer, wären Sie heute noch im Amt?
Das kann ich nicht beurteilen. Aber nach der Cup-Pleite in Cham hätten die Verantwortlichen sicher die Reissleine ziehen können. Umso glücklicher bin ich, dass sie mir das Vertrauen geschenkt haben, um weiterzumachen.
Warum hat der Klub rund um Sportchef Sebastian Pelzer an Ihnen festgehalten?
Ich denke, sie haben in mir jemanden gesehen, der nach wie vor davon überzeugt ist, was er tut. Ich habe in dieser Zeit nie Anzeichen von Schwäche gezeigt oder den Eindruck erweckt, dass ich dieses Team nicht weiterentwickeln kann.
Was bedeutet Ihnen dieses riesige Vertrauen vonseiten des Klubs?
Es gibt mir viel Kraft. Wir hatten untereinander viele Diskussionen in den letzten Monaten. Aber es waren immer konstruktive Dialoge und stets mit dem Ziel, Verbesserungen herbeizuführen. Man muss sich in solchen schwierigen Situationen auch ins Gesicht schauen, hart miteinander sein und einsehen, wenn man Fehler gemacht hat.
Gab es also auch von Ihrer Seite ein «mea culpa»?
Wahrscheinlich gestehe ich sogar zu viele Fehler ein. Letztlich müssen wir uns nicht anlügen: Wir waren zum Saisonstart nicht auf dem Level, das wir uns erwünscht hatten, um in mehreren Wettbewerben konkurrenzfähig zu sein. Sei es auf mentaler, aber auch auf physischer Ebene. Dafür haben wir den Preis bezahlt.
Hat Lugano die Talsohle der Krise hinter sich gelassen?
Wir sind auf dem Weg der Besserung. Das sagen mir meine Eindrücke aus den Trainings seit Anfang September. Jetzt sehe ich vor allem wieder Frische und Spielfreude. Und wenn die Beine laufen, fällt es auch leichter, Ergebnisse zu erzielen.
Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund, dass dieses Kalenderjahr 2025 derart katastrophal verlaufen ist?
Vielleicht waren wir vorher zu gut? Am Ende des Tages glaube ich, dass wir vor allem während des Ramadans im Frühling Probleme hatten. Viele unserer Spieler haben gefastet, andere waren verletzt. Ich denke dabei besonders an das Spiel gegen YB im Wankdorf, welches wir unglücklich verloren, und dann die darauf folgende Cup-Niederlage in Biel. Uns fehlten in dieser Zeit wichtige Ressourcen. Und so haben uns fünf bis sechs Spiele die Saison ziemlich erschwert.
Wie schwierig ist dieses Jahr für Sie persönlich?
Was mir am meisten wehgetan hat, war eine fragile Mannschaft zu sehen, die nicht das erreicht, wozu sie eigentlich fähig ist. Schliesslich hat dieses Team ganz andere Qualitäten – auch charakterlich.
Aber zeitweise hat man Ihnen schon angesehen, wie sehr das Ganze Sie mitnimmt.
Klar, wenn man Spiele verliert, ist man immer unglücklich. Tausende Gedanken schiessen durch den Kopf. Aber ich habe mich davon nie unterkriegen lassen. Ich bin schon mein ganzes Leben lang im Fussball tätig. Ich weiss, dass so was passieren kann. Das Letzte, was man tun sollte, ist, Ausreden zu suchen, sich selbst zu bemitleiden und aufzugeben. Man muss an seinen Ideen festhalten und versuchen, weiterzumachen. Das habe ich immer getan und versuche es auch heute noch.
Zusätzlich hatten Sie in diesem Jahr mit ungewohnt vielen Nebenschauplätzen zu kämpfen. Stichwort Transfermarkt. Einige Spieler wollten weg. Viele davon sind geblieben. Wie schwierig war es, das Ganze zu moderieren?
Wir haben versucht, so professionell wie möglich zu handeln und von den Spielern maximalen Respekt für den Verein, die Fans und die Mitspieler einzufordern. Wichtig ist, dass sie die Mannschaft nicht stören. Wer nicht 100 Prozent gibt, kann der Mannschaft nicht helfen. Deshalb haben wir klargemacht: Jeder, der nicht alles für dieses Trikot gibt, muss mit Konsequenzen rechnen.
Hat einer nicht mitgezogen? Wenn ja, wer?
Echte Spannungsmomente gab es mit keinem. Solche Situationen gehören im Fussball dazu. Heute sind die Spieler oft sehr von ihrem Umfeld beeinflusst, deshalb muss man geschickt alle Beteiligten managen. Wichtig ist aber, dass alle verstehen: Die kollektiven Ziele der Mannschaft stehen immer vor den individuellen. Nur wer für die Mannschaft arbeitet, kann später auch seine persönlichen Ziele erreichen.
Und wie war es im Fall Hajdari?
Wenn ein Spieler wie Hajdari im Kader ist, aber wegen eines anstehenden Transfers nicht spielen kann und kein Ersatz zur Verfügung steht, entsteht ein kleines, aber spürbares Problem. Hajdari ist dann gegangen und wir hatten keinen Ersatz. Solche Situationen kennen wir in der Super League gut, weil wir so früh im Sommer in die Saison starten und der Transfermarkt noch eine ganze Weile offen ist. Das erschwert das Teambuilding, das nötig ist, um Spiele zu gewinnen.
Für zusätzlich Gesprächsstoff sorgte die Goalie-Diskussion. Warum habt ihr Amir Saipi rasiert?
Der Plan war, dass wir ihm einen Goalie an die Seite stellen, der ihn herausfordert. Aber wir müssen auch einsehen, dass es nicht so einfach ist, einen starken Goalie zu finden, der bereit ist, bei Lugano Ersatzgoalie zu sein. Wir haben viele Gespräche geführt. Am Ende des Sommers sind wir aber an dem Punkt angelangt, dass ein erfahrener Torhüter wie von Ballmoos, der die Super League kennt, besser passen würde, um die Konkurrenz zu erhöhen.
Hat Saipi überhaupt noch eine Chance, den Stammplatz zurückzuerobern?
Wenn er wieder der Goalie wird, den ich kenne, kann er von Ballmoos ohne Weiteres herausfordern. Es war keine einfache Wahl, auch wegen der persönlichen Verbundenheit zu Amir. Doch ich bin überzeugt: Wenn er richtig reagiert, kann daraus eine Win-win-Situation für alle entstehen.
Man hat sich auch gefragt, weshalb Lugano auf zwei Routiniers wie Ezgjan Alioski und Kevin Behrens setzt. Zumal beide zu Beginn unten durch mussten.
Man vergisst, dass beide vor dem Wechsel zu uns wenig Spielpraxis hatten. Und anders als geplant, wurden sie aus – unterschiedlichen Gründen – direkt ins kalte Wasser geworfen. Ich bin überzeugt, dass beide uns noch viel geben können. Klar, von aussen erwartet man sofort Leistung. Intern wussten wir aber, dass sie Zeit brauchen. Und genau das war eine der Schwierigkeiten in diesem Jahr: Uns fehlte die Kaderbreite, die wir letzte Saison zu Beginn noch hatten, um die Doppelbelastung erfolgreich zu meistern.
Wenn Sie sagen, Behrens kann Ihnen richtig viel geben – hat er auch das Zeug dazu, Torschützenkönig der Super League zu werden?
Definitiv! Auch wenn er nie der typische Knipser war. Behrens ist vor allem ein Teamspieler mit einer beeindruckenden Siegermentalität. Solche Typen brauchen wir. In den letzten drei Spielen hat er drei Tore erzielt und viele Chancen herausgespielt – ein gutes Zeichen dafür, dass wir als Mannschaft beginnen, so zu funktionieren, wie wir es wollen.
Jetzt steht das Spiel gegen den FCZ an. Zeigt dieses Spiel beiden Teams definitiv auf, wohin die Reise in diesem Jahr führt?
Ich denke schon. Der FCZ spielt offensiv, sehr aggressiv, fast «holländisch» – stark im Eins-gegen-eins, kann sowohl viele Tore erzielen als auch einige kassieren. Für uns ist entscheidend, wie wir auftreten: mit Aggressivität, positivem Verhalten und dem Willen, nicht zu verlieren. Die Partie ist ein Schlüsselspiel – ein Sieg könnte uns bis auf drei Punkte an die Spitze bringen und die ganze Saison in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Kann es ein Vorteil sein, dass ihr diese Saison nicht in Europa spielt?
Europapokal-Spiele helfen, zu wachsen – sowohl für die Spieler als auch für mich als Trainer. Aber der FC Basel hat letztes Jahr gezeigt, welche Vorteile ein Spiel pro Woche bringt: weniger Verletzungen, mehr Frische, bessere Leistung am Sonntag. Diesmal müssen wir bis mindestens im Januar davon profitieren.
Es ist die letzte Saison im Cornaredo. Nächsten Sommer zieht der Klub nebenan in die AIL-Arena. Wie stolz werden Sie sein, dort an der Seitenlinie zu stehen?
Als Tessiner macht mich der Fakt, dass die Stadt Lugano diesem Projekt zugestimmt hat und der Kanton Tessin endlich ein richtiges Fussballstadion bekommt, noch etwas stolzer. Ein richtiges Stadion wird den Fussball im Tessin auf ein ganz neues Level heben.
Bis es so weit ist, müssen Sie sich noch mit dem Cornaredo abfinden und dem Fakt, dass Ihr Team Tag für Tag mit zwei Minibussen circa zehn Minuten zum Trainingsplatz fahren muss. Wie ermüdend ist diese Tatsache?
Das ist schwierig zu managen. Wir haben keinen Platz in Normalgrösse und müssen oft improvisieren. Wir halten durch und versuchen, das Problem langfristig zu lösen. Wann die neuen Trainingsplätze stehen, ist noch offen. Bis es so weit ist, gehen wir hoch nach Cadro. Aber die Situation entspricht sicher nicht dem Standard einer Super-League-Mannschaft. Das Stadion wird dann hoffentlich endlich neue Dynamiken entwickeln.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | 8 | 4 | 16 | ||
2 | 8 | 7 | 15 | ||
3 | 8 | 6 | 15 | ||
4 | 8 | -1 | 14 | ||
5 | 8 | -2 | 13 | ||
6 | 8 | 3 | 12 | ||
7 | 8 | 1 | 12 | ||
8 | 8 | -3 | 10 | ||
9 | 8 | 2 | 9 | ||
10 | 8 | 1 | 8 | ||
11 | 8 | -3 | 8 | ||
12 | 8 | -15 | 2 |