Darum gehts
- Armin Gigovic hat von Schweden zur bosnischen Nationalmannschaft gewechselt
- Familiäre Bindungen und Verbandsbemühungen beeinflussen Nationenwechsel im Fussball
- Am Ende entscheidet auf dem Balkan das Herz, sagt der neue YB-Star
Armin Gigovic (23) ist Nationalspieler von Schweden. Klar, denn dort ist er geboren, dort wuchs er auf.
Die Zeit im schwedischen Dress beginnt als 16-Jähriger. Doch von der ersten Sekunde an ist eine zweite Nation, die seiner Eltern, latent ein Thema. Aber es hatte keinen Drive. Gigovic erinnert sich: «Es gab immer wieder Kontakte nach Bosnien. Aber es war nie ein grosses Ding. Es hiess einfach: ‹Hey, da spielt einer für Schweden, der auch für uns spielen könnte.›»
Die Bosnier hätten sich durchaus erkundigt, wie er zu dem Thema Nationenwechsel stehen würde. «Ich sagte ihnen, ich sei eben zu einem neuen Klub in Russland gegangen. Und da wolle ich mich voll auf den Klub fokussieren. Verschieben wir das auf später.»
Er ist Captain, was soll da passieren?
Denn, so räsonierte Gigovic, wenn man im Klub performe, werde eine Nationalmannschaft automatisch auf einen Spieler zukommen.
Gigovic performte. Und dann war es die schwedische Nationalmannschaft, die auf ihn zukam. «Sie sagten mir, aus ihrer Sicht sei ich bereit für den nächsten Schritt: Die A-Nationalmannschaft.» Er macht sein erstes A-Länderspiel bereits im Januar 2023, im Alter von 20 Jahren. Das zweite genau ein Jahr später. Beides Testspiele. Daran, Gigovic in einem Ernstkampf einzusetzen, denkt niemand in Schweden. Er ist ja in der U21 bestens aufgehoben. Und dann noch als Captain. Was soll da schon passieren?
Viel. Es ist April 2024. Sergej Barbarez (54), ehemaliger Bundesliga-Star (BVB, HSV, Leverkusen), wird neuer Nationaltrainer von Bosnien-Herzegowina. Kurz darauf geht Gigovic zu Holstein Kiel und wird in der Bundesliga eine herausragende Saison spielen.
Er erinnert sich, was er von Barbarez’ Ideen mitbekommen hatte: «Der neue Staff wollte mit neuen Spielern ein langfristiges Projekt bei null starten.» So melden sich die Verbandsbosse und der Coach bei Gigovic und erläutern ihm den Plan. «Sie sagten mir, ich würde ein wichtiger Teil dieses Plans werden. Da wurde ich richtig hellhörig.»
«...das ist halt Teil des Fussballerlebens»
Gigovic erzählt dem schwedischen Verband von diesen Plänen. Und davon, dass ein Nationenwechsel denkbar sei. «Ich wollte keinen schmutzigen Weg gehen, sondern einen respektvollen. Zumal auch der schwedische Verband mich nochmals anrief und mir sagte, man plane fix mit mir in der A-Nationalmannschaft.»
Aber eigentlich hatte Gigovic seine Entscheidung schon gefällt. Er meldet sich wieder beim schwedischen Verband und teilt den Bossen seinen Nationenwechsel mit. «Klar waren sie nicht glücklich. Aber das ist Teil des Fussballerlebens, dass man diese Wahlmöglichkeit hat.»
Gigovic bereut den Entscheid kein bisschen. «Es war die richtige Wahl.»
In der A-Gruppe der Nations League gewinnt Bosnien zwar kein einziges Spiel und steigt ab – wie die Schweiz. «Doch in der WM-Qualifikation sind wir mit drei Siegen aus drei Spielen voll auf Kurs. Der Traum von der WM-Endrunde lebt.»
Auch ein Ex-Superstar wie Kim Källström nützt da nichts
In Schweden hingegen schaut man belämmert aus der Wäsche. Auch ein ehemaliger Superstar wie der Ex-Hopper Kim Källström, der heute Fussballdirektor des Verbands ist, konnte da nichts ändern: «Wir haben uns darum bemüht, Gigovic bei uns zu halten. Offenbar waren diese Bemühungen nicht ausreichend», so Källström im Mai 2025 gegenüber «Sportbladet».
Doch was hat nun den Ausschlag gegeben zu einem auf den ersten Blick nicht leicht nachvollziehbaren Entscheid? Immerhin hätte man in Schweden voll auf ihn gesetzt und kann auch mit Superstars im Team auftrumpfen wie Alexander Isak, dem drittteuersten Spieler der Geschichte (für 140 Millionen Franken von Newcastle zu Liverpool). Oder Victor Lindelöf (von ManUtd zu Aston Villa, einem Europa-League-Gegner von YB).
Familie, Verbandsbosse ... und das Herz
Gigovic sagt, dass es mehrere Faktoren seien. «Zum einen ist da natürlich die Familie, die dich davon zu überzeugen versucht, für das Land zu spielen, aus welchem sie kommt. Und die Bosse der Verbände im Balkan zeigen vielleicht offener und stärker, wie sehr sie einen Spieler wollen. Wenn das der andere Verband realisiert, ist es oft zu spät.»
Schlussendlich ist es wohl der irrationale Faktor, der den Ausschlag gibt. Das sagt auch Gigovic: «Am Ende entscheidet das Herz. Für ein Land aufzulaufen, ist anders als für einen Klub zu spielen.»
Es ist meistens die im Balkan traditionell unglaublich enge Bande zur Familie, die mit dem in Westeuropa eher rationalen Ansatz kaum begriffen werden kann, die den Ausschlag gibt. Das muss beim Bemühen um Spieler – selbst wenn sie zig Jahre lang für alle Auswahlen gespielt haben und sogar Spielführer waren wie im Fall Gigovic – immer der erste Ansatz sein. Sonst werden Länder wie Schweden und die Schweiz noch viele solcher Negativerfahrungen machen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | 5 | 7 | 13 | ||
2 | 5 | 9 | 12 | ||
3 | 5 | 2 | 9 | ||
4 | 5 | 1 | 8 | ||
4 | 5 | 1 | 8 | ||
6 | 4 | 4 | 7 | ||
7 | 5 | -2 | 7 | ||
8 | 5 | -2 | 3 | ||
9 | 4 | -2 | 3 | ||
10 | 4 | -5 | 3 | ||
11 | 4 | -5 | 2 | ||
12 | 5 | -8 | 2 |