Darum gehts
- Sundhage möchte Nati-Trainerin bleiben, SFV unter Zugzwang
- Vertragsverlängerung unsicher, Nachfolgesuche drängt, Strategie noch nicht festgelegt
- Sundhage wird im Februar 66, EM 2029 wäre in ihrem 70. Altersjahr
Geht es nach der Schwedin, ist klar, dass sie das Team in die Ende Februar beginnende WM-Quali führen wird. «Ja, ich würde gerne weitermachen», sagte Sundhage bei der Kader-Bekanntgabe am Dienstag. Ihre Bedingung: Assistentin Lilie Persson (59), bis jetzt in einem 50-Prozent-Job angestellt, soll eine Vollanstellung erhalten.
Damit liegt der Ball beim SFV – und dieser ist unter Zugzwang. Denn er ist im Sundhage-Dilemma. Verlängert er den Vertrag nicht, drängt die Zeit, um eine Nachfolge zu finden. Und er müsste sich vorwerfen lassen, nicht früher gehandelt zu haben, denn seit drei Monaten und dem EM-Out hat sich an der Ausgangslage in dieser Personalie nichts verändert.
Ende November, wenn die Nati ein Trainingslager mit zwei Testspielen absolviert, wird das letzte Zusammentreffen vor dem Start der WM-Quali sein. Dass bis dann bereits eine Nachfolgelösung bereitsteht, ist praktisch ausgeschlossen. Laut Marion Daube (49), Frauen-Direktorin im SFV, fanden bislang keine Gespräche statt, «das wäre respektlos», so Daube gegenüber SRF. Im November werde der Entscheid aber fallen.
Nicht alle sind von Sundhage überzeugt
Offensichtlich sind aber nicht alle im Verband restlos davon überzeugt, dass Sundhage die Richtige ist, sonst wäre der Deal wohl schon längst unter Dach und Fach. Generell stellt sich die Frage: Wie geht es mit dem Frauenfussball hierzulande weiter? Wie viel Geld fliesst in welche Projekte auch über 2027 hinaus, wenn das Legacy-Programm der EM ausläuft?
Offensichtlich hat der Zentralvorstand unter dem neuen Präsidenten Peter Knäbel die Strategie noch nicht endgültig festgelegt. Noch sind diverse Fragen zu klären, wobei diejenige der Nati-Trainerin im Gegensatz zu den Männern noch zentraler ist. Auf das Know-how und die Erfahrung der Schwedin kann der im Frauenbereich nach wie vor knapp aufgestellte Verband eigentlich nicht verzichten. Und Sundhage hat an der Heim-EM unter Beweis gestellt, dass sie, die zweifache Olympiasiegerin, eine Turniertrainerin ist.
Der Abstieg aus der Nations League, der den Weg an die WM 2027 in Brasilien noch steiniger macht, darf in der Gesamtbeurteilung aber nicht ausgeblendet werden. Und trotz des märchenhaften Sommers war nicht nur alles Gold, was glänzte. Auch innerhalb des Teams kommt dem Vernehmen nach Sundhage nicht bei allen gleich gut an. Hinzu kommt der finanzielle Aspekt. Die Frauenabteilung ist (noch) nicht selbsttragend.
Mangel an Alternativen für Sundhage
Der Verband muss perspektivisch denken. Es gilt, mit den zahlreichen Top-Talenten wie Iman Beney, Sydney Schertenleib, Noemi Ivelj und Co. ein Team aufzubauen, das an der EM 2029 die besten Europas herausfordern kann. Zwar wäre auch deshalb – neben der Sichtbarkeit und aus finanziellen Gründen – eine WM-Teilnahme 2027 enorm wichtig, aufgrund des Abstiegs im Frühjahr und des komplizierten Playoff-Verfahrens in der Quali ist diese aber alles andere als kalkulierbar. Sundhage wird im Februar 66, an der EM 2029 wäre sie in ihrem 70. Altersjahr.
Doch hat der Verband überhaupt Alternativen? Das Timing ist nicht ideal, der Trainermarkt überschaubar, was für eine Fortsetzung mit Sundhage spricht. Aber ob mit oder ohne sie, der Entscheid drängt. Das EM-Märchen ist Vergangenheit, die Weichen für eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft müssen jetzt gestellt werden.