Darum gehts
- Brendan Lemieux hinterlässt im zweiten Halbfinalduell gegen den ZSC Spuren
- Lemieux bringt Härte ins Spiel und sorgt für Balance in den Sturmlinien
- In 17 NL-Einsätzen hat Lemieux aber noch kein Tor geschossen
Er hat auf seinen Moment geduldig gewartet, weil er weiss, dass sein Spielstil in gewissen Momenten gefragt ist: Brendan Lemieux (29) hinterlässt im zweiten Halbfinalduell gegen den ZSC Spuren. Nicht nur die offensichtlichen. Doch dazu später mehr.
Seit der Verpflichtung des Ex-NHL-Haudegens fragen sich Skeptiker nach deren Berechtigung. Denn Tore geschossen hat Lemieux in 17 NL-Einsätzen noch keines. Und daran werden Ausländer schliesslich gemessen, oder? Deshalb nimmt ihn HCD-Trainer Josh Holden (47) nach dem Serienausgleich in Schutz: «Wir haben ihn nicht geholt, damit er 40 Tore schiesst. Auch nicht 20. Wir brauchten ein anderes Spielerprofil im Team.» Einen Unruhestifter, der dem Gegner unter die Haut fahren kann. Das Element Härte soll in dessen Naturell liegen. Für die Playoffs Gold wert.
Lemieux will es nicht übertreiben
Als Holden nach der 1:6-Klatsche zum Halbfinalauftakt das fehlende physische Spiel als einen Grund für die Niederlage herausstreicht, muss sich Lemieux wohlwissend die Hände gerieben haben. «Ja, vielleicht habe ich kurz gedacht, dass jetzt meine Zeit kommt», gesteht der US-Stürmer, der in der NHL hauptsächlich mit Faustkämpfen auf sich aufmerksam gemacht hat. Lemieux ist sich bewusst, welche Nische er bedient.
Allerdings weiss der Sohn von Vierfach-Stanley-Cup-Champion Claude Lemieux (59) auch, dass das Hockey hierzulande anders tickt. «Schlägereien sind gut für den Sport, sie halten ihn sauber, weil man so die Teamkollegen beschützen kann. Aber ich weiss, dass die Kultur in Europa anders ist.» Der Trashtalk ebenso? «Ja», sagt er grinsend, «er findet in vielen verschiedenen Sprachen statt.»
Dieses Grinsen sieht man auch während des Duells. Immer dann, wenn Lemieux einem Zürcher noch ein paar nette Worte mit auf den Weg zur Spielerbank gibt, ihm kurz davor einfach den Stock entreisst und mitnimmt – oder einfach dann, wenn er Spass daran hat, in Scharmützeln mitzumischen, die ihn gar nichts angehen. Dass er es mit Prügeleien nicht übertreiben darf, habe ihm der Trainer eingebläut. «Ich muss vorsichtig sein, ich will mir ja keine Sperren einhandeln.»
Holden mag demütige und stille Krieger
Was hat ihm Holden – einst als Spieler selber kein Kind von Traurigkeit – noch geraten? «Dass er nicht damit die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und für Schlagzeilen sorgen soll.» Der 47-Jährige möchte, dass seine Spieler als demütige und stille Krieger wahrgenommen werden. Lemieux macht seinen Job, setzt Nadelstiche, übertreibt es dabei aber nicht. Doch nicht nur deswegen hat Holden richtig entschieden, den Rumpler von der Leine zu lassen. Es bringt auch die Balance in die Sturmlinien zurück.
Denn die drei verletzungsbedingten Ausfälle der Stürmer Tino Kessler (28), Yannick Frehner (27) und Enzo Corvi (32) haben die Personaldecke in der Offensive ausgedünnt. Als im ersten Spiel Verteidiger Julius Honka (Fi, 29) anstelle von Stürmer Lemieux spielt, muss vorne der erst 18-jährige Beni Waidacher ran. Der Headcoach lässt in Zürich praktisch nur mit drei Linien spielen, obwohl Rico Gredig (20) und 2:0-Schütze Julian Parrée (22) durchaus Energie bringen können. Das rächt sich. «Mit Lemieux im Sturm können wir mit vier Linien Druck machen und bleiben im Rhythmus», so Holden. Zudem habe er mehr Optionen im Powerplay.
Lemieux selbst weist ebenfalls darauf hin, dass man in den Playoffs die Tiefe des Kaders so gut wie möglich ausnutzen sollte. Nebst der von ihm geforderten Härte müsse er aber schon auch gut Hockey spielen, witzelt er. In der Linie mit Puckkünstler Filip Zadina (Tsch, 25) und Valentin Nussbaumer (24) läufts, da kann Lemieux spielerisch mehr als nur mithalten. Seine Pässe sitzen, er versteht Zadinas Spiel, er gewinnt wichtige Bullys und räumt vor beiden Toren Zürcher Hindernisse aus dem Weg. Das sind die Spuren, die Lemieux hinterlassen hat.