Darum gehts
- Dominik Kelsang Erne läuft Weltrekord von St. Gallen nach Genf
- Ultraläufer überwindet Rückschläge und Halluzinationen während des Rekordlaufs
- 373 Kilometer in unter 58 Stunden nonstop zurückgelegt
Dominik Kelsang Erne (44) hat Geschichte geschrieben: In unter 58 Stunden lief der Schweizer Ultraläufer von St. Gallen bis Genf – 373 Kilometer nonstop. Weltrekord!
Der Erfolg nach den Strapazen ist für Erne eine besondere Genugtuung: Im März musste er bei seinem ersten Versuch in Fribourg aufgeben. «Damals hatte ich Fieber. Bei einem normalen Rennen wäre ich einfach nicht gestartet, aber bei diesem Projekt waren so viele Leute involviert, das konnte ich nicht abblasen», erzählt Erne gegenüber Blick.
Für den zweiten Versuch hielt er den Kreis diesmal klein: Nur fünf Personen wussten von seinem Plan. «Ich wollte es einfach schaffen. In meinem Kopf wusste ich immer: Es klappt.»
Die Vorbereitung war hart. Im Vorfeld hatte sich Erne bei einem Speed-Training nach einem Sturz die linke Seite aufgeschürft und sich anschliessend nicht richtig erholt. Zwei Wochen später passierte im Wald ein Misstritt, der ihn erneut zum Trainingsstopp zwang. «Statt 100 bis 150 km pro Woche kam ich nur noch auf 40.»
Minuziöse Vorbereitung
Der Rekordlauf verlangte nicht nur körperliche Ausdauer, sondern auch mentale Stärke. «Wenn man Schmerzen hat, helfen zwei Dinge: auf die Atmung achten und im Hier und Jetzt bleiben, sowie Kohlenhydrate und Salztabletten. Schmerzmittel nehme ich nie, das wäre unfair», erklärt der sechsfache Schweizer Meister im Ultralauf.
Bei Ernes Versuch wurden Essen, Schlaf und Pausen minuziös geplant: In einem Excel-File wurde auch aufgeschrieben, wann er Schuhe wechseln sollte und wo Gels sowie Getränke zu sich genommen werden müssen. Auch kurze Schlafzeiten wurden vorgängig eingeplant.
Der Dönerladen stillte den Heisshunger
Auf dem Weg nach Olten überkam Erne der grosse Hunger. Allerdings waren alle Läden geschlossen, nur ein kleiner Kebabladen hatte offen. Der Besitzer konnte keine kleine Portion Pasta anbieten, einen Kebab wollte Erne nicht. Also gabs eine Pizza – ein Moment, der ihm noch lange in Erinnerung blieb. «Das hat mir richtig gutgetan und die Energie kam sofort zurück», sagt er.
Kurz vor Lausanne traten dann die schwierigsten Momente des Laufs auf. Erne litt unter Wahrnehmungsstörungen. Er schaute alle zehn Minuten auf sein Handy, weil er dachte, er sei vom Weg abgekommen. Unterstützung erhielt er in dieser Situation unterwegs von Kollegen, die nachts mitliefen, und von seiner Freundin, die mit dem Auto vorausfuhr.
Für Erne mehr als ein Weltrekord
Die Mission hinter dem Lauf war für Erne mindestens so wichtig wie der Weltrekord selbst. «We Run for Tibet 2025», erinnert an den Volksaufstand vom 10. März 1959 und soll die Freundschaft zwischen Schweiz und Tibet fördern. «Es ging nicht nur um mich. Das hat mir in den härtesten Momenten geholfen», erklärt er.
Für die Zukunft plant Erne schon den nächsten Wettkampf: die 24-Stunden-Weltmeisterschaft nahe Toulouse im Oktober. Ziel ist, deutlich mehr als 241 km zu laufen, diesmal als Team. Wenn er auf die 373 km quer durch die Schweiz zurückblickt, bringt er es so auf den Punkt: «Crazy, mega lang und Erlösung.»