Nur 20 Fälle jährlich in der Schweiz
Seltenes Bakterium kostete Schuhmacher den Fuss – und fast das Leben

Thomas Meier kämpft seit Jahren mit einem seltenen Bakterium. Elf Spitalaufenthalte, mehrere Operationen und eine Fussamputation musste er über sich ergehen lassen. Doch aufgeben war nie eine Option für den Schuhmacher.
Kommentieren
1/5
Im November wurde der Fuss von Thomas Meier amputiert.
Foto: Thomas Meier

Darum gehts

  • Schuhmacher Thomas Meier kämpft seit einem Jahr mit schwerer Krankheit
  • Bakterielle Infektion führte zu mehreren Operationen und Amputationen
  • 20 Personen in der Schweiz sind jährlich von diesem Bakterium betroffen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Daniel_Macher_Journalist Newsteam_Blick.ch_2-Bearbeitet.jpg
Daniel MacherRedaktor News

Thomas Meier (54) will einfach nur wieder arbeiten. Doch seit einem Jahr sind die Lichter in seiner Schuhmacherei aus. In dieser Zeit verbrachte er viel Zeit im Spital, musste sich mehreren Operationen unterziehen und sprang dem Tod nicht nur einmal von der Schippe.

2019 zog der gelernte Orthopädieschuhmacher mit seinem Geschäft von Zürich in den Aargau. Die Kunden kamen, die Geschäfte liefen gut. Doch im November 2024 änderte sich alles – obwohl die ersten Warnsignale schon Jahre zuvor aufgetreten waren.

«Das Bakterium, das ich in mir trage, habe ich etwa seit zwei bis drei Jahren. Seitdem bin ich nicht mehr so leistungsfähig», erzählt Meier dem Blick. «Begonnen hat es mit einer Entzündung im Bein. Durch die Behandlung mit einem Breitbandantibiotikum ging diese wieder weg.»

Zwei Mal blieb das Herz stehen

Erst später fand Meier heraus: Das Bakterium war nie verschwunden, nur vorübergehend inaktiv. «Am Ende war ich so kaputt, dass ich mein Geschäft schon um 16 Uhr schliessen musste.» Hinzu kam, dass ihm die Zähne reihenweise abbrachen.

Im November 2024 dann die Einweisung ins Spital. Ein kleines Bibeli am Gesäss hatte sich binnen zwei Tagen zu einem gefährlichen Abszess vergrössert. Die Ärzte stellten hohe Entzündungswerte fest – eine Verbindung mit dem schlummernden Bakterium jedoch nicht. Ein weiterer Aufenthalt folgte, nachdem Meiers Blutdruck in den einstelligen Bereich gesunken war. Zweimal kämpften die Ärzte um Meiers Leben, nachdem sein Herz stehen geblieben war.

Von da an folgten immer wieder Spitalaufenthalte: Infektion im Sprunggelenk, drei Bypass-Operationen am Herzen, drei Wochen Reha in Davos. Erst dann war klar, welches Bakterium in seinem Körper wütet – nur 20 Personen in der Schweiz sind jährlich betroffen.

Der Keim fing wieder an zu wüten

«Es gab Phasen, in denen es mir besser ging, hin und wieder durfte ich nach Hause. Doch dann kam wieder was.» Die Ärzte entdeckten einen arteriellen Verschluss im rechten Bein. Die rechte Ferse bildete eine Blase, die sich schwarz verfärbte. Zwar heilte die Blase, die Entzündung kam jedoch zurück. Am Ende musste das Fersenbein amputiert werden.

«Dass der Fersenbeinknochen entfernt werden musste, traf mich schon hart. Immerhin war ich auf dem Weg der Besserung.» Aufgrund seiner Ausbildung wusste Meier, dass ein Leben ohne Ferse machbar ist. «Mit einem Spezialschuh hätte ich auch problemlos weiterhin meinem Beruf nachgehen können.» Doch es kam anders.

«Schon kurz nach der Operation wurde mir klar: Wenn die Wunde nicht dementsprechend verheilt, muss ich mit einer Amputation des ganzen Fusses rechnen.» Und so kam es dann auch. Innerhalb von zwei Wochen nach der Fersenoperation fing das Bakterium wieder an zu wüten. Dann die niederschmetternde Diagnose: «Der ganze Fuss ist befallen.»

«Der Schock dauerte circa fünf Minuten»

«Eine weitere Therapie mit Medikamenten wäre zu riskant gewesen», berichtet Meier weiter. «Im schlimmsten Fall wäre es zu einer Blutvergiftung gekommen. Das hätte bis zum Tod führen können.» Am Ende war es seine ältere Schwester, die ihn überzeugt hat, im Spital zu bleiben und sich der Operation zu unterziehen. «An einem Mittwochabend wurde mein rechter Fuss amputiert.»

Für viele wäre das traumatisch, doch Meier bleibt erstaunlich gefasst. «Der Schock dauerte circa fünf Minuten.» Denn: «Durch mein Fachwissen wusste ich: Ich bekomme eine Prothese, muss damit laufen lernen, kann aber irgendwann wieder Auto und Motorrad fahren und wieder arbeiten.» Die Reha verläuft gut. Im Januar will er sich wieder seinem Geschäft widmen.

«Da kamen mir fast die Tränen»

Der einjährige Ausfall sei hart für sein Geschäft gewesen. Seit einem Jahr ist es zu. «Glücklicherweise hatten Lieferanten Verständnis für meinen Ausfall, Zahlungsfristen konnte ich verschieben. Ich war erstaunt, wie gut meine Partner da reagiert haben. ‹Sie zahlen, wenn Sie wieder gesund sind›, haben sie gesagt. Da kamen mir fast die Tränen.»

«Für die Zukunft wünsche ich mir, wieder arbeiten zu können.» Um geschäftlich wieder durchzustarten, hat ein Freund vorgeschlagen, über eine Spendenplattform Geld zu sammeln. «Ich muss zugeben, ich war anfangs skeptisch. Nun ist aber schon etwas zusammengekommen. Das hätte ich nie gedacht. Ich bin für jeden Rappen dankbar.»

Dankbarkeit und Hoffnung

Seine ältere Schwester war in der gesamten Zeit eine tragende Kraft – sie unterstützte ihn nicht nur emotional, sondern übernahm auch viel administrative Arbeit im Geschäft. «Sie war mein zweites Gewissen», sagt Meier dankbar.

Nach Monaten voller Schmerzen und Rückschläge blickt Thomas Meier nun nach vorn. Mit Prothese, Reha und Unterstützung seiner Schwester will er bald wieder arbeiten – und das tun, was er am liebsten macht: Schuhe für andere Menschen herstellen.

Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen