Darum gehts
- Cendrim Kameraj: Von Juventus-Talent zu Bauarbeiter und Trainer
- Trainierte mit Ronaldo, erlitt drei Kreuzbandrisse, beendete Profikarriere
- Tiktok-Post mit 10 Millionen Views zeigt Karriereverlauf in zwei Bildern
Obwohl dieser nur aus zwei Bildern besteht, haben inzwischen über zehn Millionen Menschen den Tiktok-Post von Cendrim Kameraj (26) gesehen. Das erste Foto zeigt den Luzerner im Juventus-Training an der Seite von Cristiano Ronaldo, das zweite ist ein Selfie mit Bauarbeiterhelm. Sieben Jahre und drei Kreuzbandrisse liegen zwischen den beiden Aufnahmen.
«Ich durfte etwas erleben, was nicht viele Menschen erleben durften», sagt Kameraj heute über seine Fussball-Karriere. Mit 17 wechselt er aus dem Nachwuchs des FC Luzern zu Juventus Turin. «So eine Chance bekommt man nicht zweimal im Leben», ist der Schweizer U-Nationalspieler damals überzeugt. Bei Juventus kommt er in der U19 regelmässig zum Einsatz, darf gleichzeitig mit den Profis mittrainieren.
«Ronaldo hat Spässchen mit mir gemacht»
Dort steht Kameraj fast täglich mit Superstars wie Cristiano Ronaldo, Gianluigi Buffon und Gonzalo Higuain auf dem Platz. Am meisten Eindruck hat dabei der fünffache Weltfussballer hinterlassen. «Man hat bei Cristiano gemerkt, warum er es so weit geschafft hat. Durch seine Disziplin und seine harte Arbeit hat er sich von allen anderen abgehoben», erzählt Kameraj. Arrogant sei der Portugiese aber nie gewesen. «Er war immer sehr bodenständig und hat sogar Spässchen mit mir gemacht. Das macht schon etwas mit dir, wenn Ronaldo dich beim Namen nennt.»
Kameraj scheint auf bestem Weg, den Sprung in den Profi-Fussball zu schaffen. Doch dann zieht sich der Rechtsaussen seine erste grosse Verletzung zu. Kreuzband, Innenband, Meniskus – alles kaputt. Er wechselt zurück in die Schweiz und nimmt beim FC Lugano einen neuen Anlauf. Auch aufgrund von kleineren Verletzungen kann er sich bei den Tessinern aber nicht durchsetzen. Er absolviert darum ein Probetraining beim FCZ und reisst sich dort erneut das Kreuzband.
Neustart im Kosovo
Der Traum von der grossen Karriere scheint sich erledigt zu haben. Aber Kameraj denkt nicht ans Aufgeben. Über den SC Kriens, für den er elf Challenge-League-Einsätze absolviert, landet er im Kosovo. Bei KF Dukagjini ist aber trotz einer sportlich erfolgreichen Saison nach einem Jahr wieder Schluss. «Nach zwei solchen Verletzungen habe ich selber gemerkt, dass ich nicht mehr der gleiche Spieler bin. Ich konnte nie richtig frei aufspielen, es war immer eine gewisse Angst da.»
Kurz darauf verabschiedet sich Kameraj von seinem Profi-Traum, nicht aber aufgrund einer Verletzung. «Ich bin Vater geworden, was meine Prioritäten im Leben verändert hat», sagt er. Er beginnt, als Personalberater zu arbeiten, ganz mit dem Fussball aufhören will er aber nicht. Nach einem kurzen Intermezzo beim FC Tuggen wechselt er im Sommer 2024 zu Zug 94 in die 2. Liga regional. Nicht einmal eine Minute steht er bei seinem Debüt auf dem Platz, als er sich zum dritten Mal das Kreuzband reisst. «Ich hatte so einen Hass auf den Fussball. Ich wollte überhaupt nichts mehr davon wissen und habe nicht mal mehr Spiele im TV geschaut», erzählt er.
Trainerkarriere in der 3. Liga gestartet
In den knapp eineinhalb Jahren, die seither vergangen sind, habe sich das inzwischen wieder etwas verändert. «Ich bin dankbar, für alles, was ich in meiner Karriere erleben durfte. Es wäre schade, all dieses Wissen und diese Erfahrung wegzuwerfen», sagt Kameraj. Als Trainer steht er heute bei seinem Jugendklub FC Ebikon in der 3. Liga an der Seitenlinie.
Daneben ist er für einen Personalvermittler ICM Bau AG tätig, der sich auf die Baubranche spezialisiert hat. So ist auch das Foto entstanden, das ihn mit einem Schutzhelm zeigt. «Für ein Videoprojekt musste ich einen Tag auf der Baustelle schnuppern. Dabei habe ich dann dieses Selfie aufgenommen», erklärt Kameraj.
Ende September überredet ihn ein Freund, dieses Foto zusammen mit dem gemeinsamen Bild von Ronaldo auf Tiktok zu posten. Drei Wochen später kennen 10 Millionen Menschen zumindest die Kurzfassung seiner viel zu früh beendeten Fussball-Karriere.