Darum gehts
Enrico Maassen (41) ist keiner, der permanent am Handy klebt. «Wenn ich abends nach Hause fahre, dann schalte ich ab. Ich brauche diese Balance», sagt der FCSG-Coach.
Das gilt vor allem auch während der Festtage, wenn er endlich mal wieder Zeit mit seinen Liebsten verbringen kann. Erst gings zu den Schwiegereltern nach Hamburg, dann zu den Eltern und den Schwestern nach Wismar. «Das Programm ist fast immer gleich. Am ersten Weihnachtstag gibts Ente, am zweiten Rinderrouladen. Und an Heiligabend Kartoffelsalat mit Würstchen.» Er könne in solchen Momenten gut loslassen, sagt Maassen. Zur Ruhe kommen.
Während der Saison steht der FCSG-Trainer hingegen permanent unter Strom. Trotzdem lässt er sich auch dann nicht von Dingen beeinflussen, die er nicht kontrollieren kann. Dass der Fussball der Espen nach dem Grotten-Kick gegen Thun im «FORZA!»-Podcast von Blick als «unfassbar schrecklich» bezeichnet wurde, hat er zwar zur Kenntnis genommen. Aus dem Konzept bringen lässt er sich aber nicht: «Wir haben eine Idee und lassen uns nicht von aussen durcheinanderbringen.»
Die Idee heisst: viel Power, vertikales Spiel, Pressing, Gegenpressing, schnelles Umschalten, weniger Ballbesitz als noch in der letzten Saison. «Damals war von brotloser Kunst die Rede, nun haben wir den Fokus bewusst auf eine andere Spielweise gelegt», sagt Maassen.
Das heisse aber nicht, dass das für immer so bleiben müsse, so der 41-Jährige: «Es gibt immer etwas, was man verbessern kann. Man ist niemals fertig mit der Trainerausbildung, man muss sammeln, sammeln, sammeln. In jedem Spiel, das du guckst. In jeder Einheit, die du leitest.»
«El Loco» Bielsa als Inspiration
Inspirieren lassen hat sich Maassen von einem der legendärsten Trainer der Fussballgeschichte: von Marcelo Bielsa. Der wurde auch deshalb «El Loco» genannt, weil er die Spieler mit seiner Detailversessenheit fast überforderte. Maassen, auch er für seine Akribie bekannt, sagt: «Auch überfordern ist ein Ansatz für Entwicklung.»
Aktuell ist beim FCSG von Überforderung aber nicht viel zu spüren. Im Gegenteil. Der Fussball scheint fast zu einfach zu sein. Und so erfolgreich wie seit sechs Jahren nicht mehr. Bloss drei Punkte Rückstand auf Leader Thun. Und, was noch viel bemerkenswerter ist, Platz 1 in der Nachwuchs-Trophy der Super League.
Das spricht für Maassen, der nicht ohne Grund den Ruf hat, ein hervorragender Ausbildner zu sein. Wer beim grossen BVB die zweite Mannschaft trainieren darf, muss in dieser Hinsicht niemandem etwas beweisen.
Auch Sportchef Roger Stilz hat Erfahrungen im Nachwuchsbereich, war Leiter der Akademie beim FC St. Pauli. Und er ist als einer der wenigen Sportchefs der Super-League-Geschichte im Besitz einer Uefa-Pro-Lizenz, könnte also auch an der Seitenlinie stehen. «Wir sprechen gemeinsam vor den Spielen über unsere Ideen und haben einen offenen Austausch», sagt Maassen. Zustände wie beim FCZ, wo Ex-Sportchef Milos Malenovic auch Trainer spielen wollte, gibts im Kybunpark aber nicht. «Das wird klar getrennt», so der Trainer.
Auf dem Platz ist Maassen der Chef, wenns um Transfers geht, hat Stilz das Sagen. Von einem spektakulären Transferwinter aber sind die Espen weiter entfernt als vom Abstieg. Viel spricht dafür, dass der Kader zusammenbleiben wird. Zwar wird Jozo Stanic, der wohl beste St. Galler der aktuellen Saison, heftig vom VfL Bochum umgarnt. Der FCSG ist wirtschaftlich aber derart gut aufgestellt, dass man nicht auf kurzfristige Transfereinnahmen angewiesen ist.
Quintillà passt nicht zum Maassen-Fussball
Dass man es sich in St. Gallen leisten kann, mit Jordi Quintillà einen der Top-Verdiener auf der Bank zu lassen, spricht ebenfalls für eine gesunde Finanzlage. Bis 2028 ist der Spanier noch an den FCSG gebunden, bloss 31 Super-League-Minuten hat er absolviert.
Ganz auf dem Abstellgleis aber steht Quintillà nicht. Im kapitalen Cup-Match gegen Rapperswil wird er von Maassen zum Penaltyschützen bestimmt. Als Vize-Captain aber wurde er mittlerweile von Lukas Daschner abgelöst. Stunk macht Quintillà deswegen nicht. «Jordi ist maximal professionell. Und Mitglied im Mannschaftsrat», sagt Maassen.
Dass Quintillà nicht spielt, hat mit der Spielweise des feingliedrigen Mittelfeldspielers zu tun. Lauffreudigkeit und Intensität heissen die Schlagwörter der aktuellen Espen-Elf. Eine Art, wie sie auch Marcelo Bielsa bevorzugte. Unvergessen, mit welch intensivem Fussball «El Loco» Chile an der WM 2010 gegen die Schweiz zu einem 1:0-Sieg coachte.
Es erinnert an den aktuellen FC St. Gallen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
|---|---|---|---|---|---|
1 | FC Thun | 19 | 16 | 40 | |
2 | FC St. Gallen | 19 | 16 | 37 | |
3 | FC Lugano | 19 | 5 | 33 | |
4 | FC Basel | 19 | 8 | 32 | |
5 | BSC Young Boys | 19 | 0 | 29 | |
6 | FC Sion | 18 | 4 | 27 | |
7 | FC Zürich | 19 | -7 | 24 | |
8 | FC Luzern | 19 | 0 | 21 | |
9 | FC Lausanne-Sport | 18 | 0 | 21 | |
10 | Servette FC | 18 | -6 | 20 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 19 | -9 | 17 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -27 | 10 |


