Sundhage: «Die Spielerinnen haben geweint und getanzt»
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Gemischte Gefühle nach EM-Aus:Sundhage: «Die Spielerinnen haben geweint und getanzt»

Das Protokoll des Schweizer EM-Märchens
Wie aus Kritik und Spott plötzlich eine Nati-Euphorie wurde

Schwache Resultate, Verletzungen und Vorwürfe gegen die Trainerin – trotz einer schwierigen Vorbereitung hat es die Nati am Heim-Turnier bis in den Viertelfinal geschafft.
Publiziert: 13:20 Uhr
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Aktualisiert: 13:35 Uhr
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Anfang Juni steigt die Schweiz nach einem 0:1 gegen Norwegen aus der Liga A der Nations League ab.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Schweizer Frauen-Nati erreicht EM-Viertelfinale, scheidet gegen Spanien aus
  • Ramona Bachmann und Luana Bühler verpassen EM wegen Verletzungen
  • 25'000 Fans nehmen am Fanmarsch vor dem Viertelfinalspiel in Bern teil
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

3. Juni 2025 – Nations-League-Abstieg

In Sitten VS verliert die Nati das letzte Gruppenspiel der Nations League gegen Norwegen mit 0:1, wodurch der Abstieg in die Liga B besiegelt ist. Aus vier Spielen gegen die beiden kommenden EM-Gegner Island und Norwegen resultieren nur zwei Punkte. Einen Monat vor dem Start ins Heimturnier ist klar: Auf Pia Sundhage (65) und ihr Team wartet noch viel Arbeit.

9. Juni – Camp-Start

30 Spielerinnen rücken ins Pre-Camp in Magglingen BE ein. Mit Lia Wälti, Sydney Schertenleib, Smilla Vallotto, Ana-Maria Crnogorcevic, Seraina Piubel und Naina Inauen fehlen zu Beginn der Vorbereitung sechs Spielerinnen, weil sie mit ihren Klubs noch im Einsatz stehen. Dafür ist Ramona Bachmann (34) bereits Teil des Teams. Nach der Geburt ihres Sohnes hatte sich die Houston-Stürmerin bei PSG fit gehalten.

12. Juni – Bachmann-Schock

Es ist eine Hiobsbotschaft, die Blick an diesem Morgen publik macht. Ramona Bachmann reisst sich im Nati-Training das Kreuzband. Sie ist bereits die zweite Spielerin, deren EM-Traum aufgrund einer schweren Knieverletzung platzt. Ende Mai hatte sich Lara Marti (25) ebenfalls am Kreuzband verletzt.

Ramona Bachmann (l., sitzend) besucht nach ihrem Kreuzbandriss das Nati-Camp, hier mit Teamärztin Tanja Hetling.
Foto: TOTO MARTI

13. Juni – Sundhage sortiert aus

Nach der ersten Trainingswoche nimmt Sundhage eine erste Kader-Reduktion vor. Neben der verletzten Bachmann müssen auch GC-Stürmerin Noémie Potier und etwas überraschend auch YB-Flügel Naomi Luyet das Camp verlassen. Die Nati-Entdeckung des vergangenen Herbsts hatte sich monatelang mit einer Schambeinentzündung herumgeschlagen. Nach Blick-Infos wäre Luyet rechtzeitig zum EM-Start wieder fit gewesen, offensichtlich zu spät für Sundhage.

19. Juni – 1:7-Wirbel

Hinter verschlossenen Türen setzt Pia Sundhage ein Testspiel gegen die U15-Jungs des FC Luzern an. Nachdem man zuvor bereits gegen die U15-Teams von Solothurn und Biel getestet hatte – und eines der beiden Spiele für sich entscheiden konnte –, geht die Nati gegen Luzern mit 1:7 unter. Das Resultat wird allerdings erst einige Tage später durch Social-Media-Beträge der Luzerner Junioren öffentlich. Die Spielerinnen sehen sich in den folgenden Tagen auf den Social-Media-Plattformen mit Spott und Anfeindungen konfrontiert.

20. Juni – das Zittern beginnt

Mit einer landesweiten Schnitzeljagd gibt der SFV über drei Tage verteilt die 23 Spielerinnen bekannt, die den Sprung ins EM-Kader geschafft haben. Noemi Ivelj (18) ist der erste Name, der publik wird. Influencer entdecken in Winterthur ein Trikot der Mittelfeldspielerin. Blick veröffentlicht den Namen von Julia Stierli (28).

22. Juni – Sundhage packt Überraschung aus

Durch die Schnitzeljagd nimmt das Schweizer Kader übers Wochenende immer mehr Form an. Überraschungen bleiben dabei lange aus, bis das Aufgebot von Leila Wandeler (19) durchsickert. Die Lyon-Stürmerin ist zu diesem Zeitpunkt noch ohne Länderspieleinsatz. Als eine der letzten Spielerinnen kann sich auch Wackelkandidatin Riola Xhemaili (22) ein EM-Ticket sichern. Dafür geht Seraina Piubel (25) leer aus.

24.6.2025, Abtwil SG: Leila Wandeler im Porträt.
Foto: TOTO MARTI

23. Juni – Vorwürfe gegen Sundhage

Die harten Vorbereitungswochen sind nicht bei allen Spielerinnen gut angekommen. Wie Blick öffentlich macht, soll Sundhage angeschlagene Spielerinnen dazu gedrängt haben, trotz Verletzungen zu trainieren – auch entgegen der Anweisungen des medizinischen Staffs. Mit den Vorwürfen konfrontiert, spricht die Nati-Trainerin von «bösen Gerüchten».

25. Juni – Sorgen um Wälti

Eine Woche vor EM-Start trainiert Lia Wälti (32) noch immer individuell. Zwischenzeitlich sind sogar beide Knie des Nati-Captains dick eingetapt. «Sie kennt ihren Körper und ist schon lange im internationalen Fussball», sagt Sundhage, die Wälti erlaubt, in der Vorbereitung ihr eigenes Trainingsprogramm zusammenzustellen. Ein Plan, der aufgehen sollte. Zwar hat die Emmentalerin während des Turniers immer wieder mit Schmerzen zu kämpfen. Doch den starken Leistungen tut das keinen Abbruch.

26. Juni – Peng wird die Nummer 1

Mit dem 4:1-Sieg im Testspiel gegen Tschechien beweist die Nati, dass sie nach acht sieglosen Spielen doch noch gewinnen kann. Was an diesem Abend auf der Winterthurer Schützenwiese ebenfalls bekannt wird: Livia Peng (23) hat das Goalie-Duell gegen Elvira Herzog (25) für sich entschieden und geht als Nummer eins ins Heimturnier.

Livia Peng im Testspiel gegen Tschechien.
Foto: TOTO MARTI

30. Juni – Bühler muss Forfait geben

Der nächste Verletzungsschock für die Nati: Auch Luana Bühler (29) verpasst die EM wegen Knieproblemen. Dabei hatte es zuvor lange danach ausgesehen, als könnte die Verteidigerin den Wettlauf gegen die Zeit doch noch für sich entscheiden. Anstelle von Bühler wird Laia Ballesté (26) nachnominiert.

2. Juli – Eröffnungsspiel

Vor einer Rekord-Kulisse trifft die Nati im Eröffnungsspiel in Basel auf Norwegen. Schon während der Hymne haben die Spielerinnen mit ihren Emotionen zu kämpfen, Captain Lia Wälti hat Tränen in den Augen. Angetrieben von über 30'000 Fans liefert die Nati eine der besten Halbzeiten der letzten Jahre ab. Doch nach dem umjubelten Führungstreffer durch Riesen drehen die kaltschnäuzigen Norwegerinnen die Partie noch. Die Schweiz startet mit einer 1:2-Pleite ins Heimturnier und steht schon nach dem Startspiel mächtig unter Druck.

Die enttäuschten Lia Wälti (l.) und Julia Stierli nach dem 1:2 gegen Norwegen.
Foto: TOTO MARTI

3. Juli – zu nett zum Siegen?

Das Duell gegen Norwegen sorgt für Gesprächsstoff, vor allem auch die Abgezocktheit der Skandinavierinnen, die nicht nur effizient sind, sondern auch wissen, wie man Zeit schindet. Der Ärger ist das eine, die Selbsterkenntnis, dass die Nati noch etwas grün hinter den Ohren ist, das andere.

6. Juli – Island-Erlösung

Im schlimmsten Fall hätte der Nati bei einer Pleite schon nach zwei Partien das vorzeitige EM-Aus gedroht. Doch in Bern entscheiden die Schweizerinnen eine umkämpfte Partie gegen Island für sich. Reuteler und die eingewechselte Pilgrim schiessen die Nati in der Schlussphase zum 2:0-Sieg, wodurch im letzten Gruppenspiel ein Unentschieden fürs Weiterkommen reicht.

10. Juli – das Märchen geht weiter

Vier Tage später steht dieses Unterfangen in Genf kurz vor dem Scheitern. Nach einem von Calligaris verschuldeten Penalty liegt die Nati bis zur Nachspielzeit mit 0:1 hinten. Sie habe die negativen Schlagzeilen schon vor sich gesehen, wird die Verteidigerin später erzählen. Doch dazu kommt es nicht. Super-Joker Xhemaili drückt in der 92. Minute einen Reuteler-Schuss zum 1:1 ins Netz. Das Stade de Gèneve explodiert. Die Schweiz steht zum ersten Mal überhaupt in einem EM-Viertelfinal.

Riola Xhemaili drückt den Ball zum 1:1 über die Linie.
Foto: TOTO MARTI

15. Juli – Pilgrims Löwe

Es ist eine von x Geschichten, die dieser magische Sommer schreibt, aber womöglich die skurrilste. Super-Joker Alayah Pilgrim (22) erzählt an einer Pressekonferenz, dass ihre Mutter einst mit einem Löwenbaby aufgewachsen ist. Mauzli, der Name des Löwen, der heute ausgestopft im Wohnzimmer der Mutter steht, geht plötzlich auch ennet der Grenzen viral.

«Er wurde im Familienhaus meiner Mutter aufgezogen»
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Die Story von Löwe Mauzli:«Er wurde im Familienhaus meiner Mutter aufgezogen»

18. Juli – EM-Out

Noch einmal bewegt die Nati die Schweizer Fans – und umgekehrt. Offiziell nehmen 25’000 Fans vor dem Duell gegen Spanien am Fanmarsch durch Bern teil. Ein Meer in Rot-Weiss vor einer atemberaubenden Kulisse, die Bilder gehen um die Welt. Auch auf dem Platz gibt die Nati noch einmal alles. 65 Minuten dürfen auch wir von unserem Wunder von Bern träumen. Es braucht einen Geniestreich der Weltfussballerin Aitana Bonmatí, um unser Réduit zu durchbrechen. 0:2 stehts am Ende, die Nati lässt sich dennoch feiern – zu Recht.

Olga Carmona (l.) tröstet Viola Calligaris nach dem Schweizer EM-Aus.
Foto: Sven Thomann
Spanien-Stars stehen für die Nati Spalier
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Grosse Geste nach Abpfiff:Spanien-Stars stehen für die Nati Spalier

19. Juli – ungewisse Sundhage-Zukunft

Die Nati verabschiedet sich auf dem Bundesplatz von ihren Fans. Trotz Regens lassen diese die einzelnen Spielerinnen noch einmal hochleben. Der abtretende SFV-Präsident Dominique Blanc animiert die Leute zum Hüpfen, Alayah Pilgrim und Leila Wandeler tanzen noch einmal, und Pia Sundhage singt ein Ständchen. Bleibt sie Nati-Trainerin? «Die Gespräche sind in alle Richtungen offen», sagt SFV-Direktorin Marion Daube (49).

Sundhage singt und die Spielerinnen tanzen
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Nati-Party auf dem Bundesplatz:Sundhage singt und die Spielerinnen tanzen
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Gruppe A
Mannschaft
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PT
1
3
3
9
2
3
1
4
3
3
0
4
4
3
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Playoffs
Gruppe B
Mannschaft
SP
TD
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1
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4
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-6
1
Playoffs
Gruppe C
Mannschaft
SP
TD
PT
1
3
7
9
2
3
0
6
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3
4
3
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0
Playoffs
Gruppe D
Mannschaft
SP
TD
PT
1
3
7
9
2
3
8
6
3
3
-4
3
4
3
-11
0
Playoffs
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