«Ich bin wütend und enttäuscht von der Schulleitung»
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Mutter von Mobbing-Opfer:«Ich bin wütend und enttäuscht von der Schulleitung»

Mobbingschule Kölliken AG: Weitere Eltern packen aus
«Tochter kommt mit blauen Flecken und kaputten Kleidern nach Hause»

Besorgte Eltern in Kölliken AG schlagen Alarm: Ihre Kinder werden in der Schule gemobbt und tätlich angegriffen. Trotz Meldungen an die Schulleitung ändert sich nichts. Die Schule weist die Vorwürfe zurück – steht aber im Austausch mit Gemeinde, Fachstellen und Polizei.
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Mutter Daniela Seiler (37) berichtet, dass ihre 8-jährige Tochter Sina* seit dem Eintritt in die 2. Klasse massiv gemobbt werde.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Eltern berichten von Mobbing und Gewalt an Schule in Kölliken AG
  • Kinder erleiden Verletzungen und psychische Belastungen durch Übergriffe
  • Schule sitzt nun mit Gemeinde, Fachstellen und Polizei zusammen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Karin FrautschiReporterin Blick

Während der Unterricht an der Schule Kölliken im Kanton Aargau normal weiterläuft, brodelt es im Hintergrund. In den vergangenen Tagen wandten sich mehrere besorgte Eltern an die Öffentlichkeit und berichteten von Mobbing und Tätlichkeiten unter den Schülerinnen und Schülern.

Blick hat bereits am Mittwoch mit verzweifelten Eltern von betroffenen Kindern gesprochen. Ihr Vorwurf: Die Schule unternehme zu wenig. 

Am Donnerstag berichteten weitere Eltern über die Erlebnisse ihrer Kinder. Eines von vielen Mobbing-Opfern ist Sina* (8). Ihre Mutter Daniela Seiler (37) sagt gegenüber Blick: «Seitdem sie in der 2. Klasse ist, kommt sie regelmässig mit blauen Flecken, Schürfwunden oder kaputten Kleidern nach Hause.»

Bisse und Drohungen

Angefangen hätten die Vorfälle auf dem Pausenplatz. «Andere Schüler schmissen Sinas Essen auf den Boden, boxten gegen ihren Rucksack oder schubsten sie herum», so die Mutter. Sina habe diese Vorfälle zwar bei der jeweiligen Pausenaufsicht auf dem Schulhausplatz gemeldet, geändert habe sich aber nichts. Mittlerweile gehe die Drangsalierung auch auf dem Schulweg weiter.

Mitte November habe ein Mitschüler ihre Tochter Sina gar vom Schultrampolin geschubst. Danach sei das Mädchen mit blutendem Knie und Finger nach Hause gekommen. 

Die Vorfälle hinterlassen Spuren bei der Familie. «Wir können nicht mehr richtig schlafen. Meine Tochter wacht schreiend auf und hat Panik.»

Eine andere Mutter, die anonym bleiben möchte, berichtet Blick: «Mein Sohn wurde in der Garderobe nach dem Turnen von einem Mitschüler in den Rücken gebissen.» Und: Der 11-Jährige werde seit Jahren von Mitschülern beleidigt, geschlagen und provoziert – und habe auch schon Morddrohungen erhalten. Inzwischen wehre er sich – erfolglos. Meldungen an die Schule seien nicht auf grosses Verständnis gestossen.

So sah die Bisswunde auf dem Rücken aus.
Foto: zVg

Spitalbesuche und Anzeige

Die Kinder von Nadine Rauber und Cedric Hiltebrand landeten sogar im Spital. Berichte zeigen, dass ihr jüngerer Sohn nach einem Faustschlag ein leichtes Schädeltrauma erlitt. Der ältere Sohn hingegen leide unter Rückenproblemen, weil er von Mitschülern gepackt und über die Schulter geworfen worden sei.

Auch Noah* (10) wird immer wieder gemobbt, wie seine Mutter Astrid Meister (36) Blick berichtete.

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Eltern schliessen sich zusammen

Die betroffenen Eltern haben eine Whatsapp-Gruppe gegründet, um sich untereinander über die Vorgänge an der Schule auszutauschen. Die Erzählungen und dazugehörige Aufnahmen schockieren. So ist etwa ein Junge mit einer verkratzten Wange zu sehen. Oder ein Mädchen mit einer aufgerissenen Lippe. 

Besonders perfide: Die Mobber erstellten in der Vergangenheit Sticker mit den Fotos von Mitschülern und -schülerinnen und schrieben Sprüche dazu. Neben dem Gesicht einer Schülerin steht: «Komm, ich gebe dir Küssli und Löchli» oder «Ja, komm, spritz mich an Papi!», begleitet von einem Auberginen-Emoji.

Foto: Zvg

Schule und Gemeinde nehmen Stellung

Schulleiter Philippe Fehr dementiert hingegen viele Vorwürfe. Und erklärt auch, dass viele Fälle der Schule gar nicht gemeldet würden. Auch versucht er, die verschiedenen Situationen aus Sicht der Schule zu erläutern. So sagt er etwa über die Vorfälle auf dem Pausenplatz: Sieben Lehrpersonen seien als Aufsichtspersonen auf dem weitläufigen Areal für rund 600 Kinder verantwortlich. Kommt es zu Vorfällen, «versuchen die Aufsichtspersonen diese direkt vor Ort mit den beteiligten Schülern zu klären», so Fehr.

Gemäss dem Schulleiter werden die Fälle in einem internen Tool festgehalten. Nur: Das sei nicht in jedem Fall möglich. Die Aufsichtspersonen kennen nicht alle Schüler oder deren Klassenlehrperson. Und: Da viele Vorfälle aus Sicht der Lehrerschaft gleich vor Ort geklärt würden, werde nicht mehr jedem einzelnen Fall nachgegangen.

Laut Fehr haben die aktuellen Entwicklungen «Unruhe» in die Schule gebracht. Diese stehe nun in engem Austausch mit der Gemeinde Kölliken. Gemeindepräsident Mario Schegner bestätigt auf Blick-Anfrage: «Die Gemeinde und die Schulleitung stehen im engen Austausch mit den Fachstellen und der Polizei zum weiteren Vorgehen.» 

Präventivmassnahmen seien fester Bestandteil des schulischen Jahresprogramms. Auch Weiterbildungen beim schulischen Personal seien regelmässig vorgesehen. Doch der Gemeindepräsident nimmt auch die Eltern der Schulkinder in die Pflicht: «Im Bereich der öffentlichen Information hat das Elternforum ein Inforeferat angeboten, das nicht sehr zahlreich besucht wurde.» Das Thema: Mobbing.

* Namen geändert 

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