Darum gehts
- Tanja Hüberli erlebt schwierige Zeit vor EM-Start in Düsseldorf
- Familiäre Schicksalsschläge belasten Hüberli während Heimturnier in Gstaad
- Hüberli hat 5 EM-Finals gespielt und 2 Gold- sowie 3 Silbermedaillen gewonnen
Die bedrückenden Ereignisse überschlagen sich. Schicksalsschläge im familiären und nahen Umfeld reihen sich im Frühjahr aneinander. Kurz nach dem Start in diese ohnehin schon spezielle Saison, die Tanja Hüberli mit ihrer neuen Partnerin Leona Kernen (20) in Angriff genommen hat. Im Vorfeld und während des Heimturniers in Gstaad BE sind die Emotionen noch zu präsent, als dass die 32-Jährige darüber sprechen möchte (im Blick). Nach den Spielen im Berner Oberland brechen sie immer wieder aus ihr heraus. «Die Woche war etwas vom Schwierigsten, das ich je erlebt habe», so die Schwyzerin.
Zweimal EM-Gold für Hüberli
Drei Wochen später kann Hüberli erzählen, was alles passiert ist in ihrem Leben. Auch weil sie sich nach dem Heimturnier eine Pause gegönnt und aufgetankt hat. Rechtzeitig für die Europameisterschaft, die am Mittwoch in Düsseldorf (De) losgeht. Die EM ist ihr Ding: Keine Schweizer Beachvolleyballerin ist je erfolgreicher gewesen. Fünf Finals (2023, 2022, 2021, 2018, 2014) hat die Blockerin gespielt, zweimal Gold (2023, 2021) und dreimal Silber gewonnen. Nun geht sie mit Kernen ohne Medaillendruck an die Titelkämpfe. Sie sei froh, dass sie ohne Titel-Erwartungen einfach spielen können. Und Hüberli ohne die belastenden Gedanken.
Rückblende: Im April müssen sie und ihre Familie den Tod ihres Onkels (†75) verkraften. Im Mai hat ihr Bruder Alex (32) einen schweren Verkehrsunfall, kämpft lange mit den Folgen. Tanja Hüberli unterstützt ihn und seine Frau so gut wie nur möglich, kümmert sich in den ersten Tagen um die beiden Kinder (1, 3) mit.
Als es ihrem Bruder wieder besser geht, kommt die nächste erschütternde Nachricht: Tim, der jüngere Bruder ihres Freundes Nils, muss notfallmässig ins Spital, die Lage ist ernst. Die Familie bangt und leidet mit ihm – in den intensiven Wochen vor dem Highlight in Gstaad, denn: Tim und Nils sind die Söhne von Ruedi Kunz (64), dem langjährigen Turnier-Organisator. «Was Ruedi in den Wochen geleistet hat, ist kaum in Worte zu fassen.»
Gstaad war schlimm für Hüberli
Es sind Mitgefühl und Sorge, die Hüberli neben dem Feld belasten. «Die Trainings waren eine gute Abwechslung, aber das Turnier war schlimm für mich. Der Leistungsdruck, die Erwartungen und das Heimpublikum, dem man etwas zurückgeben möchte, war in diesem Moment schwer auszuhalten», gesteht sie. Von der für die Schweizerinnen immer besonderen Atmosphäre bekommt sie wenig mit.
Sie wird immer wieder von ihren Gefühlen übermannt. Besonders nach dem gewonnenen Viertelfinale. «Sportlich war es ein Riesenerfolg für Leona und mich. Aber mental war ich komplett leer. Ich wollte nur noch zu Tim», so Hüberli, die in der Nacht auf Sonntag nur knapp zwei Stunden schlafen kann. Am Ende reicht es zu Platz vier für Hüberli/Kernen, was aber in Anbetracht der Situation zweitrangig ist. Ihr erster Gang danach: der Spitalbesuch bei Tim, der mittlerweile aus dem Koma aufgewacht und nun auf dem Weg der Besserung ist.
Frei von dieser Sorge gehts nun an die EM, für Hüberli nach einem Jahr Abwesenheit. Denn nach dem letztjährigen Olympia-Bronze-Triumph in Paris (Fr) mit Nina Brunner (29, in der Mutterschafts-Pause) verzichtet das Team auf die EM-Teilnahme.
Nun steht Hüberli vor ihrer zwölften (!) Europameisterschaft, die gleichzeitig erst das siebte gemeinsame Turnier von ihr und Kernen ist. Dabei haben sechs Top-10-Plätze rausgeschaut. Auch in Düsseldorf liegt etwas drin, obwohl sie in ihrer Gruppe mit den Lettinen Graudina/Samoilova die Titel-Favoritinnen haben. «Wir hatten eine gute Vorbereitung und fühlen uns bereit. Wir würden gerne das eine oder andere Top-Team ärgern».