Darum gehts
- Brand zerstört Tomorrowland-Hauptbühne. Festival soll dennoch stattfinden
- Pyrotechnik-Experte warnt vor Gefahren von Sparkulars und entflammbarem Bühnenmaterial
- Über 100'000 Musikliebhaber werden an zwei Wochenenden im Juli erwartet
Wo noch vor wenigen Stunden die wohl aufwendigste und gigantischste Bühne Europas stand, ist nur noch Schutt und Asche übrig. Ein gewaltiger Brand hat am Mittwochabend die Hauptbühne des Tomorrowland-Festivals in Belgien komplett zerstört. Am Freitag hätte der Mega-Event starten sollen. An zwei Wochenenden im Juli werden Hunderttausende Musikliebhaber aus aller Welt ins belgische Boon gelockt.
Laut der belgischen Tageszeitung «HLN» wurde der Brand von der Pyrotechnik ausgelöst. Bei einem Test hätten Funken die Bühne entzündet. Maschinen, die solche Funken versprühen, kennt Erich Frey (66) ganz genau. Er ist Experte in Sachen Pyrotechnik und ist bei allen grossen Schweizer Shows beteiligt. Ob ESC, Konzerte im Zürcher Hallenstadion, Gurtenfestival oder Open-Airs. Sein Betrieb macht alles.
«Wenn das brennt, dann brennt es»
Besonders gefährlich sind laut Frey die sogenannten Sparkulars – Maschinen, die Feuer-Fontänen erzeugen. Frey: «Diese Geräte werden im Internet als kaltes Feuerwerk angepriesen. Doch kaltes Feuerwerk gibt es nicht. Ein solcher Funkenflug kann sehr gefährlich sein.» Das versteht man spätestens, wenn man weiss, wie ein solches Gerät funktioniert. Im Inneren befindet sich Titanpluver. «Die Maschine heizt sich auf wie ein Föhn. Das Pulver wird durch ein Rohr nach draussen geblasen. Das Pulver erhitzt sich und so entstehen die Funken.»
Heikel wird es, wenn entflammbares Material auf der Bühne liegt. Innert kürzester Zeit kann so eine grosse Fläche Feuer fangen. «Beim Tomorrowland haben sie eine riesige Kulisse. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dabei viel Styropor verwendet wird. Wenn das mal brennt, dann brennt es.»
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Bühne am Tomorrowland Feuer fängt. 2017 im spanischen Barcelona kam es zu einem ähnlichen Vorfall, 22'000 Besucher mussten evakuiert werden.
Bei entflammbarem Material auf der Bühne muss man extrem aufpassen. In der Schweiz müssen die Firmen sicherstellen, dass sich keines in der Nähe befindet. Als Unternehmer trage man da auch eine gewisse Verantwortung, erklärt Frey. Löschmaterialien müssen permanent zur Verfügung stehen.
US-Rapper Macklemore wollte höhere Flammen
Der Experte musste auch schon selbst einschreiten, als Künstler mit unrealistischen Vorstellungen um die Ecke kamen. «Gerade am Mittwoch habe ich die Show für US-Rapper Macklemore (42) gemacht. Er wollte höhere Flammen. Da musste ich Nein sagen», erzählt Frey. «Ich trage die Verantwortung, und wenn es jemandem nicht passt, kann ich auch nichts machen.»
Neben Styropor stelle auch Lack einen Risikofaktor dar. Auch dieser könnte bei einem solch grossen Bühnenbild wie in Belgien zum Einsatz gekommen sein.
«Eine 100-prozentige Sicherheit hat man nie», sagt Frey. Jedoch wurde in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Risiken minimiert werden. «Da sind eigentlich alles Vollprofis am Werk.» Zudem existieren gerade in der Schweiz strenge Vorschriften. «Wir brauchen jedes Mal eine Bewilligung, wenn wir die Sparkulars einsetzen. Sie dürfen ausserdem nur von Personen bedient werden, die einen Fachausweis haben. Dieser wird auch genau kontrolliert.»
«Schwerwiegender Zwischenfall»
Am Mittwochabend gibt der Tomorrowland-Veranstalter auf seiner Website ein erstes offizielles Statement ab. «Aufgrund eines schweren Zwischenfalls wurde unsere geliebte Hauptbühne schwer beschädigt», heisst es. Das Festival soll einer Sprecherin zufolge dennoch stattfinden, allerdings ohne die Hauptbühne.
Frey ist merklich betroffen. «Es ist alles weg. Alles zerstört. Die ganze LED-Wand, die komplette Technik.»
Glücklicherweise kam beim Inferno niemand zu Schaden. In der Vergangenheit passierten immer wieder Vorfälle mit Pyrotechnik, die in einer Katastrophe endeten. Im März starben bei einem Brand in einem Club in Nordmazedonien fast 60 Menschen. Auch dort wurde das Feuer von einem Sparkular-Gerät ausgelöst.