Ilias auf Heimweg von Mitschüler bewusstlos geschlagen
Jetzt spricht die Mutter des verprügelten Viertklässlers

Ein Fünftklässler geht im Postauto auf einen jüngeren Schüler los und schlägt ihn bewusstlos. Andere Kinder schreien um Hilfe – doch die Fahrt geht einfach weiter. Jetzt spricht die Mutter des Opfers und fordert Konsequenzen.
Publiziert: 12:31 Uhr
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Aktualisiert: 14:13 Uhr
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Auf der Strecke zwischen Hägglingen und Dottikon ist es zur brutalen Attacke gekommen.
Foto: Karin Frautschi

Darum gehts

  • Viertklässler im Bus brutal attackiert und bewusstlos geschlagen
  • Mutter erstattet Anzeige gegen Fünftklässler
  • Petition für sichere Schulwege gestartet
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Karin FrautschiReporterin Blick

Es ist Montagmittag, wie immer fährt Ilias M.* am Mittag mit dem Bus nach Hause. Doch diese Fahrt endet für den Viertklässler traumatisch. Ältere Mitschüler beleidigen den Buben, plötzlich wird er von einem Fünftklässler tätlich angegriffen. Immer wieder tritt und schlägt der Bub auf den Kopf seines Opfers ein, traktiert mit seinem Ellbogen dessen Rücken – so lange, bis Ilias schliesslich bewusstlos zusammensackt und nur noch leicht zuckt. Zuerst hatte die «Aargauer Zeitung» über den Vorfall berichtet.

Die Szenen, die Mitschüler mit ihren Handys aufgenommen haben, sind so brutal, dass Blick darauf verzichtet, sie zu zeigen. Während Ilias im Viererabteil auf dem Boden liegt, hält der Bus an der Haltestelle «Dottikon, Sternenplatz». Dort müsste der Viertklässler eigentlich aussteigen. Trotz Hilferufen anderer Kinder, dass ein Kind am Boden liege, geht die Fahrt weiter.

Vater und Mädchen tragen Ilias aus Bus

Ein Mädchen, das an der Haltestelle aussteigen muss, rennt sofort zur Wohnung der Familie und informiert die Mutter. «Ich rannte sofort los zur Haltestelle, erwischte den Bus aber nicht mehr rechtzeitig», sagt Amal M.*, die Mutter des Opfers, zu Blick. Sie holt ihr Auto und versucht, dem Fahrzeug zu folgen: «In diesem Moment habe ich nur noch funktioniert.»

Zwei Haltestellen weiter wird der bewusstlose Bub von einem Vater und seiner Tochter aus dem Bus getragen. Der Mann setzt ihn in sein Auto und ruft auf der Fahrt die verzweifelte Mutter an.

Als sie ihren Sohn sieht, ist er wieder ansprechbar. «Aber er war bleich wie eine weisse Wand, musste sich mehrmals übergeben», erzählt sie weiter. Amal M. fährt mit ihm ins Kantonsspital Aarau, wo die Ärzte Kopf und Organe untersuchen. Äusserlich sind keine grösseren Verletzungen sichtbar, nur Kratzer. Auch seine Brille ist bei der brutalen Attacke heil geblieben. «Ich ziehe meine Kinder immer sehr warm an. Möglicherweise hat das geholfen, Schlimmeres zu verhindern», vermutet die Mutter.

Wegen des Verdachts auf eine Hirnerschütterung muss Ilias die Nacht im Spital verbringen.

Entschuldigung – und Anzeige

Am Tag nach dem Spitalaustritt bekommen Mutter und Sohn Besuch – der Fünftklässler steht mit seiner Mutter und dem Stiefvater vor ihrer Tür: «Er hat sich bei meinem Sohn entschuldigt und ihn umarmt.» Ausserdem liefert er eine Erklärung, warum er derart ausgerastet ist. Ein anderer Schüler habe ihm gesagt, der Viertklässler habe schlecht über seine Mutter gesprochen. Ilias streitet das ab.

Mutter und Sohn nehmen die Entschuldigung zunächst an – zu diesem Zeitpunkt kennt sie aber das Video der Prügelattacke noch nicht. Als sie die Aufnahmen einen Tag später sieht, stockt ihr der Atem. «Für das, was ich dort gesehen habe, reicht eine Entschuldigung nicht. Wir gingen zur Polizei und erstatteten Anzeige gegen den Fünftklässler. Solche Aktionen müssen gestoppt werden», sagt Amal M. entschieden.

Mutter steht unter Schock

Drei Tage nach dem traumatischen Vorfall geht es der Mutter nicht gut: «Ich kann kaum mehr schlafen. Immer, wenn ich kurz einschlafe, spielt sich das Video wieder in meinem Kopf ab. Ich wache auf und kontrolliere sofort, ob es meinem Sohn gut geht.»

Am Donnerstag ist Ilias das erste Mal wieder zur Schule gegangen. Mit dem Bus hat sein Mami ihn aber nicht fahren lassen. «Ich fuhr ihn mit dem Auto zur Schule und wartete, bis er im Schulhaus war», sagt sie. Auch abholen will sie ihn persönlich.

Eltern starten Petition für sichere Schulwege

Die Familie erhält nach dem Vorfall viel Unterstützung aus dem Dorf. Gemeinsam mit anderen Eltern haben sie eine Petition gestartet, die mehr Sicherheit auf dem Schulweg fordert.

Ziel sei, dass Kinder ohne Angst den Bus zur Schule nehmen können. Ihr Wunsch: Sicherheitsmitarbeiter, die wie Billettkontrolleure Stichproben in den Bussen durchführen. Als Alternative schlägt Amal M. vor, dass die Eltern sich «aufteilen und dafür schauen könnten, dass bei den Busfahrten immer ein Elternteil eines Kindes dabei ist und aufpasst, dass nichts passiert». Denn: «Alle Kinder haben das Recht auf einen sicheren Schulweg», sagt sie.

Die Situation werde von der Schule sehr ernst genommen, wie Sonja Bachmann, die Schulleiterin der betroffenen Primarschule, zur «Aargauer Zeitung» sagt. Dass die Eltern nun mehr Aufsicht in den Bussen forderten, sei nachvollziehbar. «Langfristig müssten die Kinder aber lernen, Konflikte konstruktiv zu lösen», so Bachmann.

* Namen geändert

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