Darum gehts
- Hauseigentümer geraten oft in rechtliche Schwierigkeiten bei Bauzonen und Bewilligungen
- Änderungen ausserhalb der Bauzone unterliegen strengeren Regeln und Kontrollen
- Nach etwa 30 Jahren werden Rückbauten von illegalen Bauten selten durchgeführt
45 Jahre arbeitete Peter Jenny (78) an seinem selbst ausgebauten Haus oberhalb von Sarnen OW. Er renovierte und erweiterte sein Zuhause stetig – mit Zustimmung der Gemeinde, wie er glaubte. Doch nach Jahrzehnten plötzlich der Schock: Das Gebäude steht ausserhalb der Bauzone, die Erweiterungen waren nie bewilligt. Der Fall endete vor Bundesgericht, das den Rückbau verfügte. Für Jenny bedeutet der Entscheid den Verlust seines Lebenswerks.
Der Fall von Peter Jenny ist kein Einzelfall. Immer wieder geraten Hauseigentümer in rechtliche Schwierigkeiten in puncto Bauzonen, Bewilligungen oder Nutzungsregeln.
In der Schweiz regelt das Raumplanungsgesetz (RPG), wo gebaut werden darf und wo nicht. «Hierzulande brauchen sehr viele bauliche Änderungen eine Bewilligung. Nur kleine bauliche Anpassungen darf man auf eigene Faust errichten», erklärt Peter Hettich, Professor für öffentliches Recht an der Universität St. Gallen im Gespräch mit Blick.
Worauf muss ich achten, wenn ich ausbauen möchte?
«Wer einen Wintergarten auf seiner Terrasse bauen, eine Grenzmauer deutlich erhöhen oder Blumenbeete in einen Parkplatz verwandeln möchte, sollte sich in der Regel als Erstes bei der Gemeinde über die geltenden Regeln erkundigen. Ist das geplante Vorhaben bewilligungspflichtig, müssen Eigentümer ein Gesuch einreichen», erklärt Professor Hettich das Vorgehen.
Wichtig zu wissen: Änderungen können auch noch im Nachhinein bewilligt werden. Will man aber grossen Ärger und Geldbussen vermeiden, lohne sich definitiv eine frühe Abklärung.
Wieso kann mein Gesuch abgelehnt werden?
Gründe für die Ablehnung eines Gesuchs können sein: «Wenn ich den nötigen Abstand zum Nachbarn nicht einhalte, ein Geschoss zu hoch ist oder ich einen ungeheizten Kellerraum zu einem Büro ausbaue», so Hettich.
Wird die Gemeinde auf Verstösse aufmerksam, wird sie einen Baustopp aussprechen: «Wer rechtswidrig weiter baut, riskiert im schlimmsten Fall den Abriss.»
Welche Frage muss ich unbedingt klären?
Interessenten sollten vor einem Umbau genau abklären, ob das betreffende Objekt innerhalb oder ausserhalb der Bauzone steht. Denn: «Steht es ausserhalb der Bauzone, herrschen strengere Regeln», erklärt Hettich. Da lassen die Behörden oder Gerichte bei der Prüfung des Rückbaus wenig Gnade walten.
Dies zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2021: Familie Kronig funktionierte eine alte Stall-Ruine in ein schönes Berghaus um. Das Problem: Es stand ausserhalb der Bauzone. Und der Umbau erfolgte ohne Genehmigung der Behörden. Deshalb hat die zuständige Gemeinde den Abriss befohlen.
Gibt es Fallen, die mir Probleme bereiten können?
Es ist ein Fall, der Anfang Jahr für Schlagzeilen sorgte: Der Kanton Tessin zwingt den Zürcher Urs Trachsel, ein altes Bauernhaus sowie zwei kleine angrenzende Gebäude im Val Colla, in der Nähe von Lugano TI, abzureissen. Sein Traumhaus hat er sich aber schon vor 20 Jahren gekauft. Er liess es für viel Geld renovieren. Die Behörden genehmigten den Umbau – dann war plötzlich alles anders. Die Begründung für den Rückbau des Gebäudes: Es liegt ausserhalb der Bauzone, wie die Behörden in Lugano 2025 feststellen. Der Kanton erklärte sämtliche frühere Dokumente für ungültig, obwohl Trachsel alle notariellen Urkunden vorweisen konnte.
«Es gibt Einzelfälle, in denen Gemeinden Bewilligungen erteilt haben, obwohl sie gar nicht zuständig waren», so Hettich. Für die Eigentümer/Käufer sei dies besonders ärgerlich, da sie theoretisch nichts falsch gemacht hätten. «Solche Fälle bleiben jedoch selten. Wenn es zu einer solchen Situation kommt, dann weil die Fälle schwerwiegend sind.» Betroffenen bleibe in einer solchen Situation oft nur der gerichtliche Weg.
Vermeiden lassen sich solche Fälle vermutlich nie. Hettich betont: «Sicher sein kann man sich meist erst nach rund 30 Jahren.» Nach dieser Zeitdauer werden Rückbauten von illegalen Bauten nur selten durchgeführt.
Wie viel Wert haben mündliche Zusagen?
Keinen. Immer wieder hört man Situationen, in denen Eigentümer von Gemeinden mündliche Zusagen erhalten haben. So auch im Fall von Peter Jenny.
Das Problem: Mündliche Zusagen sind sehr heikel. «Belastbare Zusagen müssen schriftlich erfolgen und von der Behörde kommen – also nicht vom Gemeindepräsidenten in der Dorfbeiz, sondern durch schriftlichen Beschluss des Gemeinde- oder Stadtrates», erklärt Professor Hettich. «Versprechungen des Verkäufers müssen in den Kaufvertrag; da sind sie dann auch notariell beglaubigt.» Ansonsten habe man später keine rechtliche Handhabe mehr.
Dies musste auch Familie Dermont aus Hornussen AG erleben. Rebekka (41) und Stefan Dermont (55) steckten viel Zeit und Geld in ihr Häuschen in der Aargauer Gemeinde. 2011 entdeckten sie das Wochenendhaus – ausgeschrieben für 160'000 Franken. Da mussten sie einfach zuschlagen! Ihr Ziel war, das bescheiden ausgestattete Holzhaus auszubauen, um dauerhaft dort wohnen zu können. Dann wollten sie eine Familie gründen. Was den beiden nicht bewusst war: Das Haus lag ausserhalb der Bauzone. Nach zehn Jahren dann die Hiobsbotschaft: Das umgenutzte Haus ist illegal. Die Familie musste ihren Hauptwohnsitz wieder abreissen.
Wo finde ich Hilfe?
Erwirbt man ein Objekt, kann es laut Hettich auch sinnvoll sein, eine Beratung einzuholen und mit dieser alle Unterlagen durchzugehen. Eine erste Anlaufstelle kann das Notariat sein.