Nach acht Jahren stetigen Aufwärtstrends nahm die Jugendkriminalität im Kanton Zürich im Jahr 2024 erstmals wieder ab. 6290 Jugendliche kamen mit dem Gesetz in Konflikt, das sind 5,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Dabei wurden 954 Jugendliche wegen Gewalttaten verzeigt - dies ist ein Rückgang um 4,2 Prozent.
Die meisten Jugendlichen landen wegen Strassenverkehrsdelikten bei einer der fünf Jugendanwaltschaften. Darunter fallen etwa getunte E-Roller. In der Rangliste folgen danach ebenfalls vergleichsweise harmlose Delikte wie Schwarzfahren oder Verschmutzungen.
Eine Entwarnung ist das für den leitenden Oberjugendanwalt Roland Zurkirchen aber nicht. «Ob das eine Trendwende ist, können wir nicht voraussehen», sagte er am Donnerstag vor den Medien. Jugendkriminalität sei immer eine Wellenbewegung.
Besorgt sind die Jugendanwaltschaften jedoch wegen des zunehmend jungen Alters. Im vergangenen Jahr waren bereits 28,8 Prozent der Jugendlichen bei Eröffnung der Strafuntersuchung jünger als 14 Jahre. Im Vorjahr waren es erst 25,5 Prozent.
Über die Gründe kann Zurkirchen nur mutmassen. Das müsse wissenschaftlich ergründet werden, sagte er. Generell würden Jugendliche aber früher selbständig und seien mit einer komplexeren Welt konfrontiert. Stichworte sind Social Media und psychische Probleme. Auch die geopolitische Lage könnte eine Rolle spielen.
Das Tötungsdelikt von Berikon im Aargau, wo ein 14-jähriges Mädchen eine 15-Jährige getötet haben soll, macht auch Zurkirchen betroffen. «Es ist ein äusserst seltener Fall.» Den Ruf nach härteren Strafen kann er jedoch nicht nachvollziehen.
Er finde es immer wieder ausserordentlich, wie aufgund eines tragischen Vorfalls sofort Politik gemacht werde. Das heutige Jugendstrafrecht sei ausreichend, sagte Zurkirchen weiter. «Wir haben alle Instrumente in der Hand.» Bei Jugendlichen müsse nicht die Strafe im Zentrum stehen, sondern die Erziehung. «Mit Wegsperren erreicht man nichts, sondern nur mit pädagogischen Massnahmen.»
Jugendliche unter 15 Jahren - und somit auch die Täterin von Berikon - können zu einem Verweis, also quasi zu einer «Gelben Karte», und zu einer persönlichen Leistung von 10 Tagen verurteilt werden. Diese Arbeitseinsätze werden meist in Institutionen absolviert. Im Strafverfahren ist aber auch Untersuchungshaft möglich.
Sind die Straftäter und Straftäterinnen über 15 Jahre alt, gibt es neben einem Verweis einen Arbeitseinsatz bis drei Monate, dazu Bussen und Freiheitsentzug bis zu einem Jahr.
Sind die Täterinnen und Täter über 16 drohen neben einem Verweis eine persönliche Leistung bis drei Monate, Bussen und ein Freiheitsentzug bis zu vier Jahren.