Es ist ein Schock für Tausende Musikfans, die dieses Jahr am Mega-Event Tomorrowland in Antwerpen in Belgien teilnehmen wollen. Die Hauptbühne stand am Mittwochabend plötzlich in Flammen und brannte ab.
Solche Veranstaltungen brauchen monatelange Planung und jede Menge Zeit und Schweiss beim Aufbau. Auch in der Schweiz gibt es zahlreiche Events mit riesigen Bühnen und Dutzenden involvierten Personen.
Einer, der all das genaustens kennt, ist Giorgio Toma (51), Produktionsleiter und federführend bei Veranstaltungen wie aktuell dem «Moon&Stars» in Locarno. Seit 25 Jahren plant er Abläufe und baut Bühnen auf. Nach dem verheerenden Grossbrand in Belgien spricht Toma über die Komplexität, die Verantwortung – und darüber, was solche Bilder emotional mit ihm machen.
Ablauf, Deadlines und jede Menge Arbeit
Von den Veranstaltenden erhält Toma zuerst die Daten des Events und wo das Ganze stattfinden soll. «Dann ist meine Aufgabe, den zeitlichen Horizont abzustecken», sagt er zu Blick. Auf einem Feld brauche es weniger Zeit als in einer Stadt, wie zum Beispiel Locarno.
Beim Moon & Stars sind das zehn bis elf Tage. «Für zwei Bühnen ist das relativ viel, aber das liegt an der Location mit den engen Zufahrten und anderen Baustellen», erklärt der Event-Profi. Die Dauer des Aufbaus der Megabühnen beim Tomorrowland schätzt er auf rund zwei Wochen. Und das bedinge bereits perfekte Vorbereitung im Vorfeld. «Die ganzen Deko-Elemente müssen gebaut werden, die Motoren müssen aufeinander abgestimmt werden. Das ist ein Riesen-Aufwand», betont Toma. Die Veranstaltenden selber sprechen von einem Jahr Arbeit.
Von der Skizze zum Stahlgerüst
Noch bevor geschraubt und montiert werden kann, beginnt das Bühnenleben aber auf dem Papier: «Es braucht erst eine Idee. Die wird aufgezeichnet, ein Designer übernimmt dann und arbeitet diese aus. Dann gehts, im Falle des Moon & Stars, zu einem Holzspezialisten für die Fassade und die Ausführungspläne, damit alles in Stücken kommt und montiert werden kann», erklärt Toma den Ablauf.
«Elementar ist der Systemgerüstbau aus Stahl. Das ist das gleiche Gerüst wie beim Tomorrowland. Erst das Gerüst, dann das Dach, dann der Unterbau und dann kommt die Fassade.» Allein für den Gerüstbau im Tessin braucht es dafür rund 30 Gerüstbauer, die teilweise in zwölf Metern Höhe alles festschrauben.
Er selber stehe in dieser Phase von morgens um sieben bis abends um zehn auf dem Platz, um die Schnittstelle zwischen Gerüstbauern, Technikern und Holzbauern zu gewährleisten.
Sicherheit, Wetter und Unvorhersehbares
«Niemals Routine, immer voller Verantwortung» – so beschreibt Toma das Arbeitsgefühl: «Sicherheit ist das höchste Gebot!»
Er weiss, dass das Schlimmste oft das Unplanbare ist: «Das Wetter ist ein Riesenfaktor, den niemand beeinflussen kann. Zu heiss, zu nass, zu windig – all das kann gefährlich werden.»
Emotionen nach der Katastrophe von Tomorrowland
Die Nachrichten und Bilder vom zerstörten Bühnenaufbau bei Tomorrowland treffen Toma persönlich: «Es macht mich extrem traurig. Wenn ich sowas sehe, denke ich immer: Zum Glück ist das nicht uns passiert – und natürlich ist es ein Gefühl der Erleichterung, dass niemand zu Schaden gekommen ist.»
Er empfinde aber auch Unverständnis und Ärger. Zum Beispiel bei vorschnellen Kommentaren. «Wenn ich lese, die hätten keinen Plan C. Das ist ignorant. Es ist nicht wie in der Migros, wo man endlos Milch holen kann!».
Dass so etwas Dramatisches passiere, sei äussert selten, wenn man bedenke, wie viele Veranstaltungen täglich weltweit über Bühnen gehen. «Die Verantwortung aber bleibt – und die Dankbarkeit, wenn nichts passiert», so sein Fazit.