Darum gehts
- Trump beendet Gazakrieg und wird als Retter gefeiert
- Trumps Kehrtwende durch Druck arabischer Regierungen und Geschäftsinteressen
- 20 israelische Geiseln freigelassen, fast 2000 Palästinenser aus Gefängnissen entlassen
Donald Trump (79) wird in Israel, in der arabischen Welt und von allen im ägyptischen Sharm el-Sheikh versammelten europäischen Spitzenpolitikern als Retter aus schwerer Not gefeiert. Ihm gelte das Verdienst, dass der verheerende Gazakrieg nach mehr als zwei Jahren endlich ende und die letzten 20 israelischen Geiseln von den Hamas-Terroristen freigelassen worden seien, lautet unisono das lobende Urteil.
Tatsächlich hat der US-Präsident für einmal seine Machtfülle vollumfänglich auf konstruktive Weise eingesetzt, mit der Drohung totaler Vernichtung gegen Hamas einerseits, mit Druck auf Benjamin Netanyahu (75) anderseits. Den israelischen Premier zu beeinflussen, wird schwieriger gewesen sein, denn Netanyahu hatte sich in den letzten Monaten förmlich in die Idee verbohrt, die ganze, 2,2 Millionen Menschen umfassende Bevölkerung des Gazastreifens (nach irgendwo oder nirgendwo) zu vertreiben und die Küstenregion zu annektieren.
Die Kehrtwende
Über längere Zeit lag Trump auf gleicher Linie wie Netanyahu: Er hatte bereits Pläne ausarbeiten lassen, den Gazastreifen (befreit von Palästinensern) in eine «Riviera des Nahen Ostens», also in eine Boom-Region für Immobilien-Haie, zu verwandeln – und hatte auch schon Teams für Verhandlungen mit drei Ländern ausgesandt, die die Gaza-Palästinenser aufnehmen sollten (Libyen, Somaliland und Südsudan).
Doch mit diesen Plänen stiess er auf harten Widerstand von arabischen Regierungen, vor allem von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar. Sie machten ihm respektive seinen Unterhändlern Jared Kushner (44, Schwiegersohn Trumps und Immobilien-Manager) und Steve Witkoff (68) klar, dass die USA mit einem solchen Plan ihre Chancen für lukratives Business in der ganzen mittelöstlichen Region aufs Spiel setzen würden. Das gab den Ausschlag für Trumps Kehrtwende und für dessen Entschluss, den israelischen Premier unter Druck zu setzen.
Freilassung von Geiseln und Gefangenen
«Der Krieg ist vorbei», sagte Donald Trump triumphierend, noch bevor das Dokument mit dem umständlichen Titel «Implementation Steps for President Trump's Proposal for a Comprehensive End of Gaza War» unterzeichnet war. Ist er wirklich vorbei?
Wenigstens schweigen die Waffen, fallen keine Bomben mehr auf die bereits weitgehend in eine Trümmerwüste verwandelten Städte im Gazastreifen; wenigstens sind die noch lebenden 20 israelischen Geiseln nach einer mehr als 700 Tage und Nächte dauernden Tortur in den Tunneln unter dem Gazastreifen jetzt wieder frei. Israel hat als Gegenleistung fast 2000 Palästinenser aus Gefängnissen entlassen.
Blick in die Zukunft
Aber mehr ist bisher nicht erreicht worden: Die Hamas sagt Nein zur Forderung nach Entwaffnung, sagt auch Nein zu der im Trump-Plan vorgeschlagenen, künftigen internationalen Verwaltungsbehörde für den Gazastreifen. Israel anderseits sagt zwar nicht explizit Nein zur Forderung eines völligen Rückzugs seines Militärs aus der Küstenregion, lässt da aber so viel offen, dass sich viel eher Ablehnung als Zustimmung herauslesen lässt.
Die bitterste Pille für Israel anderseits ist, dass es sich damit abfinden muss, dass die angestrebte völlige Vernichtung der Hamas (nur dadurch könne wirklich Sicherheit für die Menschen in Israel geschaffen werden, hatte Netanyahu immer betont) sich als Illusion erwiesen hat.
Weitere Verhandlungen werden, sofern sie denn stattfinden, schwierig. Und sehr schwierig wird es für die Menschen Israels und die Palästinenser werden, ihre traumatischen Erfahrungen zu überwinden. In Israel hat die Ermordung von fast 1200 Menschen und die Entführung und Geiselnahme von mehr als 250 weiteren am 7. Oktober 2023 unauslöschliche Spuren hinterlassen, und Gleiches gilt wohl für die Menschen im Gazastreifen: mehr als 67'000 Todesopfer, mehr als 100'000 teils schwer Verletzte, die Mehrheit Kinder, und eine junge Generation, die zwei Jahre lang keine Schulbildung erhalten hat. Beides von Menschen gemachte Tragödien unfassbaren Ausmasses.