«Es ist ein Ökosystem, das nicht schöner sein könnte»
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Peter Jenny über Lebenswerk:«Es ist ein Ökosystem, das nicht schöner sein könnte»

Bagger sollen seinen Wohntraum platt machen – Peter Jenny verzweifelt
«Sie wollen mein Lebenswerk zerstören!»

Peter Jenny (78) kämpft seit Jahrzehnten um sein Traumhaus in Sarnen OW. Trotz Baustopps baute er jahrelang weiter, um sein Haus vor Hangrutschen zu schützen, wie er sagt. Die Gemeinde sieht das anders: Am 15. Oktober rücken die Bagger an, um Anbauten abzureissen.
Publiziert: 10:22 Uhr
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Aktualisiert: vor 46 Minuten
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Peter Jenny auf dem Dach seines Chalets, auf über 1000 Meter über Meer.
Foto: Raphaël Dupain

Darum gehts

  • Peter Jenny baut in Sarnen trotz Baustopps, Gemeinde plant Abriss
  • Jenny kämpft seit Jahrzehnten für sein Traumhaus ausserhalb der Bauzone
  • Vier Bundesgerichtsurteile gegen Jenny, Abriss für 15. Oktober geplant
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Vor bald 45 Jahren hat Peter Jenny (78) aus Rothenburg LU ein marodes Bauernhaus hoch über Sarnen OW gekauft. Tonnenweise schleppt er Steine und Holz den Hang hinauf, trägt ebenso viel Erde in Eigenregie ab und verwirklicht sich nach und nach sein ganz persönliches Traumhäuschen. Das Problem: Die Parzelle liegt ausserhalb der Bauzone. Hier dürfen Arbeiten nur unter strengsten Auflagen durchgeführt werden. Die An- und Umbauten werden von ihm aber zum Teil ohne Bewilligung erstellt, weshalb er mit der Gemeinde seit Jahrzehnten im Clinch liegt.

Diese hat jetzt aber endgültig genug und lässt die Bagger am 15. Oktober auffahren. Teile der illegalen Umgebungsarbeiten sollen auf Jennys Kosten dem Boden gleichgemacht werden – gestützt durch mehrere Bundesgerichtsurteile. Jenny klagt: «Sie zerstören mein Lebenswerk! Ich wollte doch nur mein Eigentum vor Naturgewalten schützen.»

Rückblick: Im Winter 1980 stolpert Jenny zufällig über eine Verkaufsanzeige für ein altes Bauernhaus, mit rund 3,5 Hektar Land. Er ist begeistert und schlägt zu – eine Entscheidung, die sein Leben in den kommenden Jahrzehnten nicht nur verändern, sondern bestimmen sollte.

Die Lage und Aussicht sind spektakulär, das Haus selbst ist eine Ruine – ohne Trinkwasser, Strom und Zufahrtsrecht. Jenny steigt in die Hosen und beginnt zwei Jahre später mit den ersten Arbeiten – das meiste macht er selbst. Die drängendsten Probleme hat er bald gelöst.

Traumlage mit Tücken

Doch die Hanglage des Traumhäuschens hat seine Tücken. Zwischen 1982 und 1995 kommt es immer wieder zu Überschwemmungen und Erdrutschen. «Die lokale Baupolizei forderte mich damals auf, die Probleme in den Griff zu bekommen, und so baute ich Schutzwälle, Drainagen und terrassierte einen Teil der Parzelle.» Er habe zwar keine Baubewilligung eingeholt, gibt er zu. «Es ging mir einfach darum, mein Eigentum zu schützen. Das darf man auch ohne Bewilligung!», sagt Jenny.

Ein persönlicher Schicksalsschlag wirft ihn ab 1995 zurück: «Ab da stand das Haus meist leer.» Was vorgefallen ist, möchte er nicht im Detail besprechen. Dennoch baut Jenny einige Zeit später weiter. Im Lauf der Jahre kommen weitere Umgebungsarbeiten dazu – jeweils ohne Baubewilligung. Laut Jenny immer mit dem Ziel, sich vor Naturgefahren zu schützen. 2004 wird dennoch ein erster Baustopp verfügt.

Weil Jenny trotz Bauverbot weitermacht, werden bei ihm 2011 Werkzeuge beschlagnahmt. Unter anderem Betonmischer, Kompressor und Abbauhammer. Jenny wehrt sich bis vor Bundesgericht dagegen. Ohne Erfolg.

Bagger fahren auf

Jenny ist ein Getriebener. Er sprüht vor Energie, lässt sich – einmal im Redefluss – kaum bremsen. Mit dem gleichen Enthusiasmus baute er jahrelang und kämpft auch vor Gericht für seine Sicht der Gerechtigkeit. Mindestens vier Mal geht er bis vor Bundesgericht. Jedes Mal unterliegt er.

Das neuste Urteil könnte aber zum Sargnagel für Jennys kleinen Wohntraum werden. Zwar seien noch drei Beschwerden hängig – ihm sei das rechtliche Gehör verweigert worden, argumentiert er. Doch: Laut Bundesgerichtsentscheid dürfe ein Teil des Zwangsrückbaus ohne Aufschub durchgeführt werden. Man scheint gewillt, diesen auch durchzusetzen, wie Blick im Gespräch mit der Gemeindekanzlei erfährt: «Herr Jenny hat trotz eines klaren Baustopps 2004 immer weitergebaut. Dafür gab es nie eine Baubewilligung, und damit ist alles, was nachher kam, ganz klar nicht rechtmässig. Am 15. Oktober wird definitiv ein Teil der Umgebungsarbeiten zurückgebaut.»

Die neueren Anbauten (rechts) dürfen wohl noch nicht abgerissen werden. Eine Beschwerde ist hängig.
Foto: Raphaël Dupain

«Schön gebaut, aber illegal»

Die Gemeinde windet Jenny aber auch ein Kränzchen: «Die Umbauten, die er durchgeführt hat, sind durchaus gefällig. Sie sind nur klar illegal, wie jedes Urteil, auf allen Stufen bisher, bestätigte.»

Trotz der leisen Komplimente ist Jenny nicht gut auf die Gemeinde zu sprechen. «Eigentlich müssten sie mir die Ehrenbürgerschaft anbieten. Ich habe das Gebiet dort oben im Alleingang entwickelt und auch für die ganze Nachbarschaft und die Gemeinde einen Mehrwert geschaffen», sagt Jenny. Die Gemeinde erteilte ihm und seiner Ehefrau 2005 ein Hausverbot. «Dabei hatte die Gemeinde noch nie mit meiner Frau zu tun!»

Die Gemeinde beharrt aber darauf: Die Bagger werden am Mittwoch auffahren – unter Polizeischutz. Eine «vorsorgliche Massnahme», wie die Gemeinde betont: Die Begleitung durch Polizei und Sicherheitsdienst soll einen reibungslosen Rückbau gewährleisten und sei üblich.

Jenny zeigt sich dennoch weiter kämpferisch und glaubt noch daran, seinen Wohntraum retten zu können. Ob ihm dies gelingt, wird sich am Mittwoch zeigen.

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