«Zuerst ist Rösti erschrocken, aber dann redeten wir»
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Er besuchte Bundesrat zu Hause:«Zuerst ist Rösti erschrocken, aber dann redeten wir»

Peter Jennys Lebenswerk liegt in Trümmern
Selbst ein Besuch bei Bundesrat Rösti zu Hause nützte nichts mehr

Nach einem langen Rechtsstreit greift die Gemeinde Sarnen OW jetzt durch: Die illegal erstellten Bauten von Peter Jenny (78) werden abgerissen. Sein aufwendig umgebauter Garten liegt in Trümmern. Sogar Bundesrat Albert Rösti besuchte der verzweifelte Mann – vergeblich.
Publiziert: 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 09:29 Uhr
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Peter Jenny fordert einen Baustopp, bis alles geklärt ist – bisher vergeblich.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

  • Peter Jennys Lebenswerk wird zerstört. Er kämpft weiter gegen den Rückbau
  • Jenny reichte Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein und traf Bundesräte
  • Rückbaukosten von rund 300'000 Franken muss Jenny selbst tragen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Florin SchranzRedaktor News

Für Peter Jenny (78) ist das eingetreten, was er seit Jahren befürchtet hat: Es ist vorbei. Ein Bagger und ein Lastwagen zerstören sein Lebenswerk – seine mit Sorgfalt geplanten, handgefertigten Bauten rund um sein Haus oberhalb von Sarnen OW. Meterhohe Windschutzwälle aus Holzpfählen wurden niedergerissen. Der kleine Naturpool, gespeist vom Wasser, das vom Hang hinabfliesst, ist verschwunden. Die grossen Bäume, die das Haus einst umgaben, sind gefällt. Der von Hand aus Naturstein gebaute, rollstuhlgängige Weg für seine Frau endet heute in einer schlammigen Baugrube.

Alles wurde umgegraben und wird nun abgetragen. Neben dem Haupthaus stehen einzig noch ein kleines Holzhüttchen und die Weinreben – vorerst. Doch es soll alles ausser das alte Bauernhaus auf Originalzustand rückgebaut werden, also werden wohl auch Hütte und Reben verschwinden.

Beschwerden ohne Erfolg

Nach 45 Jahren Arbeit und 20 Jahren Streit muss Jenny zuschauen, wie Bagger und Lastwagen die Anbauten bei seinem Haus zerstören. «Ich fühle mich, als würde ich meinen Verstand verlieren», sagt der pensionierte Versicherungsberater. «Manchmal wünschte ich mir, ich würde nicht mehr leben, um das nicht mitansehen zu müssen.»

Jenny hat nun erneut beim Obwaldner Verwaltungsgericht Beschwerde eingereicht und gehofft, dass dadurch der Rückbau ausgesetzt wird. Doch der Baggerführer gräbt mit seinem Bagger unbeirrt weiter.

«Will einfach erreichen, dass nicht mehr gebaggert wird»
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Jenny reicht Beschwerde ein:«Will einfach erreichen, dass nicht mehr gebaggert wird»

«Kein Endzustand»

Ein Mitarbeiter der Gemeinde Sarnen, der anonym bleiben möchte, betont im Gespräch mit Blick, die aktuelle Situation sei kein Endzustand. «Die Fotos sehen jetzt schlimm aus, aber das ist nicht das Ende. Es soll die originale Wiese wiederhergestellt werden», sagt er. Man verfüge über einen rechtskräftigen Entscheid. «Wir haben ein Urteil des Bundesgerichts, der höchsten Instanz in der Schweiz», betont der Gemeindemitarbeiter. Damit sei der Fall juristisch abgeschlossen.

Wichtig sei der Gemeinde auch, ein Missverständnis auszuräumen: Beim betroffenen Gebäude handle es sich nicht um den Hauptwohnsitz von Peter Jenny, sondern lediglich um einen Zweitwohnsitz.

Jenny beruft sich auf mündliche Zusagen

Jenny selbst zeigt sich weiterhin überzeugt, im Recht zu sein. Er kann den Entscheid emotional kaum akzeptieren. In seiner Wohnung in Rothenburg LU legt er Akten, Pläne und Notizen auf den Tisch, sorgfältig sortiert, mit handschriftlichen Vermerken versehen.

«Der frühere Gemeindepräsident war bei mir auf dem Grundstück und hat mir 2005 mündlich erlaubt, weiterzubauen», sagt er. Viele seiner Arbeiten seien aufgrund solcher mündlichen Zusagen erfolgt. Schriftlich belegen kann Jenny allerdings nur eine Bewilligung für den Bau einer Drainage.

Kosten von 300'000 Franken

«Die Gemeinde war nie zusammen mit mir auf meinem Grundstück», kritisiert Jenny. «Das rechtliche Gehör habe ich nie erhalten», betont er erneut.

Auf Nachfrage sagt die Gemeinde: «Natürlich hatte er das, wir standen in Kontakt mit seinem Anwalt. Was Jenny meint, ist, dass er nie persönlich an einem Gespräch beteiligt war.» Die Gemeinde bestätigt zudem, dass die Kosten für den Rückbau – laut Jenny rund 300'000 Franken – von ihm selbst getragen werden müssen.

Besuch bei Bundesrat Rösti

Jenny, der die Dinge gerne selbst in die Hand nimmt, ergriff am vergangenen Sonntag eine überraschende Massnahme. Er suchte Gehör auf höchster politischer Ebene. Er reiste nach Uetendorf BE und konnte dort spontan mit Bundesrat Albert Rösti (58) sprechen. Dieser hat ihn offenbar angehört – jedoch an seinen Assistenten verwiesen. Die Kommunikationschefin von Rösti bestätigt gegenüber Blick, dass das Treffen stattgefunden habe.

Jenny kämpft weiter – mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Doch der Rückbau auf seinem Grundstück wird bald vollendet sein. Jenny sagt: «Hier wird wertvolle Biodiversität zerstört, und ein Kulturgut geht verloren.» Er werde durch das Vorgehen auch finanziell ruiniert.

«Ich werde persönlich ins Visier genommen», sagt er. Zu den 300'000 Franken, die Jenny zahlen muss, komme noch die Abwertung des Hauses dazu, erklärt er. Insgesamt erleide er einen Millionenverlust. «Am liebsten würde ich Richtung Himmel gehen, mich hier verabschieden», sagt er leise am Telefon.

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