Darum gehts
- Streit um WEF-Gründer Schwab eskaliert, Diplomat Lüchinger mischt im Hintergrund mit
- Zwischenvereinbarung erreicht, aber Untersuchungsbericht-Leak führt zu erneuter Verhärtung der Fronten
- Vierstündige Befragung von Schwab im Genfer Hotel Metropole am 15. Juli
Beim Streit um den Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF) geht es um eine nationale Schicksalsfrage. Anders lässt sich der Fakt nicht interpretieren, dass sogar der Stardiplomat des Bundes mitmischt.
Gabriel Lüchinger leitet beim EDA die Abteilung Internationale Sicherheit. Er hat kein formelles Vermittlungsmandat. Aber WEF-Gründer Klaus Schwab (87) vertraut ihm. 2024 organisierte der 48-Jährige in Davos das Treffen der nationalen Sicherheitsberater zur Ukraine. Auch 2026 ist wieder ein gewichtiges Meeting geplant. Lüchinger weiss also, was auf dem Spiel steht.
Die Amerikaner erkundigten sich besorgt in Bern
Bereits haben die Amerikaner besorgt in Bern nachgefragt, was mit dem WEF los ist. Im August beginnt die Anmeldephase für nächstes Jahr.
Zwischen dem WEF und seinem Gründer Schwab war es zum Bruch gekommen. Letzterer wurde nach anonym erhobenen Vorwürfen, die er bestreitet, unsanft aus dem Führungsgremium entfernt. Nun muss dringend eine Versöhnung her. Mit der Aufgabe betraut wurde das neu gewählte Stiftungsratsmitglied Philipp Hildebrand (62).
Vier Stunden im Hotel Metropole
Nach dem Eklat standen die Zeichen kurz auf Entspannung. Hildebrand gelang es, Schwab und das WEF zu einer Zwischenvereinbarung zu ermuntern: Dem Gründer wurde ein Einblick in den Entwurf des Untersuchungsberichts gewährt. Im Gegenzug steht Schwab den Ermittlern Red und Antwort. So kam es am 15. Juli im Genfer Hotel Metropole zu einer vierstündigen Befragung von Schwab durch Homburger-Advokat Claudio Bazzani.
So weit, so normal. Dann kam es fünf Tage später zum Knall: Erst berichtete die «SonntagsZeitung» aus dem Haus Tamedia über Details aus dem Untersuchungsbericht. Die Rede war vom bereits zuvor bekannt gewordenen Vorwurf von manipulierten Länderreporten, von zweckentfremdeten Geldern durch Hilde Schwabs Privatstiftung sowie von «peinlichen Mails», die der Patron jungen Mitarbeiterinnen geschickt haben soll. Daraufhin legten das «Wall Street Journal» und «Bloomberg» nach; die Angelsachsen schreiben von 60 Seiten, die ihnen vorlägen.
Versöhnung weiter entfernt denn je
Anders als die Journalisten hat Klaus Schwab, der um sein Lebenswerk kämpft, noch keine Zeile aus dem Untersuchungsbericht gesehen – entgegen der Zwischenvereinbarung. Dazu kommt die Kuriosität, dass die «peinlichen Mails» während des Verhörs in Genf nie Thema waren.
Die Fronten sind wieder verhärtet. Klaus Schwab ist ausser sich: Er teilte mit, dass er jeden Vorwurf entkräften könne und die Kooperation mit den Untersuchern verweigere. Womit die anonymen Heckenschützen ein Ziel erreicht haben: Eine Versöhnung scheint weiter entfernt denn je. Besteht die Mission darin, den Gründer ein für alle Mal zu canceln?
Das Trio Brabeck, Brende, Buberl
Fest steht, dass es Schwab auf der Gegenseite mit einem mächtigen Trio zu tun hat: Brabeck, Brende, Buberl. Der interimistische Stiftungsratspräsident Peter Brabeck-Letmathe (80), der regelmässig dem Bundesrat berichtet, gehört seit längerem zu Schwabs Widersachern. WEF-Präsident Børge Brende (59) wiederum werden eigene Ambitionen nachgesagt. Und Thomas Buberl (52), Chef des Prüf- und Risikoausschusses, beauftragte nach dem Auftauchen der anonymen Vorwürfe im Frühling im Eiltempo die Kanzlei Homburger mit der Untersuchung gegen Schwab. Dass Homburger die Hauptanwälte des Versicherungskonzerns Axa stellt, dessen CEO Thomas Buberl heisst, ist zumindest ein pikantes Detail – in einer Auseinandersetzung, die allmählich zum Schmierentheater wird.
Schwab will sich auf Anfrage nicht äussern. Etwas Hoffnung bleibt: Dem Vernehmen nach wird kommende Woche ein weiteres Gespräch mit den Parteien angepeilt. Auch Diplomat Gabriel Lüchinger wird genau verfolgen, was dieser Versuch bringen wird.